Bottrop. Bottrops Busse stehen am Dienstag weitgehend still. Wegen des Streiks müssen Passagiere andere Lösungen finden – etwa Laufen. Der Ärger ist groß.

Weil die Vestische am Dienstag erneut streikt, ist der Bottroper Busbahnhof ZOB nahezu gespenstisch leer. Es fahren kaum Busse, von dem üblichen Trubel aus Berufstätigen und Schülern ist am Morgen nichts zu sehen. Einer, der seiner Arbeit direkt am ZOB gewissenhaft nachgeht, ist Roger Sanft. Mit Wischmopp, Eimer und Schwamm ausgestattet säubert der 63-Jährige die Mülleimer. Damit bessere er seine Rente auf, erzählt er.

Sanft trifft der Streik besonders hart. Der 63-Jährige putzt an mehreren Orten und musste an diesem Morgen schon um fünf Uhr anfangen. „Ich bin um vier Uhr aus dem Haus und aus dem Fuhlenbrock fünf Kilometer hergelaufen. Was bleibt mir denn anderes übrig? Ein Taxi kann ich mir nicht leisten“, sagt er.

Bottroper Putzmann ärgert sich über den Streik im öffentlichen Nahverkehr

Neben dem öffentlichen Nahverkehr streiken am Dienstag auch Kitas, Jobcenter, Müllabfuhr und Sparkassen. Die Gewerkschaft Verdi und der Beamtenbund „dbb“ kämpfen für 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro. Für Sanft Luxusprobleme. „Ich kann den Streik absolut nicht nachvollziehen. Hunderttausende, wenn nicht Millionen müssen zusehen, wie sie zur Arbeit kommen. Zudem sind die Forderungen ein Witz, das muss ich ehrlich sagen. Als Reinigungskraft renne ich meinem Geld hinterher und bekomme vielleicht mal eine Lohnerhöhung von 20 Cent. Und die fordern 500 Euro.“

Vielmehr wünscht sich der 63-Jährige, dass im niedrigen Lohnesektor mehr getan wird. „Es streikt immer nur der öffentliche Dienst. An die kleinen Arbeiter, die für zehn, elf Euro pro Stunde putzen gehen, denkt niemand.“

Der Bottroper ZOB ist am Dienstag nahezu verwaist. Nina Klepzov hat Glück. Ihr Bus (links) fährt nach Plan.
Der Bottroper ZOB ist am Dienstag nahezu verwaist. Nina Klepzov hat Glück. Ihr Bus (links) fährt nach Plan. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Während Sanft seine Runde über den ZOB dreht, wartet Nina Klepzov auf ihren Bus nach Essen. Weil der von der DB gestellt wird, wird die Bottroperin immerhin an ihr Ziel, eine Arztpraxis, kommen. „Ich bin aus dem Eigen rund 20 Minuten hergelaufen, weil von dort aus kein Bus fährt“, sagt sie noch und steigt ein. Die Türen schließen sich und sie fährt ab.

Ein seltenes Bild an diesem Morgen. Neben den wenigen Bussen, die am ZOB verkehren, bleiben einige auch einfach dort stehen. „Ich würde eigentlich nach Gelsenkirchen zum Hauptbahnhof fahren. Wegen der Großdemo geht das aber nicht“, sagt eine Busfahrerin. Sie begrüßt den Streik ihrer Kollegen, auch wenn sie nicht teilnehmen kann. „Es scheint ja nicht ohne Druck zu gehen. Ich finde die Streiks hier noch human. Wenn beispielsweise in Frankreich die Arbeit niedergelegt wird, geht ja wirklich gar nichts mehr.“

Bottrop: Auch im Kiosk am Pferdemarkt ist der Streik spürbar

Anders sieht das wiederum Sert Nevin. Sie arbeitet im „Onkel’s Kiosk“, direkt am Pferdemarkt. „Ich bezahle für eine Monatskarte und muss trotzdem schon zum dritten Mal in diesem Jahr Geld für ein Taxi ausgeben“, sagt sie. Zehn Euro musste sie an diesem Morgen bezahlen, um zur Arbeit zu kommen.

Doch nicht nur am eigenen Leib erfährt sie den Streik. „Wir öffnen morgens um sechs. Normalerweise kommen die Leute direkt rein und es ist morgens voll.“ Am Dienstag steht nur eine kleine Gruppe Stammkunden vor der Tür. „Mir fehlt die Kundschaft. An den vorherigen Streiktagen war das genauso“, beklagt sie.

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Einer, der trotzdem da ist, kam am Morgen mit dem Taxi. „Ich musste zum Arzt und hatte keine Wahl. Insgesamt hat mich das 26 Euro gekostet“, ärgert er sich. Doch viel Zeit hat er nicht. Vor der Tür wartet schon das Taxi, das ihn zurück nach Hause fahren soll.

Bottroper Taxifahrer: „Die Menschen sind besser auf den Streik vorbereitet“

Insgesamt sind an diesem Morgen deutlich mehr Taxen rund um den ZOB unterwegs als sonst. Kein Wunder, schließlich werden auch beim erneuten Streiktermin noch Menschen kalt erwischt. „Insgesamt habe ich aber den Eindruck, dass die Leute mittlerweile besser auf solche Streiks vorbereitet sind. Natürlich fahren wir heute mehr als sonst, aber es ist nicht mehr so extrem wie beim ersten Mal“, sagt ein Taxifahrer, der in Sichtweite des ZOB auf Kundschaft wartet. „Normalerweise fänden Sie an solch einem Morgen kein Taxi mehr.“

Nun stand er jedoch mit fünf weiteren Kollegen in der Reihe. „Ich habe vorhin sogar einen anderen Taxifahrer in die Stadt gefahren. Ich habe ihm gesagt: ,Du musst doch wissen, dass die streiken!’ Das wusste er offenbar nicht“, erzählt er lachend.

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Es wird womöglich nicht das letzte Mal gewesen sein. Sollte die dritte Tarifrunde Ende März keinen Durchbruch bringen, steht aus der Sicht des Verdi-Chefs Frank Werneke eine Urabstimmung über einen regulären Streik „auf der Agenda“. Dabei entscheiden die Verdi-Mitglieder, ob das Angebot abgelehnt wird und ob damit einhergehend der Arbeitskampf weitergeführt wird.