Bottrop/Ruhrgebiet. Die Immuntherapie steigert die Überlebenschancen für Brustkrebspatientinnen. Sie ist nicht für alle Betroffenen geeignet – die Voraussetzungen.

Die Diagnose Brustkrebs, sie ist für die Betroffenen ein Schock. Bei 67.000 Frauen pro Jahr in Deutschland wird ein Mammakarzinom festgestellt, es ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen und bei 30- bis 50-Jährigen die häufigste Todesursache.

Doch es gibt Therapiemöglichkeiten, die die Überlebenschance deutlich steigern. Eine davon ist die Immuntherapie. Dr. Hans-Christian Kolberg, Chefarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe des Marienhospitals Bottrop, hat beim WAZ Medizinforum im Marienhospital diese neue Behandlungsmöglichkeit für Brustkrebspatientinnen vorgestellt.

Die Diagnose Brustkrebs: Häufigste Krebserkrankung bei Frauen

Mehr als ein Viertel der Krebserkrankungen bei Frauen – 27,8 Prozent – gehen auf die Brustdrüse zurück. Das Mammakarzinom ist damit die häufigste weibliche Krebserkrankung, bei Männern rangiert der Prostatakrebs mit 25,4 Prozent auf einem ähnlichen Niveau.

Nur ein Prozent der Brustkrebspatienten in Deutschland ist männlich. Bei 67.000 Frauen im Jahr wird ein Mammakarzinom festgestellt, mehr als 17.000 von ihnen überleben jährlich diese Diagnose nicht. Und doch: „Es gibt kaum ein Land auf der Welt, in dem die Überlebensrate mit Brustkrebs so hoch ist wie in Deutschland“, sagt Dr. Hans-Christian Kolberg.

Wie jede Art von Krebs entsteht das Mammakarzinom durch eine Fehlsteuerung des Zellwachstums. Dabei durchwachsen die Tumore das Brustdrüsengewebe und können manchmal Metastasen ausbilden.

Brustkrebs: Die unterschiedlichen Formen

Mediziner unterscheiden den Brustkrebs nach seiner biologischen Eigenschaft. Bei drei Typen werden an der Zelloberfläche spezifische Rezeptoren nachgewiesen: entweder Hormonrezeptoren (für Östrogen und Progesteron) oder HER2-Rezeptoren (human epidermal growth factor receptor type 2).

Zudem gibt es eine vierte Form des Brustkrebs, die besonders aggressiv und schwieriger zu behandeln ist: den triple-negativen Brustkrebs. Er betrifft 15 bis 20 Prozent der Brustkrebspatientinnen, oft jüngere Frauen, die Überlebenschancen sind schlechter als bei anderen Tumorarten, weil er weder für eine Antihormon- noch eine andere Antikörpertherapie empfänglich ist. Hier setzt die Immuntherapie an und kann die Heilungschancen deutlich verbessern.

Die Immuntherapie: Behandlungsmethode bei triple-negativem Brustkrebs

Das Problem bei Krebstumoren ist, dass der Körper die Tumorzellen nicht als fremd wahrnimmt. Anders ist das zum Beispiel bei einer Entzündung: Der Körper erkennt sie und stößt sie ab, Fieber ist dann eine häufige Abwehrreaktion. „Bei Krebstumoren blockieren Signale aus dem Tumorgewebe den Angriff der Immunzellen“, erklärt Dr. Hans-Christian Kolberg. „Die Immuntherapie kann diese Bremse des Immunsystems lösen.“

Dr. Hans-Christian Kolberg hat beim WAZ-Medizinforum im Marienhospital Bottrop über die Möglichkeiten der Immuntherapie bei Brustkrebserkrankungen aufgeklärt.
Dr. Hans-Christian Kolberg hat beim WAZ-Medizinforum im Marienhospital Bottrop über die Möglichkeiten der Immuntherapie bei Brustkrebserkrankungen aufgeklärt. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Die Immuntherapie setzt da an, dass sie den Krebs für das körpereigene Immunsystem sichtbar macht, ihm dabei hilft, den Tumor zu bekämpfen. Sogenannte „Checkpoint-Inhibitoren“ blockieren den Signalweg und stellen die Abwehr scharf. Bildlich gesprochen reißt die Immuntherapie den Zellen ihre Tarnkappen ab und sorgt dafür, „dass das Immunsystem in Hab-Acht-Stellung ist“, sagt Dr. Kolberg. Dazu wird den Patientinnen eine Chemotherapie verabreicht, um die Immunabwehr zusätzlich zu stimulieren. „Die Chemotherapie schwächt zwar die Infektabwehr, lässt aber sterbende Tumorzellen ihre Struktur freigeben.“

Immuntherapie bei Brustkrebs: Die Heilungschancen

Aktuell sind zwei Medikamente für die Immuntherapie für Brustkrebspatientinnen mit triple-negativem Brustkrebs zugelassen. Studien zeigen, dass ihre Heilungserfolge deutlich höher sind als bei der reinen Chemotherapie.

Bei 60 Prozent der Patientinnen, die nur eine Chemotherapie bekommen haben, war nach der Behandlung kein Tumor mehr nachzuweisen. Diese Quote lag bei den Patientinnen, die Chemo- und Immuntherapie erhalten haben, bei rund 80 Prozent. Die Sterblichkeit sank um 29 Prozent.

Immuntherapie bei Brustkrebs: Die Nebenwirkungen

Nebenwirkungen treten, so Dr. Hans-Christian Kolberg, nur bei ein bis drei Prozent der Immuntherapie-Patientinnen auf, „aber bei ihnen relativ hartnäckig“. Zu den Nebenwirkungen zählen:

  • trockene Haut
  • Leberentzündung
  • Funktionsstörung der Schilddrüse
  • Entzündung der Mundschleimhaut
  • Entzündung im Darm
  • Durchfall, Blähungen, Erbrechen
  • Müdigkeit

Immuntherapie bei Brustkrebs: Die Ansprechpartner

Die Behandlung von Brustkrebs sollte immer in einem zertifizierten Brustkrebszentrum durchgeführt werden, rät Dr. Hans-Christian Kolberg. Sie erfüllen die Anforderungen an eine Brustkrebstherapie in vollem Umfang und sichern aufgrund ihrer medizinischen Ausstattung und Fachkunde die notwendige Behandlungsqualitäten. In die Behandlung sind unterschiedliche Fachärzte eingebunden, zum Beispiel Gynäkologen, Onkologen, Chirurgen, Pathologen, Strahlentherapeuten.

Zertifizierte Brustkrebszentren im Ruhrgebiet gibt es am Marienhospital Bottrop, am Knappschaftskrankenhaus Dortmund, im St. Anna Hospital Herne, am Universitätsklinikum Essen, an den Kliniken Essen-Mitte, am Marien Hospital Witten sowie im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke. Weitere Infos finden Sie unter www.senologie.org/brustzentren.