Bottrop-Grafenwald. Berthold van Oepens lokale Kleinkunstreihe im „Kleinen Engelseck“ ist wieder da. Wegen großer Nachfrage gab es sogar eine Wiederholung.

Das Nachtleben von Grafenwald ist wieder zurück. Nach zwei Jahren Zwangspause konnte endlich wieder „Paules Nacht“ im Café „Kleines Engelseck“ über die Bühne gehen. So stand Berthold van Oepen auch wieder da, so wie man ihn kennt, mit bodenlangem Ozelotmantel in seiner Paraderolle als Paul Brodneneschewski. Die Gäste im voll besetzten Szene-Café erwartete ein Abend - der am nächsten Abend sogar wiederholt werden musste - mit viel Musik, humorvollen und ernsten Texten und gelegentlich Improvisation.

Deutsch-polnische Sprachakrobatik made in Grafenwald

Dazu gehören auch Paules persönliche Erfahrungen und Ansichten in deutsch-polnischer Sprachakrobatik, diesmal beim „Apres-Ski“ in Österreich, obwohl Paule sich „als Pole auskennt mit Schnappsen“. Im „Land von Mozart und Falco“ erlebte er Schlagertexte wie „Wohin es geht, ist sch...egal, Bier ist international.“ Paul dozierte auch über Frühlingsgefühle: „Die Stimmung wird vom Sonnenstand besser bestimmt als vom Kontostand.“ Seine Songs des österreichischen Liedermachers Ludwig Hirsch waren „schwere Kost“ , bitterböse Satiren über Träume, Sehnsüchte und abartige Vorlieben, die der Autor selbst „dunkelgraue“ Lieder nannte. Die Texte passen eigentlich nicht zu einem fröhlichen Abend, aber „Paules Nacht ist nicht nur fröhlich, auch Provokantes gehört dazu“, so der Vater dieser Nächte.

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Wie immer gab es familiäre Unterstützung. Ehefrau Claudia lockerte als Einpeitscherin das Publikum mit Turnübungen auf: „Wir schütteln den Speck.“ Sohn Martin half mit der Gitarre bei den Songs und spielte allein „Komm, großer schwarzer Vogel“, weil sein Vater da musikalisch passen musste. Für den literarischen Beitrag sorgte Ulrike Geffert, Mitglied der Bottroper Autorengruppe „Arial 10“, mit einer Geschichte über anstrengende Eltern in einem Bottroper Café während eines Orkans. Ebenso pointiert setzte sie sich mit Kindheitserlebnissen beim Urlaub in Ostwestfalen auseinander und erinnerte humorvoll an Olympia-Schreibmaschinen, Schwarzweiß-Fernseher und VW-Käfer: „Statt Sicherheitsgurten gab es halt nur Schutzengel.“

Volles Haus und Bombenstimmung in Grafenwald

Auch Burkhard Klimke knüpfte mit seinen Songs an die 50er und 60er Jahren an: „Diese Lieder wird man immer noch spielen, auch wenn es uns nicht mehr gibt.“ Eindrucksvoll intonierte er mit Gitarre, Mundharmonika und starker Stimme „Scarbororough Fair“, „ Mr. Tamborine Man“ und „Solsbury Hill“ während Nachwuchsmusiker Felix Westhoff am E-Piano mit seinen Variationen von „Down Town“ oder „Griechischer Wein“das Publikum begeisterte.

„Und so was schlummert in Kirchhellen, dafür ist noch viel Platz in Paules Nacht“, kommentierte van Oepen. Trotz der langen Zwangspause war eigentlich alles wie immer bei „Paules Nacht“, ein bunter Abend mit guten Texten, toller Musik und begeistertem Publikum, das Zugaben beim gemeinsamen Schlusssingen von „Über den Wolken“ und „Griechischer Wein“ erzwang. Van Oepen hat in den letzten Jahren die Bühne vermisst: „Ich konnte meine Ideen nicht verwirklichen, das aktuelle Geschehen ist so schnell überholt.“