Bottrop. Kann künstliche Intelligenz Krebs erkennen? Die Bottroper „Borad“-Gemeinschaftspraxis ist eine der ersten, die auf die innovative Technik setzt.

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Ob ChatGPT oder das Navigationssystem auf dem Handy, KI ist längst in unseren Leben angekommen. Doch nicht nur im Alltag können die künstlichen Intelligenzen helfen. Denn auch im medizinischen Bereich setzt man immer mehr auf KIs und geht damit einen großen Schritt in die Zukunft. So auch in der radiologischen Praxis der „Borad“-Gemeinschaftspraxis.

Hier an der Horster Straße in Bottrop ist seit einigen Monaten eine künstliche Intelligenz im Einsatz, die einen enormen Fortschritt im Bereich der Krebserkennung verspricht. „Wir freuen uns sehr, dass wir diese einzigartige Innovation anbieten können“, sagt Dr. Falk Miese. Er ist Facharzt für Radiologie und nutzt die KI seit einigen Monaten. „Die KI ist eine Art Computeranalyseprogramm, das die bildgebende Diagnostik unterstützt und verbessert“, erklärt Dr. Miese.

Die künstliche Intelligenz kann neben Brustkrebs auch Lungenkrebs erkennen

So ist die KI in der Lage, Brustkrebs anhand der Röntgenbilder zu erkennen, da sie kleinste Läsionen identifizieren kann, die mit dem menschlichen Auge nicht zu sehen sind. Möglich ist dies, da die künstliche Intelligenz in ihrer Entwicklung mit über einer Million Bildern gefüttert wurde und somit eigene Methoden entwickelt hat, um Brustkrebs zu erkennen. „Durch die Arbeit mit der KI gibt es deutlich weniger falsche Diagnosen und Brustkrebs wird seltener übersehen“, sagt Dr. Miese. „Die KI ist durchweg eine großartige Sache und ein unfassbarer Schritt nach vorn“, betont er.

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Wichtig sei jedoch, dass nach wie vor der Arzt das letzte Wort hat. Denn die KI arbeite nicht anstelle des Arztes, sondern mit ihm, so Dr. Miese. „Der Mensch hat nun mal Grenzen, was er erkennen kann. Die KI hat diese Grenze nicht und findet dadurch Brustkrebs, der es auf meine Netzhaut nicht geschafft hat“, sagt er. Neben der Brustkrebserkennung ist die KI auch bei der Lungenkrebserkennung im Einsatz und analysiert innerhalb von Sekunden die Bilder auf Auffälligkeiten.

KI bietet mehr Sicherheit: „Auch psychisch bei den Patienten einen massiven Einfluss“

Neben der Erkennung von Krebs in Brüsten oder Lungen ist die KI außerdem in der Lage, die Größe und die Wachstumsgeschwindigkeit des Krebs zu berechnen. „Dadurch kann man sehr genaue Aussagen über die anschließende Therapie treffen“, weiß auch Sarah Schumann, Standortleiterin der radiologischen Praxis.

Doch obwohl die KI die Krebserkennung um einiges nach vorne bringt, gab es zu Beginn auch Zweifel an der künstlichen Intelligenz. „Wenn man von einer KI hört, weiß man zunächst nicht, was einen erwartet. Die Angst, als Arzt ein Stück abzugeben ist manchmal auch einschüchternd“, weiß Sarah Schumann. Doch am Ende bleibe die KI lediglich ein Werkzeug, dass erst nach der menschlichen Analyse zum Zuge komme und den Arzt in keinem Fall ersetze.

Die Bottroper Borad-Gemeinschaftspraxis arbeitet mit künstlicher Intelligenz, um Brustkrebs zu erkennen.
Die Bottroper Borad-Gemeinschaftspraxis arbeitet mit künstlicher Intelligenz, um Brustkrebs zu erkennen. © LZ

Die Bottroper Praxis für Radiologie ist eine der allerersten, die die KI nutzen. „Wir sind in dem Bereich ein Vorreiter. Mittlerweile sind hier wirklich alle absolut überzeugt“, so Dr. Miese. Und noch einen großen Vorteil der KI sieht der Arzt. Denn die sehr präzisen Aussagen der künstlichen Intelligenz, die er nur mit seinen Augen so nicht treffen könnte, würden auch psychisch bei den Patienten einen massiven Einfluss haben.

„Die KI kann einer Patientin, die bereits Krebs in einer Brust hatte und weiß, dass ihr Risiko in der anderen Brust auch zu erkranken, hoch ist, sagen, dass sie zu 99,9 Prozent nicht an Brustkrebs erkranken wird“. Dies würde den Patienten einen enormen psychischen Frieden und mehr Sicherheit bieten, den er ohne KI in dem Maße nicht leisten könne.

Aktuell wird die Behandlung noch nicht von den Kassen übernommen

So sei die Diagnostik mit der künstlichen Intelligenz erheblich besser und würde zeigen, dass „Innovation uns besser macht“, so Dr. Miese. Wichtig sei ihm jedoch, dass die künstliche Intelligenz extern der Praxis weiter entwickelt wird. „Die KI lernt nicht anhand unserer Röntgenbilder, sondern aus anderen Daten“, betont er.

„Leider wird die Nutzung der KI noch nicht von den Kassen übernommen“, sagt Sarah Schumann. Doch viele der Patienten würden die Behandlung mit der KI als Investition in ihre Gesundheit sehen und privat dafür aufkommen. „Wir wünschen uns für die Zukunft eine breite Anwendung der KI in Deutschland, die dann auch von den Kassen übernommen wird“, sagt Dr. Falk Miese. Er hoffe die Technik in Zukunft auch auf Knochenbrüche ausweiten zu können, schließlich schlafe die Technik nicht, so der Arzt.