Bottrop. Im Programm „Punkt. Punkt. Komma, Strich“ gehen Animationsfilme und Musik aus den letzten 100 Jahren in Bottrop eine spannende Verbindung ein.

Viele werden sie noch kennen, diese rotzfrechen Strichmännchen, die Osvaldo Cavandoli als „La Linea“ in den 70er- und 80er-Jahren buchstäblich auf dem Strich gehen ließ. Eben jener „Linea“, die diesen Animationsfilmen den Namen gab. Am Sonntag gibt es ein Wiedersehen mit diesen Figuren im Malakoffturm. Dann werden sie nicht in überdrehtem italienischen Parlando plappern, sondern gehen eine Synthese mit der Schwarzen Witwe ein, der„Merry black Widow“. Dieses Salonmusik-Potpourri hat der Wiener Komponist (und Klarinettist) Alfred Prinz 1969 geschaffen.

Aufführung musste zwei Mal verschoben werden

Dies ist aber nicht das einzige „Schmankerl“, das Beate Schmalbrock und das Klangturm-Ensemble im alten Industriedenkmal endlich vorstellen, nachdem die Aufführung zwei Mal corona-bedingt verschoben wurde. Mit der Oboistin Nai-Hua Chuang und Sebastian Langer an der Klarinette hat sie gerade einen Probedurchlauf eines Trios der Komponistin Violeta Dinescu (geb. 1953) beendet.

Auf der hohen weißen Rückwand des alten Förderturms flimmert dazu der Animationsfilm „Zwischen Anfang und Ende“ von Theo Kerp. Ein kurzer Streifen, in dem gezeichnete Szenen in Live-Bilder übergehen, mit wenigen grafischen Elementen, die sozusagen eine visuelle Brücke zu den vorherigen gezeichneten Episoden bilden.

Musik und Klang bilden eine Einheit im neuen Malakoff-Programm „Punkt. Punkt. Komma, Strich“, obwohl sie nicht füreinander geschaffen wurden. „So entsteht jeweils Neues“, findet Sebastian Langer, der nach seinem künstlerischen Abschluss des Klarinettenstudiums gerade dabei ist, auch den Studiengang Neue Musik an der Essener Folkwang-Uni zu beenden, den Kollegin Nai-Hua Chuang gerade begonnen hat.

Er ist neu in Beate Schmalbrocks Klangturm-Ensemble, das sich am Sonntag noch um die Bottroper Hornistin Isabelle van de Wiele, Kornelia Borcsik am Fagott und den Wuppertaler Schlagzeuger Franz-Josef Staudinger erweitert.

Gerade für zeitgenössische Musik ist das Ruhrgebiet ein spannender Raum

„Gerade in der Neue Musik-Szene arbeiten viele eher projektbezogen, sind in verschiedenen Ensembles und Formationen engagiert“, sagt Sebastian Langer. Er ist selbst schwerpunktmäßig in Sachen zeitgenössischer Musik unterwegs und ist jetzt neu im Klangturm-Ensemble. Seine Vorgängerin hat es beruflich gerade nach Mannheim gezogen.

Der Klarinettist hat lange in Würzburg studiert und sich als gebürtiger Düsseldorfer dann doch für das Ruhrgebiet (Essen) als Lebensmittelpunkt entschieden. „Im Vergleich zu Würzburg, einer alten, aber auch sehr konservativen Kulturstadt, ist Rhein-Ruhr doch erfrischend vielseitig, gerade auch was Neue Musik angeht, selbst ja hier, in Bottrop, und dann noch an so einem tollen Ort.“

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Auch das Klangturm-Ensemble, das aus dem früheren „Bottroper Kammerorchester“ hervorging, lebt von diesen wechselnden Besetzungen und dem großen Pool gut ausgebildeter Instrumentalisten. „Und doch sind wir ein Ensemble mit einem festen Stamm von Musikerinnen und Musikern, auf die wir immer zurückgreifen können und die sich hier für Zeitgenössisches stark machen“, sagt Leiterin Beate Schmalbrock. „Na ja, zeitgenössisch: Immerhin spielen wir jetzt auch Musik und zeigen Filme, die an die 100 Jahre auf dem Buckel haben.“

„Punkt. Punkt. Komma, Strich“ – so beginnt nicht nur ein bekannter Kindervers, so heißt auch das neue Programm mit Musik und Animationsfilm im Bottroper Malakoffturm.
„Punkt. Punkt. Komma, Strich“ – so beginnt nicht nur ein bekannter Kindervers, so heißt auch das neue Programm mit Musik und Animationsfilm im Bottroper Malakoffturm. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Das einleitende Quintett von Pavel Haas stammt von 1929, der dazu gezeigte knapp achtminütige Animationsfilm „Symphonie diagonale“ des Schweden Viking Eggeling entstand 1924 und zählt zur Bauhaustradition. Aufbereitet hat die Filme übrigens der Bottroper Ferdinand Fries. „Aber dabei ging es nicht um substanzielle Eingriffe oder Veränderungen, wir haben immer Respekt vor den Ursprungswerken, sondern ums Anpassen von Längen oder Tempo“, so Beate Schmalbrock.

Termine & Karten

Die neue Ausgabe der Reihe „Klangturm Malakoff“ ist am Sonntag, 27. März, um 17 Uhr im denkmalgeschützten Malakoffturm der ehemaligen Zeche Prosper II, Knappenstraße 36, zu hören. Karten zu 12/erm. 8 Euro gibt es an der Theaterkasse im Kulturzentrum, Böckenhoffstraße 12. 02041-70 33 08.Die Generalprobe am 27. März um 11 Uhr ist öffentlich. Karten dafür: 8/erm 6 Euro. Karten für beide Aufführungen gibt es auch vor Beginn direkt im Malakoffturm.

Und was wäre ein Klangturm-Malakoff-Programm ohne eine Uraufführung: Die gibt es jetzt mit dem Gedicht „In Süße berstend“ des Folkwang-Preisträgers Klaus Damm. Der Schüler von Nikolaus A. Huber und Dirk Reith komponiert eher elektronisch, computergestützt. „Beim Probenbesuch zeigte er sich aber wirklich begeistert von der Umsetzung durch die Instrumente und die dafür geschaffene Video-Viseografie“, erzählt die künstlerische Leiterin der Reihe. Die ist seit Beginn geprägt von der Verbindung zwischen Musik, Tanz, Malerei und jetzt auch Dichtung und Film.