Bottrop. Die letzte Messe singt die Chorgemeinschaft Herz-Jesu/St. Suitbert am 22. Oktober. Dann gehen Chorleiter und Chor gemeinsam in Rente.
Wenn nicht nur der Chorleiter, sondern mit ihm gleich der gesamte Chor in die Rente verabschiedet, ist das sicher mehr wert als nur eine Notiz. Zumal, wenn es sich dabei um jemanden handelt, der in Sachen Chormusik und vor allem auf dem Fachgebiet Orgel in Bottrop fast so bekannt ist, wie der sprichwörtliche bunte Hund.
Nach über 40 Jahren verabschiedet sich Gerd-Heinz Stevens von „seinem“ Chor der ehemals großen und selbstständigen Herz-Jesu-Pfarrei, aber auch von den Sängerinnen und Sängern der Gemeinde St. Suitbert, die in den vergangenen Jahren mit Herz-Jesu eine Chorgemeinschaft gebildet hatten. Mit deren Auflösung geht für beide Gemeinden eine Ära zu Ende.
Immerhin ist Herz-Jesu nach St. Cyriakus und St. Johannes in der Boy die drittälteste Bottroper Kirche. Mit dem Vorgängerbau der heutigen Franke-Kirche entstand 1902 nicht nur die große Kirche für den durch den Bergbau dicht besiedelten Bottroper Süden, sondern zugleich ein Pfarrleben mit zahlreichen Vereinen, Verbänden und eben auch dem Kirchenchor. Der verstummt nun nach 121 Jahren nach dem letzten Gottesdienst am 22. Oktober für immer.
Mit den Pfarreien wurden 2007 auch die Chöre zusammengelegt
Das gilt auch für den Suitbert-Chor der seit 2007 zur Großgemeinde St. Cyriakus zusammengelegten ehemaligen Pfarreien. Auch der kann auf fast 70 Jahre Geschichte zurückblicken, denn so lange ist es her, seit man in Vonderort Richtfest der damals neuen Kirche feierte.
Mit dem Zusammenschluss suchte man nach dem Weggang der vorherigen Kirchenmusiker von Herz-Jesu, Max Kuon und Christoph Ostendorf, wieder einen Chorleiter. Seither steht Gerd-Heinz Stevens wieder am Pult der Chorgemeinschaft. Bottrop hatte der heute 66-Jährige ohnehin nie ganz verlassen. Stevens hatte in den 80er Jahren unermüdlich auf einen Neubau anstelle der maroden alten Orgel in Herz-Jesu gedrängt.
Mit viel Tatkraft und unendlich vielen großen und kleineren Aktionen, an denen neben anderen aus Gemeinde und Stadt immer auch der Chor maßgeblich beteiligt war, konnte 1986 das neue Instrument eingeweiht werden. Damals, vor der Errichtung der neuen Essener Domorgel, übrigens der größte Orgelneubau des Bistums.
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Gerd-Heinz Stevens erinnert sich noch gut an die Zeit. „Aus der alten Orgel war nichts mehr herauszuholen, eine Sanierung hätte nur viel Geld verschlungen, ohne wirkliche Verbesserung. Wenn die Kirche voll war – und das war sie damals noch mit gut 1000 Gottesdienstbesuchern an Sonntagen, hat der Gemeindegesang die Orgel selbst bei voller Registrierung quasi an die Wand gesungen.“ Die Besucherzahlen hat er übrigens mehrmals im Jahr selbst geprüft: „Während der Predigten konnte ich von oben gut zählen.“
Trotz Auflösung: Chormitglieder und Dirigent halten privat weiter Kontakt
Aus der Konzertwoche, die es zur Einweihung der Rensch-Orgel mit prominenten Solisten gab, ist kurz darauf – von Kulturamt und Stadt gewollt und bis heute gefördert – das jeden Januar stattfindende Festival „Orgel Plus“ hervorgegangen. Dessen künstlerische Leitung liegt bis heute in den Händen von Gerd-Heinz Stevens, so auch jetzt bei der 36. Ausgabe, die vom 6. bis 14. Januar in Bottroper Kirchen und erstmals auch einem Abstecher nach Herz-Jesu in Oberhausen stattfindet.
In den 80er Jahren hatte allein der Herz-Jesu-Chor noch gut 80 Sängerinnen und Sänger. Heute sind es selbst als Chorgemeinschaft nicht einmal mehr die Hälfte. Dennoch werde Gemeinschaft groß geschrieben, sagt Gerd-Heinz Stevens. Und die werde es auch weiter geben – privat, zur Nikolaus- oder Geburtstagsfeiern. Musik schweißt eben doch zusammen.
Offene Probe - Letzte Messe
Zur letzten gemeinsamen Probe der Chorgemeinschaft Herz-Jesu/St. Suitbert am Montag, 16. Oktober, sind auch ehemalige Sängerinnen und Sänger eingeladen. Für alle, die noch einmal Spaß am Singen haben, werden Stücke aus den „Lieblingsmessen“ des Chors geprobt, die alle schon einmal gesungen wurden. Beginn: 18 Uhr im Saal von Herz-Jesu, Brauerstraße.
Die letzte Messe mit dem Chor findet am Sonntag, 22. Oktober um 9.30 Uhr in Herz-Jesu statt. Dann gesellen sich weitere Chöre dazu, die ebenfalls von Gerd-Heinz Stevens geleitet werden.