Bottrop. Fehlende Infrastruktur, hohe Vergnügungssteuer, viel Bürokratie: Der Geschäftsführer der Eloria Erlebnisfabrik über den Standort Bottrop.
Vor knapp zwei Jahren hat sich das ehemalige Grusellabyrinth neu aufgestellt und sich in die Eloria Erlebnisfabrik gewandelt. Wir sprechen mit Geschäftsführer Michael Bierhahn über den Erfolg der Entscheidung, seine Schwierigkeiten mit der Stadt und die Perspektiven für die Zukunft.
Herr Bierhahn, vor zwei Jahren haben Sie beschlossen, das Grusellabyrinth zu schließen und die Eloria Erlebnisfabrik zu eröffnen. War das die richtige Entscheidung?
Michael Bierhahn: Absolut. Ansonsten würde es uns so nicht mehr geben. Es war notwendig und die richtige Entscheidung.
Was war damals der Grund für den Strategie-Wechsel?
Die Marke Grusellabyrinth war durch zwei Ereignisse nachhaltig beschädigt: zum einen durch die Insolvenz 2020 und zum anderen durch den zweiten Corona-Lockdown im Winter 2022. Damals konnten wir viele verkaufte Tickets nicht mehr zurückerstatten und es ist viel Ärger entstanden. Wir hatten während Corona viel Zeit zum Nachdenken und haben Schwachpunkte in dem Konzept herausgearbeitet.
Was waren das für Schwachpunkte?
Das war zum einen die Saisonalität. Horror ist vor allem Halloween und eben nicht das ganze Jahr über. Zum anderen hatte es keine Mehrfach-Spielbarkeit; wenn man einmal die Attraktion gesehen hat, gab es keinen Grund, sich das noch mal anzusehen. Die Zielgruppe war auch zu spitz: Horror schließt ja schon mal viele Familien aus, schließt Firmen teilweise aus, weil es immer jemanden gibt, der das nicht toll findet.
Eloria Erlebnisfabrik: „Unsere DNA sind Escape-Rooms“
Wie ist dann die Idee für Eloria entstanden?
Das war eine Teamleistung von unseren kreativen Leuten. Wir gehören zur Paperdice Group, einer Unternehmensgruppe, die seit 2014 Escape-Rooms betreibt und entwickelt. Wir haben hier Impuls-Workshops, Brainstormings und Konzepte gemacht. Unsere DNA sind Escape-Rooms. Wir haben gesagt: Wir wollen einen Escape-Room, der zu diesem Gebäude passt, etwas Besonderes ist, eine Weiterentwicklung. Bottrop ist ja nicht der Nabel der Welt; man braucht einen Grund hierherzukommen.
Haben Sie das direkt gut übermittelt bekommen? Gefühlt haben zu Beginn nicht alle direkt verstanden, was Eloria ist.
Nicht so schnell, wie wir erwartet haben. Man sieht in den Unternehmenszahlen, dass wir über ein Jahr gebraucht haben, bis wir es durch die korrekte Kommunikation geschafft haben, dass die Leute das Konzept verstanden haben. Wir mussten die richtigen Stellschrauben finden in der Kommunikation, im Marketing, in der Ansprache. Wir dachten, das geht viel, viel schneller.
Wie sieht Ihre Zielgruppe aus? Wie weit reicht Ihr Einzugsgebiet?
Die meisten Privatkunden kommen aus NRW. Wir haben aber Firmen-Kunden aus ganz Deutschland hier.
Bietet denn Bottrop ausreichend Infrastruktur, um solche Kunden aufzufangen?
Ganz klar: nein. Wir wollten kürzlich für unser Sommerfest der Firma 130 Zimmer buchen und die waren zusammenhängend in Bottrop nicht verfügbar, so dass wir die Hälfte in andere Städte auslagern mussten.
„Infrastruktur in Bottrop nicht konkurrenzfähig zu anderen Städten“
Gibt es über dieses Defizit einen Austausch mit der Stadt? Schließlich will Bottrop Fun City sein.
Der Austausch mit der Wirtschaftsförderung ist immer mal da. Aber seit ich diesen Laden führe, also seit dreieinhalb Jahren, hat sich zu wenig verändert. Ich habe da drei Kritikpunkte. Erstens: Die Infrastruktur ist nicht konkurrenzfähig zu anderen Städten. Zweitens: Shuttle-Service und öffentliche Anbindung sind super schwierig. Es gibt ein Busunternehmen in Bottrop, und das reicht nicht aus. Wir holen Busunternehmen aus umliegenden Städten. Es gibt keine E-Mobilität mit E-Scootern. Wir organisieren gerade Shuttles vom Essener Hauptbahnhof hierher. Wir überlegen, uns selbst eine E-Flotte anzuschaffen.
Wie könnte denn da eine Unterstützung seitens der Stadt oder des Verkehrsunternehmens aussehen?
Das Thema ist bei der Stadt platziert. Die haben die Anbindung geprüft, aber gesagt, dass mehr Frequenz nicht machbar ist. Die Bottroper reisen zu uns mit dem Auto an. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit ist das traurig.
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Und ihr dritter Kritikpunkt?
Bottrop hat die höchste Vergnügungssteuer im Verhältnis zu allen Städten im Umkreis. Wenn ich hier eine Veranstaltung mache, dann ist die Gebühren-Abgabe auf den Ticketpreis die höchste im Verhältnis zu Essen, Oberhausen, Gelsenkirchen – 20 Prozent auf den Ticketpreis. Manche Veranstalter sagen dann: Das lohnt sich nicht. Auch das ist bei der Stadt platziert, wurde geprüft, aber die Antwort war, dass sich der Haushalt eine Verringerung dieser Gebühren nicht leisten kann.
Das passt aber nicht zum Image einer Fun City, oder?
Genau. Ein anderes Beispiel: Seit zwei Jahren kämpfe ich darum, dass wir eine touristische Beschilderung bekommen, zum Beispiel an der Hauptstraße. Und obwohl wir touristisch relevant sind – wir hatten über 100.000 Gäste letztes Jahr – haben wir bis jetzt keine Zustimmung. Wir würden es auch bezahlen, aber wir dürfen nicht. Wir sind in acht Städten aktiv, und ich arbeite überall mit der Wirtschaftsförderung und dem Marketing zusammen.
Ein großes Manko der Stadt Bottrop ist, dass sie keine Marketing-Abteilung hat. Die Vermarktung in diesem Bereich funktioniert nicht. Was wäre zum Beispiel mit einem Fun-City-Shuttle, der die Bottroper Freizeitattraktionen verbindet, ein Ticket für alle – das gibt es nicht. Es wäre hilfreich, wenn die Stadt als Moderator zwischen Movie Park, Alpincenter, Schloss Beck und uns fungieren würde. Es gibt keine Vermarktung, die das verbindet.
Eloria fokussiert sich auf Partys für eine spitze Zielgruppe
Das heißt, die Kommunikation mit der Stadt ist schwierig?
Die Kommunikation tatsächlich nicht, aber das Handeln dahinter. Die Stadt zeigt Interesse zu unterstützen. Aber die Freizeitwirtschaft oder Kulturszene oder auch Startup-Szene sind definitiv nicht im Fokus. Es fehlt eine Strategie, wie der Strukturwandel vollzogen werden soll und welche Rolle die Freizeitwirtschaft spielt. Wir planen ja auch auf die nächsten fünf bis zehn Jahre.
Sie hatten letztes Jahr mit einer Pup-Play-Party (eine Fetisch-Party mit verkleideten Gästen, oft im Hunde-Outfit) für Aufsehen gesorgt. Planen Sie auch weitere Fetisch-Partys in Eloria?
Die Geschäftsidee dahinter ist: Wir machen Partys mit einer ganz spitzen Zielgruppe und versuchen, da ganz vorne mit dabei zu sein. Wir haben gelernt, dass es schwierig ist, die klassischen Partys für Bottroper voll zu kriegen. Deswegen fahren wir breite, klassische Partys runter und gehen auf spitze Partys. Dazu gehören dann auch Fetisch- oder Joy-Club-Partys oder auch 20er-Jahre-Partys. Die sind nahezu immer ausverkauft. Wir sind weltoffen und bunt und die Gäste auf diesen spezielleren Partys sind die absolut diszipliniertesten.
Wie geht es hier auf dem Gelände weiter? Es heißt, Sie wollen auf das Prosper-Gelände expandieren?
Zu 100 Prozent, wir würden sofort starten. Wir haben mit unserem Vermieter Oliver Helmke einen sehr starken Partner, der auch sehr viel unterstützt. Wir wollen uns entwickeln, aber es ist schwer. Wir wollten den Malakoff-Turm anmieten, aber die Geschäftsführung der Stiftung hat entschieden, den Turm nicht zu vermieten. Zu den Flächen auf Prosper II sind wir in Gesprächen.