Bottrop-Kirchhellen. Das Thema Wirtschaftswege bringt die Bezirkspolitiker zuverlässig in Wallung. Jetzt wollen sie gemeinsam mit dem Rat das Thema neu denken.

Das Thema hat in den letzten zehn Jahren einen festen Platz in den Top 3 der Aufreger in der Bezirksvertretung Kirchhellen. Wenn sich die Bezirksvertreter noch mehr in Rage reden als über den Schwerlastverkehr im Ortskern oder übel zugerichtete Radwege - dann steht zuverlässig das Thema Wirtschaftswege auf der Tagesordnung. Deshalb wollen sie dieses Jahr einen neuen Ansatz versuchen.

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Nirgendwo in Bottrop gibt es so viele Wirtschaftswege wie in Kirchhellen. Vor allem die Verbindungsstraßen zwischen Bottroper Straße und Alter Postweg sind so eingestuft, weil sie wesentlich von Landwirten zur Erschließung von Feldern und landwirtschaftlichen Betrieben genutzt wurden. Früher mal. Heute ist das ganz anders geworden: Jede Menge Freizeitverkehr rollt inzwischen über diese Wege. Ein Quell steten Zorns für die Bezirkspolitiker ist die Tatsache, dass der städtische Haushalt dieser Entwicklung in keiner Form Rechnung trägt: 50.000 Euro steht jedes Jahr im Etat für die Pflege und Sanierung dieser Wege. Das reicht den Bezirkspolitikern hinten und vorne nicht aus.

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Zuletzt ist Bezirksbürgermeister Ludger Schnieder bei der Sitzung im Mai der Kragen geplatzt. Mitten in der Debatte um das Straßen- und Wegekonzept machte er einen Schlenker zur Holthausener Straße. Deren Ausbauzustand sei „mehr als schlecht“ und stelle eine „Gefährdung für alle Verkehrsteilnehmer“ dar. Sigrid Lange von den Grünen sekundierte: Auf dieser Straße Fahrrad zu fahren, sei unmöglich.

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Forderung: Kirchhellener Wirtschaftswege zu Straßen hochstufen

Es folgte ein Exkurs des Bezirksbürgermeisters zum Thema Wirtschaftswege. Holthausener Straße, Lehmschlenke, Utschlagstraße und weitere seien keine Wirtschaftswege mehr. Es handele sich um Verbindungsstraßen, die schon „seit Ewigkeiten“ nicht mehr nur von der Landwirtschaft genutzt würden. Unter Beifall auch von der SPD forderte er: „Nahezu alle Wirtschaftswege“ in Kirchhellen müssten in das Straßenunterhaltungsprogramm überführt werden. Die Verwaltung möge dies prüfen.

Ein Ergebnis dieser Prüfung ist bis heute nicht bekannt geworden. Deshalb legten die Bezirkspolitiker in der Novembersitzung nach. Anfang 2023 sollen die ersten Ukraineflüchtlinge in der ehemaligen Bergwerksdirektion am Schacht 10 am Alten Postweg untergebracht werden. Schnieder: „Mit dem Rad kommen die Flüchtlinge dann nicht ins Dorf, dafür ist die Straße zu kaputt.“ Andere Bezirksvertreter hatten weitere Wege in beklagenswertem Zustand beizusteuern. Es folgte weitgehend eine Wiederholung der Debatte aus der Maisitzung - mit einer überraschenden Wendung: Die Bezirksvertretung fordert eine Verzehnfachung des Ansatzes für die Wirtschaftswege auf 500.000 Euro plus eine Prüfung: Welche Wirtschaftswege werden hochgestuft zu regulären Straßen? Steffen Jonek vom Fachbereich Tiefbau sagte eine wohlwollende Prüfung zu und räumte ein: „Wir haben Wirtschaftswege bisher stiefmütterlich behandelt.“

Werden intensiv genutzt: Fahrradbügel an der Haltestellen Schulze-Delitzsch-Straße.
Werden intensiv genutzt: Fahrradbügel an der Haltestellen Schulze-Delitzsch-Straße. © FUNKE Foto Services | rank Oppitz

Auch bei einem weiteren Verkehrsthema fiel die Reaktion der Bezirkspolitik vorhersehbar Aus. Die für nächstes Jahr anstehende Aufwertung der Bushaltestellen an der Schulze-Delitzsch-Straße zur Mobilstation fand den Beifall der Politik, nicht aber ein Detail der Planung. Parkplätze für E-Scooter brauche es dort aber nicht. Statt dessen wünschen sich die Politiker dort noch mehr Fahrradbügel, weil insbesondere Schüler dort in großer Zahl vom Rad auf den Schulbus wechseln und umgekehrt.