Bottrop. . Günter Kirchmann kann seine Vorfahren in Bottrop bis ins Jahr 1320 zurück verfolgen. In einer Stadt, die durch die Zuwanderung durch den Bergbau geprägt ist, ist das etwas Besonderes. Denn eigentlich begann Bottrops Aufstieg erst 1856 mit der Abteufung der ersten Zeche.
In einer Zuwandererstadt wie Bottrop ist es relativ einfach, ein „alter Bottroper“ zu werden. Um diese „Ehrenbezeichnung“ zu erwerben, reicht es meist, wenn wenige Generationen in der Stadt gelebt haben. Schließlich ist Bottrop eine junge Stadt. Ihre Blütezeit begann im 19. Jahrhundert. Die Zechen wurden abgeteuft, Arbeitskräfte wurden gesucht und Heerscharen zogen von überall an die Emscher. Aus dem kleinen westfälischen Dorf wurde eine Stadt.
Hof Kerkmann
Günter Kirchmann ist tatsächlich en „alter Bottroper“ – das ist nicht respektlos gemeint. Schließlich ist seine Familie älter als die Stadt, viel älter. Bis 1320 kann der 77-Jährige die Ursprünge seiner Familie zurück verfolgen. Bis nach Borthorpe, dem kleinen Dorf, das in vielen hundert Jahren einmal Bottrop werden sollte.
Dort, südlich der Kirche, gab es den Hof Kerkman. Einer der Söhne des Hofes, Albert by der Kerken, übernimmt 1356 einen anderen Hof im Ort. Das ist beurkundet, und Günter Kirchmann hat es in seinen Unterlagen zusammengetragen. Ein befreundeter Heimatforscher, Karl Schophaus, half ihm. Dabei hat Kirchmanns Leidenschaft für Ahnenforschung einem ernsten Hintergrund: „Mein Vater und mein Onkel mussten den Ariernachweis erbringen.“ Die Unterlagen und Erzählungen des Vaters gingen in Kriegs- und Familienwirren verloren, doch vieles hatte Kirchmann im Kopf. Bei der Rekonstruktion half Karl Schophaus, der schon länger zu Bottroper Familien geforscht hat – und dabei immer wieder über „Kirchmänner“ gestolpert war – wobei sie erst erst ab 1712 den Namen trugen. Damals heiratete Henrich Kirchmann eine Anna in der Hege. Henrichs Eltern hießen noch Kerkman.
Kirchenarchive halfen
Mühsam sei die Rekonstruktion gewesen, erinnert sich Kirchmann. Immer wieder sei Schophaus unterwegs gewesen, habe sich in Archive vergraben, „häufig in Münster im Bistumsarchiv“. Dass Kirchenarchive für Ahnenforscher die erste Adresse sind, weiß die Leiterin des Bottroper Stadtarchivs, Heike Biskup: „Erst seit 1874 werden Geburten standesamtlich festgehalten.“ Davor wurden Taufen und Hochzeiten kirchlich erfasst.
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Lückenlos werden Kirchmanns Aufzeichnungen ab 1678. Jede Trauung hat er aufgeführt, den kirchlichen Registern sei Dank. Wobei: Kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde die Bevölkerung im Vest Recklinghausen gezählt. Im „Vestischen Lagerbuch“ – einen Nachdruck gibt es im Stadtarchiv – ist auch die Bevölkerung Bortorpes aufgeführt. Darunter Hinrich Kerkmann, ein „Hövener“.
Die Zeit davor ist bruchstückhaft rekonstruiert. Doch Schophaus ist es gelungen, manches Detail aus der Kirchmannschen Ahnenreihe herauszufinden. Beispielsweise 1576, als anlässlich einer Erbteilung eine Bestandsaufnahme fällig wurde, bevor Wolter an der Kerken den Hof übernahm. Die Urkunde weist unter anderem aus: „Zwei rauhe und ein lahmes Moorpferd, sechs Kühe und zwar drei überjährige gute Rinder und drei einjährige Kälber.“
In seine Unterlagen blättert Kirchmann immer gern, und er gibt zu, bei einer solchen Vorfahrenliste „fühlt man sich der Stadt anders verbunden“.