Bottrop. Die Ele hat die Gas- und Strompreise in der Grundversorgung nahezu verdoppelt. Die schwierige Suche nach günstigeren Anbietern.
Rund 19.000 Strom- und 2400 Gaskunden in Bottrop sind von der massiven Preiserhöhung der Ele betroffen. Der Anbieter hat seine Tarife in der Grundversorgung angepasst. Eine Familie mit durchschnittlichem Gasverbrauch zahlt in der Grundversorgung künftig im Monat rund 100 Euro mehr, so hat es die Ele ausgerechnet. Der Preis für eine Kilowattstunde (kWh) verdoppelt sich von 7,26 Cent auf dann 14,54 Cent. Der Strompreis steigt – trotz Wegfall der EEG-Umlage – von 31,11 Cent auf 33,81 Cent je kWh.
Nur: Bieten sich für die betroffenen Kunden nicht günstigere Alternativen, möglicherweise auch bei anderen Anbietern? So einfach ist es leider nicht. Die Ele selbst sagt mit Verweis auf Online-Vergleichsportale: „Auch nach der Preiserhöhung zum 1. August liegt die Ele aus heutiger Sicht mit der Grundversorgung günstiger als die bestplatzierten Anbieter bzw. liegt sie im Ranking unter den Bestplatzierten.“
Komplizierte Bonusregeln bergen Risiken für Verbraucher
Der Vergleich im Internet bestätigt das. Eine schnelle Suche nach Stromanbietern für den Postleitzahlenbereich 46236 – bezogen auf einen Vierpersonenhaushalt und einen Verbrauch von 4250 Kilowattstunden und einer Laufzeit von einem Jahr – zeigt nicht viele preiswertere Alternativen. Sucht man nach Tarifen ohne Bonuszahlung, ruft der günstigste Anbieter im Vergleich, Goldgas, für die Kilowattstunde 36,6 Cent aus – und auch da ist der Wegfall der EEG-Umlage schon berücksichtigt. Der Grundpreis liegt hier bei 86,97 Euro pro Jahr, zum Vergleich: Die Ele verlangt 111,73 Euro.
Eine Chance, beim Strom zu sparen, sind dann allenfalls noch die Boni, die einige Anbieter bieten. Dann kommt man laut Verivox auf monatliche Gesamtkosten von rund 130 Euro für Strom – wobei die Boni bereits berücksichtigt sind. In dem Fall kostet die Kilowattstunde Strom beim Gesamtgünstigsten Enstroga Energie stolze 40,59 Cent, der Grundpreis liegt bei 118,10 Euro pro Jahr. Dagegen steht aber ein Sofortbonus von 30 Euro und ein Neukundenbonus in Höhe von 15 Prozent. Dazu heißt es bei Verivox: „Der Bonus wird in der Regel nach einem vollen Belieferungsjahr auf der Jahresrechnung gutgeschrieben. Etwaige Vorauszahlungen werden durch Bonuszahlungen nicht gemindert.“
Grundgebühren sind oftmals niedriger als beim Bottroper Grundversorger
Nicht viel anders die Suche nach Alternativen für Gas. Zugrunde liegt auch hier der Postleitzahlenbereich 46236, dazu eine 100 Quadratmeter große Wohnung und ein Jahresverbrauch von 12.000 Kilowattstunden. Hier wirft Verivox mit Yippie, New Energie und Montana nur drei Anbieter aus, bei denen die Kilowattstunde Gas günstiger ist als in der Ele-Grundversorgung. Demnach verlangt Montana 14,24 Cent, Yippie 14,32 Cent und New Energie 15,25 Cent für die Kilowattstunde.
Allerdings sind die Grundgebühren hier teils um mehr als die Hälfte günstiger. Die Ele ruft als Grundpreis pro Jahr 142,80 Euro auf, bei den Vergleichstarifen reicht die Grundgebühr von 60,58 (Yippie) bis zu 77,81 Euro (New Energie) pro Jahr. Dafür bietet New Energie den Neukunden einen Bonus von einmalig 178,50 Euro an. Montana und Yippie bieten in ihren günstigsten Angeboten allerdings nur eine einmonatige Preisgarantie. Wer den Preis länger garantiert haben möchte, zahlt bei Yippie dann 14,33 Cent, bei Montana 15,02 Cent. Im Schnitt liegen alle Angebote bei Gesamtkosten von rund 150 Euro im Monat.
Einst teure Grundversorgungstarife sind zu wettbewerbsfähigen Tarifen mutiert
Die Suche zeigt: Es gibt Tarife, die günstiger sind als die Ele-Grundversorgung, doch die Zeit der ganz großen Preisunterschiede scheint vorbei. Im Zweifel muss man sich, um zu sparen, auf komplizierte Bonusauszahlungen einlassen. Und wer das tut, der sollte einige Dinge beachten.
So empfiehlt die Verbraucherzentrale unter anderem, dass man Tarife mit Bonus nur wählen sollte, wenn man seine Verträge gut im Blick hat. Weil Tarife mit Bonus ab dem zweiten Vertragsjahr oft besonders teuer sind, sollte man nach einem Jahr auf jeden Fall wieder den Anbieter wechseln. Außerdem raten die Verbraucherschützer: „Für Boni werden teils komplizierte Bedingungen aufgestellt. Prüfen Sie diese vorab und halten Sie die Auszahlung nach.“
Und so analysiert man die entsprechenden Rankings dann auch bei der Ele. „Bisher waren die Grundversorgungstarife der Energieversorger stets die teuersten Produkte, nun haben sie sich aktuell zu wettbewerbsfähigen Tarifen entwickelt, weil der Preisanstieg gleichermaßen die Wettbewerber trifft“, sagt Sprecherin Tina Lindner.
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Unabhängig von allen Preisvergleichen bleibt es für die betroffenen Bottroper Haushalte bei einem bitteren Fazit. Für sie werden Strom und Gas in jedem Fall teurer – selbst bei einem Wechsel des Anbieters. Denn derzeit gibt es auf dem Markt keine Angebote, die auch nur annähernd den Preis aufrufen, der bisher in der Grundversorgung des Bottroper Anbieters galt.
Keine Unterscheidung zwischen Neu- und Bestandskunden
Die neuen Preise ab August treffen alle Kunden in der Grundversorgung. Hier gibt es keine Unterscheidung zwischen Neu- und Altkunden. Eine solche Trennung hätte zwei unterschiedliche Grundversorgungstarife zur Folge. „Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass für grundversorgte Kunden allgemeine Preise veröffentlicht werden, die dann für alle Kunden in der Grundversorgung gleichermaßen anzuwenden sind“, sagt Pressesprecherin Tina Lindner. Eine Trennung in „Bestandskunden in der Grundversorgung“ und „Neukunden in der Grundversorgung“ sei mit zwei unterschiedlichen Grundversorgungstarifen verbunden. „Dies ist nicht zulässig, weil es zu einer Ungleichbehandlung dieser Kundengruppe führt.“Andere Grundversorger haben es in der Vergangenheit anders gehandhabt und es mit der Pleite einiger Anbieter begründet. Als Folge davon hätten sie eine Vielzahl Neukunden aufnehmen müssen, die vorher bei der Beschaffung nicht einkalkuliert waren. Dafür müsse Strom und Gas zu höheren Preisen zusätzlich beschafft werden. Laut Holger Schneidewindt, Energie-Experte bei der Verbraucherzentrale NRW, ist diese Frage „rechtlich sehr umstritten“. Tatsächlich gibt es unterschiedliche Gerichtsurteile zu der Frage. Eine endgültige rechtliche Klärung gebe es bisher nicht, sagt Tina Lindner. Im Konzern werde es so gedeutet, dass es nicht zulässig sei, weil es eben eine Ungleichbehandlung der Kunden sei.