Bottrop. In Bottrop startet die Selbsthilfegruppe „Alleine im Alter für sich sorgen“. Dort soll es um Vorsorge und gegenseitige Unterstützung gehen.

Es war ein einschneidendes Erlebnis, das Gerda (74) ins Grübeln brachte: Ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes ist sie in ihrer Wohnung einfach umgekippt, fand sich irgendwann auf dem Boden wieder, schaffte es zum Glück, zum Telefon zu robben und die 112 zu wählen. „Aus dem Krankenhaus entlassen wurde ich nach drei Tagen mit Bademantel und Hausschuhen“ – weil sie niemanden hatte, der ihr Kleidung hätte bringen können. Daraus wuchs die Erkenntnis: Ich, als Alleinstehende, muss bestimmte Vorsorgen treffen und mir ein Netzwerk aufbauen. Daher gründet die Bottroperin nun die Selbsthilfegruppe (SHG) „Alleine im Alter für sich sorgen“.

Neue SHG in Bottrop: Seniorin will Experten einladen

Nun ist Gerda, die ihren Nachnamen lieber nicht veröffentlichen möchte, nicht völlig ohne Familie. Aber ihre Tochter lebt nicht nur weit weg in Hamburg, sie ist auch eine Weltenbummlerin, gerade wieder auf dem Sprung nach Amerika. So geht es ja vielen Älteren: Die Kinder oder andere Angehörige, so es sie überhaupt gibt, wohnen nicht in der Nähe und können nicht mal eben einspringen, wenn Not am Mann – beziehungsweise an der Frau – ist.

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„Manche Sachen sind ja gut zu regeln“, weiß Gerda. So habe sie persönlich bereits eine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Aber sie weiß, dass andere auch in diesem Feld noch Beratungsbedarf haben. Das könnte ein Thema für einen Referenten-Vortrag in der neuen SHG sein. Denn Experten und Expertinnen für die verschiedenen Fragestellungen sollen auf jeden Fall eingebunden werden.

Wohnen im Alter als eine zentrale Frage

Dabei könnte es um Themen gehen wie: Wo finde ich eine Einkaufshilfe? Wie organisiere ich Unterstützung im Alltag? Essen auf Rädern? Ist ein Hausnotruf sinnvoll – und wie komme ich daran? Was ist ein gesetzlicher Betreuer und wann wird der gebraucht? Welche Vorsorge sollte man rund um die Bestattung treffen – und welche Bestattungsarten gibt es eigentlich alles? Gerda zum Beispiel hat von ihrem Mann, einem Hobby-Flieger, über einen niederländischen Anbieter per Flugbestattung Abschied genommen. Eine Anregung vielleicht auch für andere Flugbegeisterte.

Für die Bottroperin ist zum Beispiel die Frage des Wohnens im Alter eine zentrale. Eine stadtnahe Senioren-Wohngemeinschaft, wie nach zehn Jahre währendem Kampf jetzt an der Böckenhoffstraße in einem eigenen Haus realisiert, würde auch sie vorziehen. „Aber das ist nicht so einfach“, glaubt sie. Andrea Multmeier vom Paritätischen, die zusammen mit Friederike Lelgemann vom Selbsthilfebüro die Gruppengründung unterstützt, glaubt indes an die Kraft des SHG-Miteinanders: „Initiative zu zeigen, sich zusammenzutun, Ideen zusammenzutragen – das ist schon der erste Schritt.“

Gleichzeitig könnte das durch die SHG entstehende Netzwerk Dinge leisten wie Kontrollanrufe untereinander: „Man hört ja immer wieder, dass Menschen nach einem Sturz einen Tag oder länger unbemerkt in der Wohnung liegen“, meint Gerda.

Gegenseitige Unterstützung kann es auch im Freizeitbereich geben. Ob man sich nun Tipps gibt, wo es etwa empfehlenswerte Chorproben – Gerda singt im Schlager-Chor – oder Kulturveranstaltungen gibt, oder aus der SHG heraus vielleicht eine Gesellschaftsspiele-Gruppe gründet. Vieles ist möglich in einem Netzwerk, bei dem die Mitglieder sich gegenseitig tragen. „Ich fühle mich nicht einsam“, sagt Gerda. „Aber all diese Sachen machen nachdenklich. Es wäre schön, Leute zu finden mit ähnlichen Ideen.“

Unabhängig von Alter und Geschlecht

Das erste Treffen der Selbsthilfegruppe „Alleine im Alter für sich sorgen“ ist am Donnerstag, 28. April, von 11 bis 12.30 Uhr geplant. Ort: Haus der Vielfalt, Gerichtsstraße 3. Jeden vierten Donnerstag im Monat sollen die Gruppentreffen stattfinden.

Alleinstehende, die Interesse an der Teilnahme haben, können sich melden im Selbsthilfebüro Bottrop, 02041 2 30 19,

Dabei sind Alter und Geschlecht egal. Auch 50-Jährige zum Beispiel, die die Themen der SHG interessieren, sind willkommen.