Bottrop. Eine Podiumsdiskussion in Bottrop thematisiert die Folgen von Corona und Krieg für die Seele. Gerade für Jugendliche sind die Belastungen riesig.

Welche Auswirkungen haben die Pandemie und der Ukraine-Krieg auf die Bürger unserer Stadt? Haben sich mehr Sucht, Depressionen oder Ängste entwickelt? Zu diesem Thema lud der Kreuzbund-Stadtverband Bottrop am Mittwochabend zu einer Podiumsdiskussion in die Alte Börse ein.

Die bedrückenden Erfahrungen „haben bei uns allen Spuren hinterlassen“, sagte Oberbürgermeister Bernd Tischler als Schirmherr, allerdings solle „niemand mit seinen Problemen allein bleiben.“ Moderiert von WAZ-Kulturredakteur Jens Dirksen diskutierten Mediziner, Psychologen, Jugend- und Drogenberater sowie Vertreter der Sozialverbände vor rund 30 Interessierten die Folgen von Lockdowns, Isolation und Existenzängsten.

Corona-Lockdown: Probleme für Suchtkranke in Bottrop

Vor allem während der Lockdowns habe es Probleme für Suchtkranke gegeben, sich in Selbsthilfegruppen zu treffen, obwohl „das Bedürfnis nach Begegnung sehr groß war“, erläuterte Friederike Lelgemann vom Paritätischen. Es fehlte an Räumen, die in Altersheimen, Krankenhäusern, sozialen Einrichtung immer noch nicht wieder zur vollen Verfügung stünden.

Auch im Krankenhausbereich waren die Auswirkungen gravierend, es gab durch Einzelzimmerzwang weniger Aufnahmen, manche Suchtstationen mussten geschlossen werden. „Das war schon drastisch“, berichtet Psychologin Nina Krawicki vom Antonius-Krankenhaus. Manche Patienten habe Corona richtig „umgehauen“. Es gebe immer noch lange Wartezeiten. Auch im ambulanten Bereich haben sich weniger Alkoholkranke Hilfen geholt, das sei besonders für instabile Patient schwierig gewesen, sagte Suchtmediziner Dr. Jan Brockmann.

Corona, Krieg, Klimawandel: Kinder und Jugendliche stark betroffen

Einigkeit herrschte bei den Experten darüber, dass Kinder und Jugendliche sehr stark von den Auswirkungen betroffen waren. Neben Pandemie und Krieg sei auch der Klimawandel ein Ängste erzeugendes Thema, die psychologische Belastung habe stark zugenommen, es gebe ein starkes Defizit an Begegnungen.

Den Jugendlichen fehlen wichtige Jahre der Entwicklung sozialer Beziehungen: „Sie haben das Gefühl, etwas verpasst zu haben, ohne zu wissen, was sie verpasst haben“, sagte Jugend- und Drogenberater Jürgen Friedrichs. Zukunftsperspektiven seien verloren gegangen, man müsse viel aufholen. Allein um den verpassten Lernstand aufzuholen, müsse man den Leistungsdruck erhöhen, was wiederum zum starken Stress führe. Irena Wabnitz von der Bottroper Jugendhilfe bat, man soll „wohlwollender“ auf die Jugendlichen schauen.

Die Experten befürchten, dass es nicht die letzte Pandemie gewesen sei, man müsse daraus lernen, größere Flexibilität, Spielräume und Wertschätzung entwickeln. Das müsse mit einer grundlegenden Änderung des Gesundheitswesens einhergehen.

Der Kreuzbund bietet Suchtkranken und Angehörigen Hilfe zur Selbsthilfe. Stadtverband Bottrop, Gerichtsstraße 3, 02041 372 94 86, www.kreuzbund-stadtverband-bottrop.de