Bottrop. Eine Anwohnerin der Kirchhellener Straße empfindet die sechsmalige Reinigung als zu oft. Die Folge: hohe Nebenkosten. Sie streitet mit der Best.

Diese Geschichte klingt merkwürdig, ist aber wahr. Die Kirchhellener Straße vor der Haustür einer WAZ-Leserin wird täglich gesäubert, obwohl sie in einem sauberen Zustand erscheint. Von Montag bis Samstag reinigt die Best in der Innenstadt unter anderem jenes Teilstück nahe des Rathauses.

„Die Straße ist sauber“, findet die Bottroperin, die ihren Namen nicht in der Zeitung nennen möchte. Sie würde sich eine Reinigung nur dreimal in der Woche wünschen. Stattdessen fährt sechsmal in der Woche eine Kehrmaschine vorbei und entfernt den Müll aus dem Rinnstein, wo meistens keiner ist, wie die WAZ-Leserin berichtet. Sie meint: „Ich sehe für eine sechsmalige Reinigung keine Notwendigkeit.“ In ihrem Fall betragen die Kosten der Straßenreinigung für dieses Jahr fast 317 Euro, die wiederum auf die Mieter umgelegt werden.

Zu häufige Straßenreinigung: Bottroperin schreibt an die Best

Im Oktober 2017 unternimmt sie den ersten Vorstoß und besucht die Sprechstunde bei Bürgermeister Klaus Strehl. Er macht sich schlau und schreibt ihr später per E-Mail, „dass die Kirchhellener Straße von Hausnummer 1 bis 56 täglich (...) gereinigt wird, weil sie eine direkte Zufahrt zur Innenstadt ist“. Durch das erhöhte Verkehrsaufkommen falle dort mehr Feinstaub an, als in weniger frequentierten Bereichen. Beim letzten Satz kann die Anwohnerin nur den Kopf schütteln: „Ich frage mich, wie man mit dem groben Besen der Kehrmaschine Feinstaub entfernen soll?“

Einen Monat später wendet sie sich an Paul Ketzer, den Ersten Beigeordneten der Stadt und Verwaltungsratsvorsitzender bei der Best. Anschließend erhält sie eine schriftliche Antwort von dessen Vorstand, unterschrieben von Uwe Wolters und Carsten Sußmann. Ein Satz im Schreiben sorgt bei ihr für Irritationen: „Die Reinigungshäufigkeit muss nicht notwendigerweise nach dem individuellen Verschmutzungsgrad der Straße festgelegt werden, sondern darf auch auf die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Gebiet abgestellt werden.“

Best: Sechsmalige Reinigung ist erforderlich

Das heißt vereinfacht ausgedrückt, wenn Nachbarstraßen wie die Böckenhoffstraße verschmutzt sind, wird die Kirchhellener Straße gleich mit gesäubert, obwohl sie sauber ist. Die Best schließt das Schreiben mit: „Die Betrachtung des Verschmutzungsbildes im Kernbereich der Innenstadt über das Jahr hinweg gesehen erfordert eine sechsmalige Reinigung pro Woche.“

Doch die Bottroperin lässt nicht locker. Im Juli des vergangenen Jahres wendet sie sich zusammen mit einigen Nachbarn und ihrem Anliegen an Oberbürgermeister Bernd Tischler. „Wir schauen jeden Abend auf eine saubere Straße. Nur im Herbst liegen dort mal Blätter“, schreiben sie. Und weiter: „Wir fragen uns: Warum müssen wir als Anwohner, für die Folgen des erhöhten Verkehrsaufkommens bezahlen?“ Die Kosten für die tägliche Reinigung seien nicht unerheblich und treiben die Nebenkosten in die Höhe. Aus ihrer Sicht würde eine dreimal wöchentliche Reinigung ausreichen. „Zumal die Kehrmaschine am frühen Morgen fährt. Das stört und verursacht Abgase.“

Nächster Vorstoß: Anwohnerin gibt nicht auf

Daraufhin erhält sie Post. Allerdings nicht vom Oberbürgermeister, sondern von Paul Ketzer. Er bezieht sich auf die vorherigen Ausführungen und Stellungnahmen. „Seitdem haben sich weder die tatsächlichen Verhältnisse noch die rechtlichen Grundlagen geändert. Ich vermag daher keinen Grund zu erkennen, der jetzt zu einer anderen Bewertung führen könnte.“

Und wieder lässt die Bottroperin nicht locker. Sie sucht erneut das Gespräch. Diesmal mit Uwe Wolters, Vorstandsvorsitzender der Best. Im November schreibt er ihr per E-Mail: „Leider können wir für Ihren Bereich keine andere Reinigungsfrequenz anbieten. Ihr Bereich zählt nach wie vor zu einem sehr hochfrequentierten Bereich.“ Und abschließend: „Wir werden den Bereich aber weiter beobachten und können vielleicht in den folgenden Jahren dort eine Änderung herbeiführen.“

Auf die aktuelle Situation vor Ort von der WAZ angesprochen, sagt Wolters: „Wir haben es wirklich ernsthaft geprüft“. Aber: „Die Straße gehört definitiv zum Innenstadtbereich und wegen des Verkehrs ist eine deutlich erhöhte Reinigungsfrequenz erforderlich.“ Er verweist auf das Straßenreinigungsverzeichnis der Best. Darin seien Bottrops Straßen in verschiedene Reinigungsstufen eingeteilt. Das Verzeichnis zeigt, der hier genannte Abschnitt liegt in der Klasse S 5, demzufolge der höchsten Stufe. Wolters: „In dem Bereich können wir es nicht ändern.“

Unterstützung aus der Nachbarschaft

Die Anwohnerin der Kirchhellener Straße hat des Öfteren überlegt, für ihr Anliegen von Haus zu Haus zu gehen, um Unterschriften zu sammeln. Denn schließlich seien mehrere Nachbarn von der sechsmalige Reinigung betroffen. Aufgrund der Corona-Pandemie habe sie dieses Vorhaben bisher nicht unternommen.

Ihre Hoffnung für die Zukunft: „Es tut sich vielleicht erst etwas, wenn sich mehrere Leute beschweren.“