Bottrop. Das Impfzentrum am Südring ist nun endgültig geschlossen. Die Verantwortlichen blicken zurück auf turbulente, emotionale und schöne Momente.

Bottrops Impfzentrum ist endgültig Geschichte. Am 16. Dezember um 16 Uhr war Schluss. 676 Tage ist es her, dass das Impfzentrum am Südring in Betrieb ging. Es war der 8. Februar 2021. Michael Althammer kann sich noch gut an diesen Tag erinnern, als wäre es erst gestern gewesen.

„Es hätte nicht schlimmer laufen können“, so der einstige Leiter des Impfzentrums. In der Nacht von Sonntag auf Montag lag zentimeterhoher Neuschnee auf den Parkplätzen am Südring. Feuerwehr und Bundeswehr schaufelten die Zuwege frei. „Wahnsinn“, sagt Althammer. „Vor allem, wenn man bedenkt, dass damals nur die Über-80-Jährigen geimpft wurden.“ Rückblickend muss die Anreise zum Impfzentrum für viele eine Strapaze gewesen sein.

Die Werke des Bottroper Künstlers Gereon Krebber machten das Impfzentrum am Südring über die Stadtgrenzen hinaus bekannt.
Die Werke des Bottroper Künstlers Gereon Krebber machten das Impfzentrum am Südring über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

„Es gibt unglaublich viele Geschichten zu erzählen“, so Althammer. Eine ist ihm besonders im Gedächtnis geblieben. An einem Ostersonntag erhielt er einen Anruf von einer Dame, die bei ihm ihr Herz ausschüttete, dass sie keinen Termin für die Impfung bekommen würde. Althammer sagte: „Kein Problem, kommen sie einfach am nächsten Tag vorbei.“ Als er fragte, wie alt die Dame sei, antwortete sie: „82.“ Aber sie wollte eigentlich einen Termin für ihre 100-jährige Mutter vereinbaren. Die Terminvergabe klappte. Am nächsten Tag kamen beide Damen ins Impfzentrum und ließen sich gemeinsam gegen Corona impfen. „Das war unglaublich emotional“, so Althammer, „wenn man sieht, dass sich insgesamt 182 Jahren impfen lassen.“

Althammer schätzt, dass in den fast zwei Jahren rund 130.000 Menschen im Bottroper Impfzentrum geimpft wurden. In den Hochzeiten der Pandemie erhielten circa 1300 Menschen pro Tag eine Impfung. „Wir haben eine super Infrastruktur vorgefunden“, so Althammer. Bei der Impfquote war Bottrop in NRW oft einsame Spitze. Diese Zeiten sind lange vorbei. „Die Impfbereitschaft hat nachgelassen“, sagt Dr. Harald Hofer, medizinischer Leiter des Impfzentrums.

Die NRW-Landesregierung hat die Schließung der Impfzentren zum Jahresende beschlossen. Bottrop folgt nun anderen Städten. Zuletzt hatte man nur am Freitag alle vierzehn Tage geöffnet. Im Schnitt ließen sich laut Althammer nur noch zwischen 150 und 200 Menschen impfen. Dafür lohne sich der Aufwand mit Strom, Heizung und Personal nicht mehr. Von den einst acht Impfkabinen seien zuletzt nur zwei im Einsatz gewesen. Nach der Schließung werden Impfungen gegen Covid-19 nur bei niedergelassenen Ärzten durchgeführt.

Mobiler Impfbus bleibt für drei Monate im Stand-by-Modus

Für den letzten Tag wurde nur die Menge an Impfstoff verimpft, die man im Vorfeld anhand von Terminen kalkuliert habe, so Althammer. „Es ist ein bisschen traurig, dass nach fast zwei Jahren endgültig Schluss ist“, sagt er. Gibt es vielleicht irgendwann ein Comeback des Impfzentrums? Althammer: „Nein, denn ich glaube nicht, dass es noch einmal eine derartige Notwendigkeit geben wird. Die Impfzentren sind nicht dafür geschaffen worden, um die nächsten Jahre alle Impfungen durchzuführen. Man wollte schnellstmöglich die Pandemie bekämpfen, damit alle Impfwilligen ein Angebot bekommen.“

Der Impfbus der Stadt Bottrop, hier am 20. Oktober 2021, am Altmarkt bleibt für die nächsten drei Monate für mögliche Notfälle im Stand-by-Modus.
Der Impfbus der Stadt Bottrop, hier am 20. Oktober 2021, am Altmarkt bleibt für die nächsten drei Monate für mögliche Notfälle im Stand-by-Modus. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Der mobile Impfbus soll „noch drei Monate im Stand-by-Modus bleiben“. „Wir sind vorbereitet“, sagt Althammer. Zugleich betont er: „Aber nur für den Fall, dass die Landesregierung auf aktuelle Geschehnisse reagieren muss und möchte, dass wieder geimpft wird.“ Dass so ein Fall tatsächlich eintritt, glaubt er nicht.

Nächste Woche wird am Standort alles ausgeräumt. Die Apotheke, in der unter anderem in Kühlschränken der Impfstoff gelagert wurde, wird zurückgebaut. Auch das Materiallager gehört dann der Vergangenheit an. Die Bauzäune verschwinden. Die Stühle, auf denen die Geimpften nach dem Pieks warten mussten, sind schon am Freitag zu einem großen Teil weggeräumt worden. Computer, Drucker und die dazugehörige Technik werden abgebaut.

Leiter: „Bottrop ist das schönste Impfzentrum gewesen“

Ende Dezember soll das Gebäude an den Eigentümer zurückgegeben werden, so Althammer. Die Kunst von Gereon Krebber, die das Impfzentrum weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt machte, bleibt vorerst an Ort und Stelle. „Bottrop ist das schönste Impfzentrum gewesen“, meint Althammer. Was mit den Kunstwerken passieren wird, klären laut Althammer der Künstler und der Eigentümer der Immobilie.

Auf Dr. Harald Hofer wartet nun der wohlverdiente Ruhestand. Diesen wollte er eigentlich bereits vor fast zwei Jahren antreten. Dann kam es kurzfristig anders, er wurde medizinischer Leiter. Althammer bleibt in der Stadtverwaltung tätig. Beide mussten sich beruflich erst gegenseitig kennenlernen. „Es ist nicht böse gemeint, aber Verwaltung und Medizin“, sagt Althammer lächelnd, „das passt normalerweise nicht“. Und Hofer ergänzt: „Da prallen zwei Welten aufeinander.“ Althammer sei es gewohnt gewesen strikt nach Erlassen und Verordnungen zu arbeiten. „Und dann kommt da ein pragmatischer Arzt“, sagt er über Hofer.