Bottrop. Sie haben vier Kinder und wollten mindestens vier Zimmer: So hat die Familie Czerwinsky trotz knappen Marktes ganz schnell eine Wohnung gefunden.
Sucht man in Bottrop nach einer Mietwohnung mit über 100 Quadratmetern und mit mindestens vier Zimmern – nach den normalen Ansprüchen einer mehrköpfigen Familie also – gibt es in Online-Immobilienportalen aktuell drei Treffer. Der Wohnungsmarkt ist komplett leer gefegt, vor allem Familien berichten von jahrelangen aufwendigen Suchen. Dass es aber auch anders geht, haben Andreas und Michaela Czerwinsky erlebt.
Vor vier Jahren ist Andreas Czerwinsky zu seiner heutigen Frau auf den Eigen gezogen. Das Paar mit „zwei bis vier Kindern“, wie er sagt – Andreas Czerwinsky hat zwei Kinder aus erster Ehe, die jedes zweite Wochenende da sind, Michaelas jüngere Tochter wohnt bei ihr, die ältere studiert –, lebte in einer großen Wohnung mit Garten und Laube. Andreas Czerwinsky hatte dem Vermieter signalisiert, dass er die Wohnung kaufen würde, wenn er ihn lässt. „Wir kamen aber preislich nicht zusammen.“
Bottroper Familie: „Auf dem Wohnungsmarkt war null“
Vor wenigen Wochen erklärte der Vermieter, der selbst im Erdgeschoss wohnt, dem Ehepaar, dass er überlegt zu verkaufen – das gesamte Haus. Sie sollten aber erstmal entspannt bleiben, das würde noch dauern. Plötzlich aber stand ein Immobilienmakler auf dem Grundstück und wenige Tage später fanden die Czerwinskys das Haus im Internet inseriert – mit lebenslangem Wohnrecht für den Vermieter, aber nicht für sie.
„Da haben wir gedacht: Das war’s jetzt mit dem schönen Leben“, sagt Andreas Czerwinsky. Schon oft hatte der 47-Jährige von Familien gehört, die partout keinen passenden Wohnraum in Bottrop finden. Wie sollte sich da für ihn und seine Frau mit vier Kindern und einem Hund etwas auftun, wo die gesamte Familie ausreichend Platz hat? Noch dazu bezahlbar. „Auf dem Markt war null“, sagt Czerwinsky. Eigentlich passte nichts und wenn es in Frage kam, war es zu teuer.
Bottroper Familie suchte Wohnung bei Facebook
Also entschloss sich das Paar, auf eine andere Art zu suchen: Andreas Czerwinsky postete einen ausführlichen Beitrag in die Facebook-Gruppe „Bock auf Bottrop“, in dem er seine Lage schilderte und was er für eine Wohnung suche – möglichst fünf Zimmer, einen Garten, vielleicht sogar eine Laube und das alles für nicht allzu viel mehr Geld, als die vorherige Wohnung gekostet hat. Das Paar hatte nur 700 Euro Miete bezahlt. „Ich hatte viele negative Reaktionen erwartet, aber die kamen gar nicht“, erzählt der 47-Jährige. Im Gegenteil: Zahlreiche Privatpersonen boten ihm und seiner Patchwork-Familie Wohnraum an.
Eine davon war Sonja, der mit ihrem Mann Jürgen in der Boy ein Haus gehört. Sie wohnen im Obergeschoss, wollen mit Blick aufs fortschreitende Alter nach unten ziehen – ob die obere Wohnung nicht etwas für die Czwerwinskys wäre? Sofort hat sich die Familie die Wohnung angeguckt und war begeistert: groß genug, mit Garten, Laube und Pool. „Das ist der blanke Wahnsinn“, sagt Andreas Czerwinksy. Nach fünf Tagen hatten sie die mündliche Zusage, nach zehn Tagen den Vertrag unterschrieben.
Bottroper Familien, die auf engstem Raum leben
„Wir haben es auf den Punkt voll getroffen“, sagt der 47-Jährige. Seine Frau und er renovieren nun die Wohnung, bauen das Dachgeschoss aus und wollen im Februar einziehen. In einem erneuten Facebook-Post hat er sich bedankt für die Hilfsbereitschaft in der Gruppe und vor allem bei Sonja und Jürgen, den „extrem netten Vermietern“.
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Die Reaktionen auf seinen Post zeigen einmal mehr, wie die Wohnungslage in Bottrop ist: Da ist die Familie mit zwei Katzen, die seit drei Jahren sucht, eine Mutter, die mit ihren vier Töchtern und einem Hund auf 77 Quadratmetern lebt und seit vier Jahren keine Alternative findet, die Familie, die zu fünft auf 60 Quadratmetern mit Dachschräge lebt.
Andreas Czerwinsky appelliert an diejenigen, die schon lange nach neuem Wohnraum suchen, es auf dem gleichen Weg wie er zu versuchen. Auch wenn er zunächst leichte Vorbehalte hatte, „man stellt sich ja auch ein bisschen bloß“. Aber nach seinen Erfahrungen rät er: „Man kann in den Gruppen auch mal nicht nach einem Tortenrezept, sondern auch nach einer Wohnung fragen.“