Bottrop. In vollen Bussen durch Bottrop. Ein unverbesserlicher Autofahrer musste den Wagen stehen lassen. Da kam das Neun-Euro-Ticket für ihn wie gerufen.

Das Neun-Euro-Ticket war der entscheidende Impuls. Ohne die vergünstigte Monatsfahrkarte hätte der unverbesserliche Autofahrer vermutlich nie freiwillig einen Fuß in einen Stadtbus gesetzt. Da mochte ein guter Kumpel noch so sehr dafür werben. Der nämlich fuhr in Bottrop inzwischen längst im Bus zum Stadtfest, zur Kneipennacht oder zum Markt - und ergriff die Initiative. Unverhofft kam sein Anruf: „Ich habe für dich einfach mal ein Neun-Euro-Ticket mitgekauft, kannst du dir abholen“. Das ließ sich der unverbesserliche Autofahrer nicht zweimal sagen. Nennen wir ihn einfach Norbert.

Das Ticket-Angebot kam schließlich wie gerufen. Das Cabriolet musste in die Werkstatt. Reifenwechsel, Ölwechsel, TÜV-Termin. Bisher ließ Norbert sich immer im Pkw vom Autohaus abholen und anderntags wieder hinbringen. Das wurde zuletzt schwieriger. Kaum einer fand mitten am Tag noch Zeit dazu. Besagter Kumpel zum Beispiel kann seinen Wagen nicht einmal mehr starten, so lange steht der ungenutzt herum. In Kürze kommt die Karre sogar auf den Schrott.

Zwei Fahrten mit dem Taxi kämen gut viermal so teuer

Rufst du dir eben ein Taxi, sagte sich Norbert, bevor ihm schließlich dämmerte, dass das ja in diesen preisgetriebenen Zeiten schon ein ziemlicher Luxus wäre im Vergleich zum Linienbus. Schließlich kämen ihm die beiden Taxifahrten mehr als viermal so teuer zu stehen wie das Neun-Euro-Ticket. Nur - ganz so einfach ist so ein Einstieg in den Umstieg für unverbesserliche Autofahrer ja auch wieder nicht. Welcher Bus bringt mich von der Werkstatt am Südring nach Grafenwald? Wo liegen die nächstgelegenen Haltestellen? Wann kommt da der Bus überhaupt an? Wo und wann muss ich etwa umsteigen?

Wer nicht an den ÖPNV gewöhnt ist, für den ist es anfangsgar nicht so leicht, einen Fahrplan zu lesen.
Wer nicht an den ÖPNV gewöhnt ist, für den ist es anfangsgar nicht so leicht, einen Fahrplan zu lesen. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Der Fahrplan der Vestischen ist da selbstverständlich eine Hilfe - wenn so ein unverbesserlicher Autofahrer sich traut, einige Empfehlungen einfach zu ignorieren. Erstaunt stellte der nämlich fest, dass er da fast schon die Qual der Wahl hätte: Zu Fuß zum Hauptbahnhof zu gehen, von dort weg und weiter mit der S-Bahn nach Gladbeck-West zu düsen, weiter mit dem Schnellbus oder Anrufbus nach Grafenwald-Mitte zu fahren, oder vielleicht noch eine Kurve über Dorsten zu machen, das wollte der Kurzzeit-Umsteiger dann aber doch nicht. Der Fahrplan gibt schließlich auch viel einfachere Strecken her.

Planer verlängern Fußweg um einige hundert Meter

Die Vestische geht für alle Fälle auf Nummer sicher. Dass ein Kunde einfach schnell über die Straße huschen könnte, um zur nächsten Haltestelle zu gelangen, kommt ihren Planern offenbar nicht in den Sinn. Sie schicken den Kunden so korrekt wie lebensfern erst zum nächsten Fußgängerüberweg samt Ampel und von dort zur Haltestelle; egal ob das einige hundert Meter mehr Fußweg ausmacht. Mit Hilfe von Maps und Fahrplan stand die beste Busstrecke schließlich aber doch. An der Südring-Haltestelle wartete Norbert sitzend auf den Bus, der ihn auf der Linie 262 bis zum Zentralen Omnibusbahnhof brachte.

In den Bus der Linie 267 nach Kirchhellen mit Zwischenstopp an der Haltestelle Hege-/Bottroper Straße umzusteigen, war ein Klacks. „Alle haben jetzt ein Neun-Euro-Ticket“, staunte ein Fahrgast, der in den Bus eilte. „Klar, ich auch“, antwortete Norbert fröhlich. Der Mann erzählte, dass in Duisburg eine Bahn nicht weiter fuhr, weil sie überfüllt war. In dem Bottroper Bus waren genügend Plätze frei, und der freundliche Fahrer wartete sogar noch, dass eine junge Frau, die die Zeit vertrödelt hatte, doch noch zusteigen konnte. Den kleinen Zeitverlust holte er locker wieder rein und der einst unverbesserliche Autofahrer spürte in dem rüttelnden und rappelnden Bus, wie schlecht die Straßenbeläge auf der Hans-Sachs-Straße wirklich sind.

Vorsicht vor der sich blitzschnell öffnenden Bustür

Von einer durchweg bequemen Busfahrt konnte am Tag darauf erst recht keine Rede sein. Der Bus auf der Linie 267 war rappelvoll. Norbert stand ohnehin irritiert vor dem Aushängefahrplan an der Haltestelle und las 16 09 26 39. Hatte er den Bus etwa verpasst? Jetzt war es 16.35 Uhr. Dass die Zahlenreihe nicht die eine Uhrzeit 16 Uhr und 9 Minuten und 26 Sekunden und so weiter angibt, sondern drei An- und Abfahrtzeiten des Busses in der Stunde ab 16 Uhr muss so einem unverbesserlichen Autofahrer schließlich erst einmal klar werden. Aber da hielt der volle 267er auch schon.

Die freundliche Fahrerin erlaubte dem Neukunden, sich vorne neben ihrem Sitz hinter die Barriere zu stellen. „Vorsicht“, rief sie an der nächsten Haltestelle, damit ihm nicht die sich öffnende Bustür in den Rücken knallte. Beim Umsteigen am ZOB in den 262er zum Südring begegnete der unverbesserliche Autofahrer dann einem unverbesserlichen Busfahrer. Nennen wir ihn Kai. „Norbert fährt Bus?“, staunte der in dem Gedränge um die Busse ungläubig, als er er in den Bus stieg, den sein Kollege gerade eilig verlassen hatte.

Die nächste Haltestelle wäre in Höhe der Sarterstraße

„D i e zwei Fahrten hättest du natürlich auch günstiger haben können als mit dem Neun-Euro-Ticket. Dafür allein hättest du nur zwei Einzeltickets kaufen müssen“, sagte der Neun-Euro-Ticket-Kumpel dem unverbesserlichen Autofahrer inzwischen. Doch Norberts nächste Busfahrten stehen bald bevor. Auch das Fahrrad muss in die Werkstatt. Inspektion, Reifenwechsel. Mit dem Rad zur Werkstatt fahren, wäre kein Problem. Wie aber kommt er zurück und wieder hin? So viel weiß Norbert schon mal: Nächste Haltestelle Sarterstraße.

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