Bottrop. Seit 1898 gibt es in Bottrop Möbel von Beyhoff. Inzwischen leitet die vierte Generation das Familienunternehmen – heutzutage eine Ausnahme.
Ein Unternehmen, das nach 125 Jahren immer noch Familienbesitz ist und dessen Inhaber hoffnungsvoll in die Zukunft blicken: Das hat in Zeiten der Firmenpleiten und Nachwuchssorgen Seltenheitswert. Seit 125 Jahren sind Möbel von Beyhoff in Bottrop ein Begriff. Zwei Weltkriege, Inflation und Wirtschaftskrisen haben die Möbelbauer und -händler überstanden. Auch die Coronazeit hat man nicht nur glimpflich hinter sich gebracht, sondern ist womöglich sogar gestärkt aus dieser Krise hervorgegangen.
Das Rezept dafür: eine vorausschauende Firmenpolitik, ein guter Dienst an Kundinnen und Kunden und ein Mitarbeiter-Team, auf das man sich verlassen kann, das wiederum von den Chefs aber auch geschätzt und gefördert wird. Klassische Tugenden eines Familienunternehmens. Bei Klaus-Wilhelm Beyhoff, dem Seniorchef, und Eva Beyhoff-Weitenhöfer, seit 2015 in der Geschäftsführung, tragen derzeit 45 Frauen und Männer zum Erfolg des Traditionshauses bei. Auch ein Iraner und ein Afghane sind dabei. „Gute Leute, die etwas erreichen wollen und die wir gerne ausgebildet haben“, sagt der Seniorchef.
Wurzeln der Familie und des Unternehmens Beyhoff liegen in Borbeck
Nach dem Umzug vor 30 Jahren liegt das Unternehmen an der Gladbecker Straße. „Damals, 1992, merkten wir, dass etwas passieren musste, das alte Stammhaus an der Essener Straße war einfach zu klein geworden“, erinnert sich Klaus-Wilhelm Beyhoff. In der Innenstadt hatte sein Großvater 1898 zunächst die Möbeltischlerei gegründet. Später, nach dem Zweiten Weltkrieg, wird daraus dann im Kern das Möbelhaus, das bis heute besteht. Weitblick ist auch damals schon angesagt, als Wilhelm Beyhoff, Vater des heutigen Seniorchefs, mit Kollegen der Region den ersten Möbeleinkaufsverband gründet. Ziel: bessere Einkaufspreise durch Bündelung von Potenzial.
Die Beyhoffs kommen ursprünglich aus Borbeck. Dort hatte die Familie bereits ein Geschäft. Irgendwann wird das zu eng für zwei Brüder und einen zieht es nach Bottrop. Eine aufstrebende Stadt, der Bergbau floriert, die Menschen gehen dorthin, wo es Arbeit gibt – und sie brauchen Möbel. Das ist bis heute so geblieben, auch wenn an Stelle des Stammhauses mit 1500 Quadratmetern vor 30 Jahren ein modernes Möbelhaus mit 8600 Quadratmetern Verkaufsfläche und Werkstätten und Lager geworden ist.
Vor 30 Jahren konnte alles nicht groß genug sein - eine Fehlannahme aus heutiger Sicht
„Es war die Zeit, als man expandieren musste“, sagt Klaus-Wilhelm Beyhoff. In der Branche rät man sogar zu 20.000 bis 40.000 Quadratmetern Fläche. „Aus heutiger Sicht Wahnsinn, den wir zum Glück nicht mitgemacht haben.“ Der Neubau entsteht auf dem alten Zechengelände von Prosper III im Zuge der Internationalen Bauausstellung IBA Emscherpark. Die IBA-Leute greifen damals sogar in die Planung ein.
„Die roten Bodenfliesen mussten rein, das Material sei typisch für die alte Bottroper Zechenarchitektur, hat man uns damals gesagt“, erzählt der Inhaber. Irgendwann hat sich das Ganze aber als nicht so dauerhaft erwiesen und angehoben. „Erneuert haben wir es jetzt trotzdem, im Sinne der IBA“, lacht Beyhoff.
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Dabei setzt die Familie bei ihren Produkten gerade auf Nachhaltigkeit. Viele Massivholzmöbel gehörten zum Sortiment. Man achtet auf Material, Verarbeitung aber auch Herkunft und Produktionsweise, Qualität eben. „Gutes, Wertiges, aber nichts Überkandideltes, keinen Schnickschnack, das passt nicht hierhin“, sagen beide Beyhoffs übereinstimmend.
Die Hälfte der Kundschaft kommt aus Bottrop
Gut 50 Prozent der Kundschaft kommt aus Bottrop, fast alle gezielt und meist mit konkreten Vorstellungen. Beratung und Service sind Trümpfe, die Beyhoffs ebenso ausspielen. „In der Coronazeit haben wir die so genannte Komfortberatung eingeführt“, erzählt Eva Beyhoff. Als das Haus schließen musste, seien Berater eben zu den Kunden ins Haus gekommen, haben individuell beraten, ausgemessen.
„Andersherum hat es aber Videobesichtigungen gegeben, wir sind mit Laptop und Kamera durch die Ausstellung gegangen und haben den Kunden gezeigt, was es gibt“, so die Juniorchefin weiter. Kaum Kurzarbeit, immer Ware ausgeliefert und so auch im Lockdown ein Drittel des normalen Umsatzes gemacht, lautet Beyhoffs Fazit.
„Die Leute sind wieder regionaler unterwegs“
Inzwischen stellt man auch an der Gladbecker Straße fest: Die Leute sind wieder regionaler unterwegs, kaufen, wenn es geht, möglichst in ihrer Stadt. „So hat Corona auch Häuser wie unseres gestärkt“, resümiert Klaus-Wilhelm Beyhoff. Online sei im Möbelsektor gar nicht das ganz große Thema. „Vielleicht zehn Prozent verkaufen wir online“, glaubt Beyhoff. Man will ja sehen, fühlen, drauf sitzen, wenn man plant, eine größere Summe auszugeben.
Und Konzentration aufs Kerngeschäft, sei ein Zauberwort. Die große Babyabteilung gibt es schon länger nicht mehr. Wohnen, kochen, schlafen sind die großen Themen, die Beyhoffs bespielen. Und: „In welchem Möbelhaus leitet schon ein Tischlermeister die Logistik?“. Nachhaltigkeit ist schon lange ein Thema. Die Photovoltaikanlage gibt es seit zehn Jahren. Der „Grüne Montag“ schont ebenfalls Ressourcen und führte nicht einmal zum Umsatzrückgang.
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Auch die neue Generation ist fest im Familienbetrieb verankert. „Nach dem Studium der Betriebswirtschaft habe ich mich in die Branche richtig rein gestürzt“, sagt Eva Beyhoff-Weitenhöfer. Aber auch ihr Ehemann Pierre Weitenhöfer mischt mit im Familienbetrieb. Und der jüngste (drei Monate) der beiden Söhne blickt aufmerksam aus dem Kinderwagen in die Runde und lacht. Vielleicht wird die große Küchenabteilung, in der das Gespräch stattfindet, einmal seine Lieblingsabteilung.
Start ins Jubiläumsjahr 2023
Das Jubiläumsjahr „125 Jahre Möbel Beyhoff“ beginnt bereits am 27. Dezember. Dann startet der Jubiläumsverkauf mit zahlreichen Angeboten bis Ende Januar an der Gladbecker Straße 130.
Ebenfalls im Januar veranstaltet Beyhoff das „Tresor knacken“. Mit etwas Glück findet jemand die richtige Zahlenkombination heraus und kann dann den Tresorinhalt behalten. Der hat natürlich etwas mit dem Jubiläum zu tun: 12.500 Euro.