Bottrop. Seit Jahren bekommt etwa jede dritte Frau in Bottrop ihr Kind per Kaiserschnitt. Chefarzt Dr. Kolberg räumt mit Missverständnissen dazu auf.
Seit Jahren hält sich die Kaiserschnitt-Quote konstant: Etwa ein Drittel der Frauen bringt auf diese Weise ihr Baby zur Welt. In NRW waren es im Jahr 2021 31,6 Prozent, in Bottrop lag die Quote mit 26 Prozent niedriger. 2022 war sie bei 31 Prozent.
Das erklärt sich Dr. Hans-Christian Kolberg, Chefarzt der Frauenklinik am Marienhospital, mit den Corona-Einschränkungen. Da sei vermutlich der Wunsch, per Kaiserschnitt zu gebären, gegenüber dem, schnell wieder aus dem Krankenhaus entlassen zu werden, zurückgetreten. Denn in der Corona-Zeit galten strikte Begrenzungen für Besucher.
Kaiserschnitt-Quote in Bottrop und NRW seit Jahren auf ähnlichem Niveau
Wobei Kolberg ganz klar nicht von „Wunschkaiserschnitten“ spricht. Denn wer gerne per Kaiserschnitt entbinden will, weil die Sorge vor Schmerzen oder möglicher späterer Inkontinenz zu groß ist, habe auch eine medizinische Indikation. „Wenn eine Frau Angst um sich selbst oder das Baby hat, ist dem wenig entgegenzusetzen“, sagt. Dr. Kolberg. „Wir sind nicht der liebe Gott, der bestimmt, wie jemand sein Kind zu kriegen hat.“
Ein tatsächlicher „Wunschkaiserschnitt“, bei dem die Frau beispielsweise einfach ein Geburtsdatum präferiert, komme ihm, der seit Jahrzehnten tausende Babys auf die Welt geholt hat, sehr selten unter, sagt der Gynäkologe.
Als er seine Arbeit vor knapp 30 Jahren begann, lag die Kaiserschnitt-Quote gerade einmal bei rund 15 Prozent. Grund für den Anstieg sei ein höheres Sicherheitsbedürfnis. Dem gegenüber stehe ein Bedürfnis, eine Geburt so natürlich wie möglich ablaufen zu lassen. Deswegen hat das Marienhospital kürzliche einen Hebammenkreißsaal eingerichtet, in dem Geburten ganz ohne Frauenarzt möglich sind. Diese beiden Entwicklungen glichen sich aus: „Die Kaiserschnitt-Quote hat sich in den vergangenen Jahren eingependelt und kaum verändert“, sagt Hans-Christian Kolberg.
Bottroper Marienhospital: Tatsächlicher Notkaiserschnitt sehr selten
Aufräumen will er mit dem Vorwurf, Kliniken bevorzugten den Kaiserschnitt, weil er lukrativer ist als eine vaginale Geburt. „Wir bekommen zwar mehr Geld, aber der Aufwand ist viel höher“, so Kolberg. Bei einer vaginalen Geburt müssen eine Hebamme und eine Assistenzärztin oder ein Assistenzarzt anwesend sein. Bei einem Kaiserschnitt, der schließlich eine Operation ist, kommen Oberarzt, Anästhesist, Anästhesie-Pfleger und zwei OP-Pfleger hinzu. „Wirtschaftlich macht es keinen Sinn, mehr Kaiserschnitte durchzuführen.“
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Den tatsächlichen Notkaiserschnitt gebe es im Marienhospital nur ein bis zweimal im Monat. Medizinisch definiert dürfen bei einem Notkaiserschnitt zwischen der Entscheidung, ihn durchzuführen, und dem Moment, in dem das Kind auf der Welt ist, maximal 15 Minuten vergehen. „Dann geht es darum, das Leben von Mutter und Kind zu retten.“