Bottrop. Firmeninhaber sind wegen der Verkehrspläne für die Hans-Böckler-Straße sehr besorgt. Darum glauben sie, dass die Umweltspur ihre Kunden fernhält.
Die Pläne für Bottrops erste Umweltspur lösen Existenzängste aus. Inhaberinnen und Inhaber der Firmen in Höhe des Haupteingangs zum Parkfriedhof befürchten, dass ihre Läden und Betriebe keine Zukunft mehr haben werden, wenn auf der Hans-Böckler-Straße in beide Richtungen jeweils eine Fahrbahn für Radfahrerinnen und Radfahrer sowie für Linienbusse oder auch Taxis reserviert wird. „Dann wird es vor meinem Geschäft keine Parkmöglichkeiten mehr für meine Kundinnen und Kunden geben“, bedauert Birgit Junghänel, die Inhaberin des Floristikgeschäftes „Blumich“.
Die Geschäftsinhaberin spricht für die benachbarten Betriebe, die an der Hans-Böckler-Straße direkt neben ihrem Blumengeschäft liegen, gleich mit. Auch der Steinmetzbetrieb Rogge und das Café im Haus Rogge kommen aus ihrer Sicht in Schwierigkeiten, wenn Gäste und Kunden ihre Fahrzeuge nicht mehr vor den drei Häusern die Hans-Böckler-Straße entlang stehenlassen können. Auch in der Familie Rogge wird daher unüberhörbar Kritik an den Plänen des Bottroper Verkehrsausschusses laut.
Bottrop will die Umweltspur erst einmal ausprobieren
Der Verkehrsversuch ist prinzipiell aber schon beschlossene Sache. Die Stadt will die Umweltspur an der Hans-Böckler-Straße erst einmal ausprobieren, weil die Straße dazu gut geeignet sei. Die Hans-Böckler-Straße sei mit zwei Fahrspuren in beide Richtungen breit ausgebaut und nicht voll ausgelastet. Für andere Kraftfahrer reiche somit je eine Fahrspur aus, hatte Rüdiger Lehr im Gespräch mit der WAZ erklärt. Die neue Umweltspur soll in Höhe der Eichendorfstraße beginnen und enden, sagte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses. Denn bis oder ab dort ist die Hans-Böckler-Straße in beide Richtungen auf eine Fahrbahn verengt. Vorerst sollen die Umweltspuren nur mit Farbe auf der Fahrbahn markiert werden. Dauern soll der Versuch, bis die Kanalisation in der Hans-Böckler-Straße erneuert wird.
„Ich bin selbst auch Radfahrerin, ich fahre mit dem Auto oder nehme den Bus; je nach Bedarf. Ich habe also prinzipiell gegen keinen etwas“, sagt Birgit Junghänel. Sie bezweifelt jedoch, dass der Verkehrsversuch ausgerechnet auf der Hans-Böckler-Straße Sinn macht. Gerade für die vielen Kinder, die auf dem Weg zu oder von den Schulen auf der Verkehrsachse unterwegs sind, sei es zu gefährlich, wenn sie auf der Umweltspur von den Linienbussen überholt werden. „Hier hält doch alle paar Minuten ein Bus“, sagt die Geschäftsfrau mit Blick auf die Haltestelle vor ihrem Geschäft.
Radfahrer bezweifelt Sinn und Zweck der Vorrangspur
Sie geht daher davon aus, dass viele Radfahrerinnen und Radfahrer zur Sicherheit sowieso weiterhin auf den Radwegen bleiben werden. „Die meisten Eltern werden ihren Kindern garantiert sagen, dass sie das tun sollen“, meint Birgit Junghänel. Auch Heiner Muth, der gerade mit seinem Fahrrad an ihrem Geschäft vorbeikommt, zieht den vorhandenen Radweg vor. Der Bottroper zweifelt an Sinn und Zweck der Umweltspur, gerade weil die Hans-Böckler-Straße nicht so stark belastet sei. „Hier rollt der Bus doch durch“, meint der Fahrradfahrer. Er lehne Vorrangspuren für Busse nicht generell ab, woanders seien diese nötig, damit die Busse besser vorankommen, auf der Hans-Böckler-Straße aber nicht.
Mit Blick auf das eigene Geschäft ist Birgt Junghänels Hauptsorge jedoch der Wegfall der Parkmöglichkeiten. Es gebe Parkplätze am Parkfriedhof, räumt sie ein. „Einen davon belegen aber fast komplett die Kleingärtner“, meint sie. Außerdem seien die Friedhof-Parkplätze zu weit entfernt von den drei Betrieben. Gerade für ältere Leute seien die Wege dann zu lang. Stellplätze in der nahen Beisenstraße zu suchen, komme kaum infrage. Auf der Nebenstraße sei dazu zu wenig Platz. „Und da wohnen ja auch Leute, die den Platz selbst brauchen“, sagt die Blumenverkäuferin.
Sie und auch ihre Nachbarn seien daher geradezu darauf angewiesen, dass ihre Kundinnen und Kunden ihre Autos auf der Fahrbahn der Hans-Böckler-Straße abstellen dürfen. Birgit Junghänel: „80 Prozent kommen mit dem Auto.“