Bottrop. Der mindestens 140 Millionen Euro teure Rathaus-Neubau soll gestoppt werden: Bottroper Bürger, Ladeninhaber und Wirte planen ein Bürgerbegehren.
Ein größerer Kreis von Geschäftsinhabern, Gastwirten und angesehenen Privatleuten aus Bottrop bereitet ein Bürgerbegehren gegen den um die 140 Millionen Euro teuren Verwaltungsbau neben dem historischen Rathaus vor.
Die Planungen für das angestrebte Bürgervotum wurden maßgeblich von den beiden Interessengemeinschaften im Rathausviertel und im Marktviertel schon seit Wochen mehr oder weniger hinter den Kulissen vorangetrieben. Bei einer Versammlung in der Rathausschänke am Donnerstag, 25. Mai, um 19 Uhr wollen deren Sprecher ihre Ziele jetzt den Bürgerinnen und Bürgern genauer vorstellen.
Ziel der gemeinsamen Initiative ist es, den geplanten Rathausanbau auf dem Saalbau-Gelände zu stoppen. Anstatt in einen so teuren Verwaltungsneubau einzuziehen, sollte die Stadtspitze in der Fußgängerzone das große Karstadt-Gebäude oder das Hansacenter nutzen, die beide schon lange leer stehen. Darin sei viel Platz für Büros der Stadtverwaltung.
„Wir sollten jedenfalls nicht zig Millionen von Steuergeldern für einen Prachtbau am Rande der Innenstadt ausgeben. Wir wollen, dass von dem Geld viel mehr Bürgerinnen und Bürger einen Nutzen haben“, sagt Julia Kubik, Sprecherin der IG Marktviertel.
Viele Bottroper wollen für ihre City einen Neustart
Auch Dirk Helmke hält die Entscheidung des Rates für den Verwaltungsbau am Droste-Hülshoff-Platz für falsch. „Das ist doch Wahnsinn, wenn wir gleichzeitig in der Innenstadt so große Leerstände haben“, sagt der Vorsitzende der IG Rathausviertel. Generell habe er nichts gegen eine Bebauung des Saalbau-Geländes einzuwenden, der Verwaltungsbau sei aber das falsche Vorhaben.
Als alternativen Verwaltungssitz hat auch er daher schon länger das frühere Karstadt-Gebäude in den Blick genommen. Dem Hinweis aus dem Rathaus, dass das Kaufhaus dazu zu klein sei, schenkt der Bottroper wenig Glauben. Außerdem gebe es drumherum ja weitere Leerstände, wirft auch Julia Kubik ein.
Es sei höchste Zeit umzudenken, fordert Helmke einen Neustart. So lautet daher auch der Titel des angestrebten Bürgerbegehrens: Neustart Bottrop. Er sei von vielen angesprochen worden, sagt der Vorsitzende der neuen IG Rathausviertel.
„Sie haben gefragt: Was geschieht nur mit unserer Innenstadt? Welche Möglichkeiten haben wir, etwas zu tun?“, berichtet Helmke. Ähnliche Gespräche habe es auch in etlichen Geschäften und Lokalen in beiden Einkaufsvierteln gegeben. Das Bürgerbegehren sei eine Antwort auf die Fragen der besorgten Bürgerinnen und Bürger.
Verwaltungsbüros mitten in Bottrop sorgen für Belebung
Denn: Von einer echten Neubelebung der Innenstadt profitierten weitaus mehr Bürger, sind sich die Sprecherin und der Sprecher der Interessengemeinschaften einig. „Unsere Aktivitäten sind nicht gegen die Verwaltung gerichtet“, betont Julia Kubik.
Ganz im Gegenteil: Von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt, die dann in Büros in der Fußgängerzone arbeiten würden, versprechen sich die Kaufleute und Gastwirte ja gerade mehr Zulauf und Leben in der City. Sie kauften nach Feierabend dort ein, besuchten zum Beispiel auch in den Pausen Restaurants und Imbisse. Mit dem Verwaltungsneubau am Innenstadtrand aber werde Kaufkraft aus dem engeren Stadtkern abgezogen.
Die Entscheidung für das Bürgerbegehren gegen den Neubau auf dem Saalbaugelände fiel in getrennten Abstimmungen der Interessengemeinschaften, die mit ihren Aktionen und Initiativen zu den Aktivposten in der Bottroper Innenstadt gehören, jeweils einstimmig.
Fast 60 Mitglieder waren dafür. „Wir brauchen rund 6000 Unterschriften, damit das Bürgerbegehren gültig wird“, meint Dirk Helmke. In einer Stadt der Größe Bottrops müssen es fünf Prozent der Bürgerinnen und Bürger unterstützen, erläutert die Verwaltung auf den städtischen Internetseiten.
Bürger wollen Entscheidung anstelle des Stadtrates treffen
Mit einem Bürgerbegehren betragen Einwohner im Grunde, dem Stadtrat die Entscheidung über eine wichtige Angelegenheit in der Stadt abzunehmen und diese selbst zu treffen. Die Verwaltung muss den Bürgern bei der Einleitung des Bürgerbegehrens behilflich sein, heißt es in der Gemeindeordnung des Landes.
Lehnt der Rat die Forderung aus dem Bürgerbegehren ab, wird innerhalb von drei Monaten ein formeller Bürgerentscheid eingeleitet. Findet dieser Bürgerentscheid dann eine Mehrheit, setzt er die ablehnende Ratsentscheidung außer Kraft und ersetzt diese durch die Forderung der Bürger.
Dazu müssen dem Bürgerentscheid in einer Stadt wie Bottrop mit mehr als 100.000 Einwohnern mindestens zehn Prozent der Abstimmungsberechtigten zustimmen. Allerdings dürfen die Bürger nicht über alles selbst entscheiden.
Bei Bürgerbegehren sind Entscheidungen über den Haushalt und die Gebühren der Stadt ebenso ausgeschlossen wie Personalentscheidungen. Auch über Bauleitverfahren dürfen die Bürger nicht selbst bestimmen, weil dabei eine intensive Beteiligung der Bürger bereits vorher angeboten wird.
Auf dem Weg zum dritten Bürgerentscheid in Bottrop
Hier gibt es Informationen
Der Lenkungskreis für das Bürgerbegehren „Neustart Bottrop“ wird interessierte Bürgerinnen und Bürger sowohl per Newsletter und als auch auf einer Internetseite über Neuigkeiten informieren.
Die Internetseite über das Bürgerbegehren ist ab Montag, 1. Mai, freigeschaltet und ist dann hier zu erreichen: www.neustart-bottrop.de. Den Newsletter können Interessierte ebenfalls über diese Seite bestellen.
Der sechsköpfige Lenkungskreis, der das Bürgerbegehren auf den Weg bringen soll, werde sich aber ohnehin von Fachleuten und Juristen beraten lassen, berichtet Dirk Helmke.
Kommt es schließlich zu einem Bürgerentscheid gegen den Rathausanbau, wäre es der insgesamt dritte in Bottrop innerhalb der letzten zehn Jahre. Der Bürgerentscheid „Stenkhoffbad erhalten“ für den Weiterbetrieb des Freibades erhielt eine ausreichende Zahl an Ja-Stimmen und war erfolgreich.
Für den Bürgerentscheid „Flugplatz Schwarze Heide“, mit dem der Verlustausgleich der Flugplatzgesellschaft begrenzt werden sollte, erhielt zwar eine klare Mehrheit an Ja-Stimmen, doch er scheiterte, weil insgesamt weniger als die notwendigen zehn Prozent der Stimmen abgegeben wurden.