Bottrop. Zwischen Kunst und Chronik - so lässt sich die Fotoschau beschreiben, die ab heute in Bottrops B12 zu sehen ist. Oder: Die Stadt in 365 Bildern.

Irgendwann geht alles einmal zu Ende. Das Jubiläum „100 Jahre Stadtrechte für Bottrop“ klingt allerdings auch drei Jahre später noch nach. Jetzt ganz konkret in der Ausstellung „365 Fotos - Ein Bottrop“, die ab heute in der neuen Ausstellungshalle B12 des Kulturzentrums zu sehen ist. Kenn ich schon, gibt’s nicht. Denn dort sind die täglichen Impressionen eines ganzen Jahres in Bottrop, die die Fotografen Michael Bokelmann und Nolin Wischermann und fünf weitere Kollegen aus dem damals noch existierenden Kreativnetzwerk Bottrop festhielten, zu sehen. In neuer Zusammenstellung und vor allem im einheitlichen Format - dem Quadrat, das in dieser Stadt ja eine nicht unwichtige Rolle spielt.

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Dabei folgt die Schau nicht der Chronologie des Buches, eigentlich überhaupt keiner Chronologie. Vielmehr hat B12-Kuratorin Katrin Reck freihändig gehängt. Sie wollte einfach nicht nach Themen, Farb- oder Schwarzweiß-Ästhetik „sortieren“, sondern diese höchst subjektiven Stadtfacetten in zumeist ungewöhnlichen Ausschnitten und deren Überraschungseffekt zeigen.

„Wow!“-Effekt stellt sich schon aufgrund der Vielzahl der Arbeiten ein

Trotz der Menge wirkt die Schau nicht erschlagend. Ein gewisser „Wow!“-Effekt stellt sich allerdings schon ein. Das geben auch Nolin Wischermann und Ralf Opiol beim ersten Rundgang zu. Und den löst keineswegs nur der Blick auf die Schokoladenseiten der Stadt, wie Parks, Sonnenuntergänge, Baudenkmäler oder süße Tiere, wie ein hochkonzentrierter Hund auf dem Fahrersitz eines Pkw, aus, sondern zunächst einmal die schiere Menge, die die riesigen Wände von B12 mühelos füllt.

Das Buch „Bottrop 365 Tage - 365 Bilder“ diente als Basis für die Ausstellung. Dafür wurden lediglich alle Fotos auf die einheitliche Form des Quadrats gebracht.
Das Buch „Bottrop 365 Tage - 365 Bilder“ diente als Basis für die Ausstellung. Dafür wurden lediglich alle Fotos auf die einheitliche Form des Quadrats gebracht. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Am Anfang steht das Bier, leider nicht aus regionaler Qualitätsbrauerei, sondern als leere Flasche der süddeutschen Billigmarke O., vermutlich gesehen an einer der prekäreren Bottroper Innenstadtlagen. Das verschmutzte, verkleisterte Pflaster lässt sich besser wiedererkennen. Die scharf gezogenen Fugen verleihen diesem Detail allerdings nicht nur grafische Struktur, sondern verraten auch künstlerischen Anspruch. Manches kommt schon nach drei Jahren stadtchronikhaft daher. „Knubbel“ Postberg inmitten der aufgerissenen Kirchhellener Straße ist heute genauso Geschichte wie manche Baustellenansicht im Hansa Center oder Häusergraffiti. Auch das Buch sei eben kein Hochglanz-Werbeband, sondern liefere ganz eigene Blicke auf die Stadt aus Fotografenperspektive, so Stadtsprecher Andreas Pläsken, der das Projekt von Anfang an intensiv begleitete.

Wer sich einlässt, vielleicht sogar etwas Zeit mitbringt, findet Überraschendes, manchmal Rätselhaftes und auf jeden Fall - auch wenn der zugrundeliegende Bildband schon ein Jahr alt ist - immer noch Neues aus der (Wahl)-Heimat.

47 Bilder der Ausstellung hängen in der City auch an Mastenrahmen - Open-Air-Galerie

„Wir würden am liebsten Werbetafeln und Laternenmaste in der Stadt mit diesen Bildern behängen“, sagte Martina Schilling-Graef bei der Präsentation des Buches „Bottrop 365 Tage - 365 Bilder“ in der Kulturkirche Heilig Kreuz im letzten Herbst. Jetzt ist diese Idee Wirklichkeit geworden.

47 dieser Fotografien fanden den Weg in diese hochgehängten Rahmen in der City. Passanten haben sich bereits gewundert, was es mit diesen Bildern auf sich hat. Denn als klassische Werbung sind sie nicht zu erkennen. „Sollen sie auch gar nicht“, sagen die Kulturamtsleiterin und Stadtsprecher Andreas Pläsken. Denn die Motive sind als Teil einer temporären Innenstadt-Galerie gedacht. „Wir wollen einfach diese Bilder zeigen, ohne sie als Ausstellungsplakate daherkommen zu lassen“, so Schilling-Graef weiter.

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So kann sie in gewisser Weise doch ihre Idee einer Innenstadt-Galerie umsetzen, für die sie eigentlich Schaufensterflächen leerstehender City-Immobilien bespielen wollte. Die ursprüngliche Idee sei leider an den Vorstellungen so mancher Immobilienbesitzer gescheitert. Aber nun habe sich ja eine temporäre Alternative aufgetan.

Das Buch - Die Ausstellung

Das Buch „Bottrop 365 Tage - 365 Bilder“ ist an der Theaterkasse des Kulturzentrums, Böckenhoffstraße 12, sowie im Bottroper Buchhandel erhältlich (ISBN: 978-3-9821722-1-7).

Die Ausstellung „365 Fotos - Ein Bottrop“ in der neuen Galerie B12 beim Kulturzentrum ist ab 8. Juli bis 30. Juli jeweils donnerstags, 16 bis 19, freitags 16 bis 18 und samstags 10 bis 14 Uhr geöffnet.