Bottrop. Anlässlich des Weltvegantages am 1. November sagt Stefan Wollenberg, was es bedeutet, vegan zu Leben und welche Hürden es zu nehmen gilt.

„Just Vgn“ (einfach nur vegan) heißt der erste vegane Fachhandel in Bottrop. Im kleinen Supermarkt am Cyriakusplatz finden Kunden viele Produkte des täglichen Bedarfs. Neben einer Auswahl an Aufschnitt, Süßigkeiten, Getränken und Backzutaten werden Kosmetika und weitere Produkte deutscher Manufakturen und Start-Ups angeboten. Den Unterschied zu herkömmlichen Supermärkten beschreibt Geschäftsführer Stefan Wollenbergt: „Alle unsere Produkte sind frei von tierischen Erzeugnissen und ohne den Einsatz von Tierversuchen.“ Mit seiner Lebensgefährtin Julia Kubik eröffnete er 2021 das Geschäft.

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Wollenberg kam durch seine Freundin zum Veganismus: „Als wir zusammenkamen, lebte sie schon vegan. Ich probierte es dann auch aus und wurde überzeugt. Durch den Umstieg habe ich das Kochen für mich neu entdeckt“. Der Trend gehe ohnehin zu einem reflektierterem Essverhalten und einer ausgewogeneren Ernährung. Klimaschutz bedeute auch eigene Gewohnheiten zu überdenken und sich selbst immer wieder neu zu erfinden.

Fleisch soll wieder einen Wert bekommen

Blick in das Schaufenster von „Just VGN
Blick in das Schaufenster von „Just VGN". © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Wollenberg hat in der Vergangenheit ein gutes Stück Fleisch stets geschätzt und will auf Schnitzel, Käse und Co. nicht verzichten. „Mir hat die stetig wachsende Palette an Ersatzprodukten sehr geholfen. Ich bin dem Tierwohl, der Umwelt und dem Klima zuliebe Veganer, nicht weil ich kein Fleisch oder Käse mag“, erklärt der 42-Jährige. Fleischersatzprodukte ahmen den Geschmack und die Konsistenz tierischer Produkte nach, bestehen aber aus pflanzlichen Zutaten wie Soja und Erbsen. Auch natürliche Alternativen wie Mandelmilch ergänzen die Produktvielfalt in Supermärkten und Cafés.

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Für Wollenberg sei es anfangs mühsam gewesen, Drogerien und Lebensmittelhändler abzuklappern, um einen veganen Wocheneinkauf zu erledigen: „Gutes Gemüse und Grundnahrungsmittel sind nicht das Problem. Doch wenn man die vegane Version der Lieblingschips oder eine breite Auswahl hochwertiger Ersatzprodukte möchte, muss man mehr als einen Supermarkt aufsuchen“. Insgesamt seien viele Produkte auch nur online verfügbar. Sich Waren an die Haustür liefern zu lassen, sei mit einem Nachhaltigkeitsansatz nicht vereinbar. Darin sahen Kubik und Wollenberg eine Marktlücke.

Nicht nur Veganer kaufen vegan ein

Die Kundschaft des veganen Lebensmittelmarktes sei überraschend durchmischt. Neben der Millenial-Generation - geboren um die Jahrtausendwende - seien es gerade Ältere. „Die Nachkriegsgeneration ist den exzessiven Fleischkonsum nicht gewöhnt. Viele ernähren sich auch heute noch vegetarisch und nehmen unsere zentralen Angebote dankend an“, so Wollenberg.

Wie eine vegane Zukunft aussehen kann

Wollenberg hält die vegane Lebensweise zur Zeit noch für kostspielig, da die meisten Produkte nur in kleiner Stückzahl produziert werden und gerade die Entwicklung hochwertiger Ersatzprodukte viel Geld koste. „Die Nachfrage steigt stetig, auch bei uns. In Zukunft sollten sich die Preise durch fallende Produktionskosten also angleichen“, so Wollenberg, „Im europäischen Vergleich sind Lebensmittel in Deutschland deutlich günstiger. Tierprodukte aus industrieller Massentierhaltung sind sogar zu günstig.“ Hochwertige Ersatzprodukte müsse man daher preislich mit hochwertigem Fleisch lokaler Metzger vergleichen.

Die in tierischen Produkten enthaltenen Nährstoffe fallen für Veganer weg. Viele könne man über Hülsenfrüchte und andere Produkte aufnehmen, dennoch sind Veganer noch auf Nahrungsergänzungsmittel angewiesen. Für Wollenberg ist dies kein Problem: Hersteller hätten bereits begonnen, ihren Ersatzprodukten fehlende Vitamine und Mineralien beimischen.