Bottrop. Die Bottroper ASB-Tagespflege hat flauschigen Besuch bekommen: Die beiden Alpakas King und Norman haben das Herz dementer Senioren erweicht.

Ja klar, eine Überraschung sei angekündigt gewesen, sagt Doris Limberg. Doch mit dem, was dann aus dem Fahrstuhl stieg, habe man ja nun nicht rechnen können. King und Norman, zwei flauschige Alpakas aus Schermbeck haben der ASB-Tagespflege Gartenstadt in Welheim einen Besuch abgestattet – und die Herzen der Gäste dort im Sturm erobert.

King frisst Doris Limberg aus der Hand, Stephanie Papierok ist auch ganz fasziniert von den Tieren, insbesondere von den Augen.
King frisst Doris Limberg aus der Hand, Stephanie Papierok ist auch ganz fasziniert von den Tieren, insbesondere von den Augen. © ASB

„Das Fell ist ganz weich und sie fressen aus der Hand.“ Das entsprechende Futter haben die Verantwortlichen der Schermbecker Farm dann auch gleich mitgebracht – und die Seniorinnen und Senioren lassen es sich nicht nehmen, die Tiere ausführlich zu verwöhnen. So oft bekomme man Alpakas ja nicht zu Gesicht und so nah dran, dass man sie anfassen kann, war Doris Limberg auch noch nicht. „Bisher habe ich sie nur mal in Grafenwald aus der Ferne gesehen“, erinnert sich die 77-Jährige.

Patienten mit Demenz reagieren unglaublich positiv auf Alpakas

Der Besuch in der Tagespflege, er hat selbstverständlich einen ernsten Hintergrund. Hier in Welheim betreut der Arbeiter Samariter Bund (ASB) eben auch Menschen, die dementiell verändert sind. Gerade die reagierten unglaublich positiv auf diese Tiere, sagt Stephanie Papierok, die stellvertretende Pflegedienstleiterin. Sie berichtet von einer Dame aus dem Treff, die hochgradig dement ist. „Als die die Hand auf das weiche Fell gelegt hat, da hat man die Reaktion richtig gesehen, da leuchteten die Augen plötzlich.“

Den Besuch in Pflege- und Senioreneinrichtungen sind die Tiere gewohnt. Insbesondere Menschen mit dementieller Veränderung reagieren positiv auf die Tiere.
Den Besuch in Pflege- und Senioreneinrichtungen sind die Tiere gewohnt. Insbesondere Menschen mit dementieller Veränderung reagieren positiv auf die Tiere. © ASB

Die Tiere seien zutraulich und den Umgang gewohnt. Die Farm sei von einer Pflegefachkraft aufgebaut Ein TV-Bericht hat die Verantwortlichen darauf gebracht, die flauschigen Gäste nach Bottrop einzuladen. Schon vor Corona habe man den Kontakt gesucht, lang hat es gedauert, bis die Tiere nun tatsächlich im Souterrain des Hauses an der Kommende stehen, in dem die Tagespflege untergebracht ist.

Alpakas erobern die Herzen in Bottrop im Sturm

Die Alpakas erobern nicht nur die Herzen der Gäste im Sturm, auch die Mitarbeiter sind hin und weg. Eigentlich habe sie nicht so einen Draht zu Tieren, sagt Stephanie Papierok. „Die haben wunderbare Augen, die einen einfach fangen.“ Für Kollegin Katharina König wird die Fahrstuhlfahrt mit den Tieren wohl unvergessen bleiben. „Auf einmal stand ich mit einem von denen im Aufzug.“ Dazu komme, so Stephanie Papierok, dass es Herdentiere sind, die sehr sozial sind. Eine Eigenschaft, die beim Besuch in der Tagespflege hilft.

Schließlich geht es hier darum, den Gästen Abwechslung vom Alltag zu Hause zu bieten. 16 bis 18 Plätze kann der ASB in Welheim eigentlich anbieten, durch Corona sei man aber noch etwas eingeschränkt, sei jetzt gerade erst wieder dabei, die Plätze komplett zu belegen, sagt Pflegedienstleiterin Sarah Stephan. „Wir bieten den Menschen hier eine Alltagsstruktur und entlasten gleichzeitig die Angehörigen.“

Man hat den Eindruck, die Tiere haben ein Lächeln im Gesicht

Ab acht Uhr kommen die Gäste in Welheim an, dann beginnt der Tag mit einem gemeinsamen Frühstück. Mittags wird frisch gekocht, bei der Vorbereitung beteiligt sich jeder nach seinen Fähigkeiten. Dazu biete man Aktivierungsrunden mit Gesang, Spiel, Gedächtnistraining oder anderen Dingen an. Betreut werden die Besucher hier sowohl von Betreuungsassistenten als auch von Pflegefachkräften. „So können wir auch die pflegerische Versorgung sicherstellen.“

Doch zurück zum tierischen Besuch: Hatte niemand Angst? Nein, im Gegenteil, erinnert sich Else Wischenkämper (92). Man hätte den Eindruck, dass die Tiere immer ein Lächeln im Gesicht gehabt hätten. Und auch Doris Limberg hat sich keine Sorgen gemacht. „Sicher ist so ein Besuch Stress für die Tiere, aber wenn sie das nicht gewohnt wären und man sich hätte Sorgen machen müssen, wäre sie mit den Tieren ja gar nicht hierher gekommen“, so ihr pragmatischer Ansatz.

Sorge vor dem Wolf: Alpaka-Farm wandert aus nach Ungarn

Hinzu kommt: Doris Limberg ist den Umgang mit Tieren von klein auf gewohnt. „Wir hatten früher bei den Eltern schon Hühner, Puten und Schweine, mein Großvater hatte Schafe und Ziegen und auch mein Mann hatte dann später Hühner und Kaninchen.“

Und wie sieht’s aus mit tierischen Hinterlassenschaften nach dem Besuch? Auch da gilt: Fehlanzeige. Norman und King haben keine Spuren auf dem Linoleum hinterlassen. Kein Zufall, Alpakas hätten auch auf ihrer Weide Bereiche, die sie eigens dafür aufsuchen, berichtet Stephanie Papierok von dem, was Mitarbeiter und Gäste gelernt haben. Ein Tabu habe es dann nämlich doch gegeben. „Man darf Alpakas nicht auf dem Kopf streicheln, dann spucken sie.“

Der tierische Besuch jedenfalls kam derart gut an, dass eine Wiederholung fest eingeplant ist. Das muss sogar noch in diesem Jahr stattfinden. Denn zum Ende des Jahres wandern die Besitzer mit ihren Alpakas aus. Eine Farm in Ungarn haben sie schon gekauft. Der Grund: In Schermbeck ist die Sorge zu groß, dass die Alpakas oder auch die Pferde, die die Familie ebenfalls hält, Opfer der Wölfe werden, so der entsprechende Bericht in der NRZ.

Tag der offenen Tür

Die Tagespflege Gartenstadt, An der Kommende 13, veranstaltet am Samstag, 9. Juli einen Tag der offenen Tür. In der Zeit von 11 bis 15 Uhr sind alle Interessenten eingeladen vorbeizukommen, sich die Räume anzuschauen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennenzulernen.

Die informieren an dem Tag unter anderem auch über die Kosten für einen solchen Tagespflegeplatz. Der wird nämlich – je nach Pflegegrad – zumindest auch anteilig bezahlt. Außerdem informieren die Verantwortlichen über ihre Selbsthilfegruppe für Angehörige. Denn oftmals seien das diejenigen, die auch Unterstützung und den Austausch brauchen.