Bottrop. An Bottrops Knappschaftskrankenhaus kommt Therapie-Hund Ludwig zum Einsatz. Er zaubert so manches Lächeln in die Gesichter von Parkinson-Kranken.
Heiner Notthoff (75) hat keinen guten Tag. Der Parkinson-Patient hat neue Medikamente bekommen, die ihm zu schaffen machen. Und jetzt soll er auch noch eine Therapiestunde einlegen. Der Bottroper sieht nicht glücklich aus. Aber es gibt da einen, der wird ihm in der nächsten halben, bewegungsreichen Stunde so manches Lächeln ins Gesicht zaubern: Therapiehund Ludwig.
Es ist Heiner Notthoffs erste therapeutische Einheit mit Vierbeiner in der Parkinson-Tagesklinik am Knappschaftskrankenhaus Bottrop. Und er wirkt zunächst mindestens zurückhaltend. Physiotherapeutin Susanne Nierhoff lässt ihn auf einem roten Pezziball Platz nehmen, fordert ihn dann auf, Hundeleckerli mit Daumen und Zeigefinger zu greifen, aufzustehen und die Leckerli in drei Plastikschüsselchen zu verteilen, die vor ihm auf Hockern stehen. Dann kommt das Kommando für Ludwig samt Fingerzeig. „Ludwig, zwei“, sagt Heiner Notthoff mit fester Stimme und zeigt auf Schüssel Nummer zwei.
Ludwig, ein dreijähriger Magyar Vizsla, hat an der Seite von Physiotherapeutin Franka Kamitz auf einer Decke auf seinen Einsatz gewartet. Jetzt stürmt er los, auf Schälchen Nummer zwei. Der Patient muss lächeln. Dennoch fragt er skeptisch: „Das ist ja für den Hund ganz schön, aber ich merke noch nicht, was das für den Patienten bringt?“
Parkinson-Therapie mit Hund: Stimmung des Patienten hellt sich auf
Nun, das ist für seine Physiotherapeutin eine Herausforderung. Sie lässt Heiner Notthoff Bällchen auf Kegel in Kniehöhe legen – die der Hund auf das Kommando „Ludwig, stups“ mit seiner Schnauze runter stößt. Sie lässt den 75-Jährigen ein Stück Wäsche (mit Leckerchen in der Tasche) auf einer Leine hoch über seinem Kopf aufhängen – das Ludwig auf Befehl im Sprung hinunterreißt.
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Später übernimmt der Hund die Führung, macht vor, welche Übung und welcher Parcours für Heiner Notthoff als nächstes anstehen. Der ächzt unter der Anstrengung, lehnt manch wackeliges Polster, auf dem er nach Willen von Susanne Nierhoff eigentlich die Balance halten soll, ab. Sein Gang wirkt unsicher, eine Hand zittert im Tremor. Knie und Rücken machen ihm zu schaffen, sagt er. Aber er bückt und streckt sich wie von der Therapeutin verlangt – und ist dabei ein bisschen neidisch auf Ludwig. „Der Hund kommt zwischendurch auf die Decke – nur ich komme nicht auf die Decke“, beschwert er sich mit einem Augenzwinkern.
Und als er Hundekekse in Körbe werfen soll, diese teils verfehlt und seine Würfe wiederholen muss, meint er nur lächelnd: „Das mache ich für Ludwig, damit er mehr davon bekommt.“ Dass er seinen tierischen Partner am Ende der Einheit gerne übers rote, glänzende Kurzhaarfell streicht, ist gar keine Frage mehr. Deutlich besser gestimmt als vor der therapeutischen Einheit verlässt Heiner Notthoff schließlich den Übungsraum.
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Die Tiergestützte Therapie hat Professor Dr. Carsten Eggers nach Bottrop gebracht. Vor zwei Jahren übernahm er die Leitung der Klinik für Neurologie am Knappschaftskrankenhaus Bottrop. Ludwig ist sein Hund. Noch ist er ein Therapiehund in Ausbildung, aber schon regelmäßig in der Parkinson-Tagesklinik im Einsatz. Die spielerische Arbeit mit ihm wird zum Beispiel eingesetzt beim Gang- oder Feinmotorik-Training, zur Stimmungsaufhellung, Antriebssteigerung und Linderung von Unruhe-Zuständen. Trainerin Dr. Sandra Foltin begleitet die Ausbildung des Tieres.
Patient und Hund werden zum Trainingsteam
Die bisher gemachten Erfahrungen sind gut, sagt Eggers. Haben Patienten erst ihre erste Stunde mit Ludwig absolviert, „wollen sie immer wieder kommen“. Dabei sind die Einheiten mit Mensch und Tier absolut herausfordernd, erklärt der Neurologe. „Wir legen viel Wert darauf, dass am oberen Ende der Skala trainiert wird.“ Die geteilte Aufmerksamkeit auf die eigene Bewegungen zum einen und den Hund zum anderen sei positiv anstrengend. „Ich fand beeindruckend, wie eine Patientin mir erzählt hat, dass sie schon in einer Therapiestunde ein kleines Teamgefühl mit Ludwig entwickelt hat.“ Geübt wird gemeinsam. Das tut auch der Stimmung gut.
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Susanne Nierhoff, die das Therapie-Team Prosper leitet, beobachtet, dass gerade Ludwigs Lebendigkeit den Patientinnen und Patienten gefällt. Und sie von ihren eigenen Anstrengungen ein wenig ablenkt. „Es ist eine schöne Alternative zur konservativen Therapie“, betont Nierhoff. „Gerade Parkinson-Patienten haben ihre Erkrankung oft schon einige Jahre und sind häufig therapiemüde.“ Große Bewegungen, Schrittlänge, Feinmotorik – als das lässt sich prima zusammen mit Therapie-Tier trainieren.
Und der Geist gleich mit, was wichtig ist, wie Prof. Dr. Carsten Eggers erläutert: „Kognition und Motorik gehören eng zusammen.“
Parkinson-Informationstag am KKH
Das Knappschaftskrankenhaus Bottrop (Osterfelder Straße 157) veranstaltet am Mittwoch, 19. April, einen Parkinson-Informationstag für Patienten und Angehörige. Dieser findet von 15 bis 18 Uhr im Reha-Zentrum Prosper am KKH statt.
Besucherinnen und Besucher erhalten Einblicke in verschiedene Therapien (u.a. Neurotanz, Tai Chi, Boxen), können Vorträge hören (u.a. zur medikamentösen Therapie oder zu kognitiven Einschränkungen bei der Parkinson-Erkrankung) und Informationsstände aufsuchen.
Gezeigt werden an diesem Tag auch Videos zur tiergestützten Therapie.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.