Bottrop. Wer Falschparker anzeigt, ist ein Denunziant. Dieses Urteil ist schnell gefällt. Doch so einfach ist die Situation eben nicht. Ein Kommentar

Klar, man ist rasch dabei, denjenigen, die als Privatperson Falschparker anzeigen, Denunziantentum zu unterstellen. Aber die Realität sieht möglicherweise doch etwas weniger schwarz-weiß aus. Denn die Stadt hat nun keine Hinweise darauf, dass eine Vielzahl dieser privaten Anzeigen von nur wenigen Personen stammen. Es deutet also nichts auf den berühmt-berüchtigten Blockwart hin, der in seinem Viertel reihenweise Falschparker fotografiert und aufschreibt.

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Fotos von Falschparkern anzufertigen, um sie anzuzeigen, ist nicht verboten. das hat ein Gericht in Bayern nun entschieden. In Bottrop gibt es schon seit mehreren Jahren die Möglichkeit, Falschparker online anzuzeigen.
Von Franka Becker und Matthias Düngelhoff

Bleibt also die persönliche Betroffenheit. Und da ist der Fall schon nicht mehr so einfach. Warum soll der Radfahrer den Falschparker auf dem Radweg tolerieren? Warum soll der Fußgänger im schlimmsten Fall auf die Fahrbahn ausweichen, weil der Falschparker den Gehweg blockiert? Und warum sollte man akzeptieren, dass man womöglich zu spät zu Terminen kommt, nur weil der Falschparker vor der Einfahrt steht?

Mancher, der auf die Denunzianten schimpft, benimmt sich scheinheilig

Hier gibt es Betroffene, die ganz klar unter den Regelverstößen rücksichtsloser, mindestens aber unachtsamer Autofahrer leiden. Es gibt klare Regeln, jeder, der einen Führerschein gemacht hat, sollte sie kennen. Und wer sich daran nicht hält, der muss die Konsequenzen tragen. Das sollte eigentlich auch jeder wissen. Sich dann hinterher hinzustellen und auf die Denunzianten zu schimpfen, ist in gewisser Weise auch scheinheilig.

Gerade in einer Zeit, in der man sowieso den Eindruck gewinnen kann, dass manche Verkehrsteilnehmer – und das betrifft sicher nicht nur Autofahrer – sich ihren eigenen Regelkatalog zusammenstellen, ist es womöglich auch verständlich, wenn andere alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um sich zu wehren und bestehende Regeln durchzusetzen.

Verkehrsüberwachung kann ihre Augen nicht überall haben

Klar wäre es wünschenswert, wenn offizielle Stellen diese Verstöße aufnehmen würden. Doch die Verkehrsüberwacherinnen und -überwacher können ihre Augen nun einmal nicht überall haben. Bleibt also der schmale Grat zwischen Denunziantentum und der Durchsetzung bestehender Regeln auf legalen Wegen. Am Ende ist vielleicht Fingerspitzengefühl gefragt. Wo jemand gefährdet wird, kann eine Anzeige sinnvoll sein. Geht es lediglich um das Überschreiten von Parkzeiten oder fehlende Parkuhren, ist sie sicherlich übertrieben.

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