Bottrop. Als der Bademeister noch eine Autorität und der Freibadbesuch ein unbedingtes Muss war. Sommererinnerungen an Bottrops Stenkhoffbad.

Der Badespaß in Deutschlands Freibädern, also auch in Bottrops Stenkhoffbad, hat sich zwischen den 1950er und 1980er Jahren kaum verändert. Abgesehen vielleicht von leichten Schwankungen hinsichtlich der Stoffmenge bei der Badekleidung besonders der weiblichen Freibadgäste, der Farbauswahl oder beim Frisuren- und Musikstil war das Freibad vor allem durchgängig eins: Sommerfrische vor der eigenen Haustür, Treffpunkt für Familien, später für „die Clique“, unbeschwertes Schwimmvergnügen (wenn es nicht gerade allzu voll war) und manchmal auch Anbahnungsort für intensivere Bande.

War die Liegewiese voll, gab es auch im Schwimmbecken des Stenkhoffbades kaum Platz. Statt Schwimmen war dann nur Planschen angesagt. Man beachte: Lediglich Frauen und Mädchen mussten offensichtlich Badekappen tragen.
War die Liegewiese voll, gab es auch im Schwimmbecken des Stenkhoffbades kaum Platz. Statt Schwimmen war dann nur Planschen angesagt. Man beachte: Lediglich Frauen und Mädchen mussten offensichtlich Badekappen tragen. © Stadtarchiv | E.-G- Schweizer

Das erzählte der vor einigen Jahren viel zu früh verstorbenen Bottroper Kabarettist Dr. Ludger Stratmann immer besonders gerne. Seine Erinnerungen ans Stenkhoffbad waren geprägt von den gemeinsamen Besuchen mit seiner damaligen Freundin und späteren Ehefrau. Wahrscheinliche können unzählige Bottroperinnen und Bottroper von ähnlichen Erfahrungen im Stenkhoffbad oder später auch im Freibad Vonderort erzählen.

Juli 1957: Stadtoberinspektor Schuster begrüßt den 50.000 Besucher im Stenkhoffbad. In Jahren knapperen Freizeitangebotes gehörten solche Zahlen zur Normalität.
Juli 1957: Stadtoberinspektor Schuster begrüßt den 50.000 Besucher im Stenkhoffbad. In Jahren knapperen Freizeitangebotes gehörten solche Zahlen zur Normalität. © E.-G. Schweizer/Stadtarchiv

Viele Feiertage oder die gefühlt unendlich langen Sommer wären ohne Freibad-Feeling nicht zum Aushalten gewesen. Und selbst im Grundschulalter, als man die klassisch beim Kurs im Hallenbad erlernten Schwimmzüge unter elterlicher Aufsicht anwenden konnte, war das Freibad einer der frühen Abenteuerorte. Manchmal gab’s Tränen, wenn das schon viel zu weich gewordene Eis aus dem Hörnchen oder vom Stiel auf den Boden klatschte oder man die Familiendecke (und vor allem Mama) in dem Getümmel nicht sofort wiederfand.

Der Bademeister ganz entspannt im Stenkhoffbad am 17. Juni 1957. Die „Herren in Weiß“ besaßen damals noch eine ganz natürliche Autorität. An Sicherheitsdienste musste in den 50er Jahren im Freibad noch niemand denken.
Der Bademeister ganz entspannt im Stenkhoffbad am 17. Juni 1957. Die „Herren in Weiß“ besaßen damals noch eine ganz natürliche Autorität. An Sicherheitsdienste musste in den 50er Jahren im Freibad noch niemand denken. © E.-G. Schweizer/Stadtarchiv

Mit 13, 14 Jahren war diese Idylle natürlich passé. Freche Blicke, manchmal zu laute Musik, „Köpper“ vom seitlichen Beckenrand, „Döppen“ (vor allem der Mitschülerinnen) waren angesagt. Heute würde man darüber lachen. Aber damals waren die viel zahlreicheren Schwimmmeister eine feste Institution und selbst bei älteren Jugendlichen eine unbedingte Autorität. Ein Pfiff sorgte wieder für Ordnung. Selbstredend brauchte ein Freibad keinen Sicherheitsdienst. Und Handys, mit denen unerlaubt in Umkleidekabinen fotografiert wurde, gab es einfach noch nicht.

Abbruch der alten Umkleidebaracken im Stenkhoffbad –  wohl im Jahr 1954.
Abbruch der alten Umkleidebaracken im Stenkhoffbad – wohl im Jahr 1954. © Foto: E.-G. Schweizer/Stadtarchiv

Die WAZ-Redaktion hat einige Bilder aus den 50er Jahren „ausgegraben“, natürlich von E.-G. Schweizer, dem unermüdlichen Chronisten der Stadt für fast alle Bereiche städtischen und privaten Lebens in Bottrop. Sie zeigen das Stenkhoffbad, das im Jahrzehnt nach dem zweiten Weltkrieg sein Gesicht langsam veränderte, moderner wurde. Modernisierte Umkleiden und vor allem der Sprungturm waren die neuen Attraktionen des Freibads, das im Kern bis heute so erhalten geblieben ist.

Stenkhoffbad im Sommer 1957. Die Arbeiten an den neuen Sanitär- und Umkleideräumen sind im vollen Gange. Sie ersetzen die hölzernen Vorgängerbaracken.
Stenkhoffbad im Sommer 1957. Die Arbeiten an den neuen Sanitär- und Umkleideräumen sind im vollen Gange. Sie ersetzen die hölzernen Vorgängerbaracken. © E.-G. Schweizer/Stadtrchiv

Von Fehlentwicklungen, wie man sie von benachbarten Großstädten kennt, und permanent anwesenden Security-Dienstleistern, scheint Bottrop immer noch ein Stück entfernt. Drastische Vorfälle durch größere Gruppen sind offensichtlich bis heute im Freibad noch die Ausnahme. In den Jahren, als diese Bilder entstanden, hätten die Badegäste sich ohnehin nur kopfschüttelnd die Augen gerieben. Historische Bilder wie diese stehen aber immer auch für Heimat, Erinnerung und einen Hauch Idylle, möglicherweise idealisiert durch den zeitlichen Abstand.