Bottrop. Verdient die Stadt bei Zahlungen der Straßenbaubeiträge in Raten auch noch Geld? Woran der Bottroper Haus & Grund-Verein sonst noch Kritik übt.
Der Bottroper Haus & Grund-Verein wirft der Stadt vor, mit Straßenbaubeiträgen auch noch Geld zu verdienen. Geschäftsführer Markus Kruse macht das an den Konditionen der Stadt für Stundungen und Ratenzahlungen fest. Dafür verlange die Stadt von den Anwohnern Zinssätze, die weit über den marktüblichen Zinsen liegen. Kruse ruft die Stadt dazu auf, die Fördermittel zur Verringerung der Straßenbaubeiträge abzurufen und die Anwohner besser über den Inhalt der örtlichen Härtefallregelungen aufzuklären. Vom Land fordert er, die Straßenausbaubeiträge ganz abzuschaffen.
Schließlich habe das Land das Kommunalabgabengesetz extra reformiert, damit die Kommunen die Grundstückseigentümer entlasten können. „Die Reform der Straßenausbaubeiträge hat einigen Grundeigentümern zwar geringe Entlastungen gebracht“, meint Markus Kruse, „doch die Entlastungen kommen leider längst nicht überall an“.
Die Reform, die die Städte vor Ort umsetzen müssen, habe viel neue Bürokratie geschaffen, schließt er aus einer Umfrage des Eigentümerverband unter alle NRW-Kommunen, auch wenn die Stadt Bottrop diese Haus & Grund-Anfrage unbeantwortet ließ. Auch die WAZ-Redaktion erhielt zu ihren Fragen zu Zinssätzen und Fördergeldern bei der Beitragsabrechnung bisher keine Antwort.
Bottrops Zinsforderungen liegen über den marktüblichen Zinssätzen
Gerade Eigentümer von großen Grundstücken oder auch Eckgrundstücken stehen vor hohen Kosten, wenn die Stadt die Straßen ausbaue. Kruse berichtet von Eigentümern, die ihr Grundstück sogar verkaufen mussten, um die Beiträge überhaupt aufbringen zu können. Die Stadt müsse den Grundstücksbesitzern zwar Ratenzahlung und auch Stundungen anbieten, doch seien die Zinsen dafür zu hoch. So verlange Bottrop bei Ratenzahlungen schon länger einen Zinssatz von sechs Prozent. Die Stadt verdiene so seit Jahren Geld, da die marktüblichen Zinsen wesentlich geringer seien, kritisiert der Bottroper Haus & Grund-Geschäftsführer.
Die umstrittenen Straßenbaubeiträge sind auch auf Bürgerversammlungen zu Straßenmodernisierungen sowie Straßenneubauten immer wieder Grund für kritische Nachfragen der Anwohner. So erklärte Thorsten Gathmann aus dem städtischen Finanzressort, dass die Fördergelder des Landes zumeist nur bei einer Modernisierung einer früher bereits ausgebauten Straße helfen. Bei einem Neuausbau einer Straße wie etwa demnächst bei der Hackfurthstraße in Kirchhellen müssten die Anwohner zwar nicht die Fahrbahn bezahlen, dafür aber zu 90 Prozent für die Kosten von Fußwegen, Radwegen, Parkplätzen, Bäumen und Straßenlaternen vor ihren Häusern aufkommen.
Hoher Verwaltungsaufwand fürs Kassieren der Beiträge geht ins Geld
Städte rufen nur wenig Geld ab
Das Land NRW stellt nach Auskunft des Haus & Grund-Vereins einen Förderetat über 65 Millionen Euro zur Verfügung, aus dem die Städte sich ihre Straßenausbaumaßnahmen mit bis zu 50 Prozent bezuschussen lassen können. Ziel ist es, so die Beitragslast für die Anlieger zu verringern.
Allerdings können die Kommunen die Fördermittel nur für Straßenbaumaßnahmen beantragen, die ab 2018 beschlossen wurden. Nach Angaben der NRW-Landesregierung wurden seit September 2020 bisher 8,1 Millionen Euro zur Entlastung der Bürger abgerufen.
Haus & Grund-Geschäftsführer Kruse fordert von der Stadt mehr Transparenz bei der Abrechnung der Straßenbaubeiträge ein. Er merkt an, dass es in Bottrop wie in den meisten anderen Städten auch keine Ermäßigungen für Eckgrundstücke gebe, obwohl das Land diese Möglichkeit zulasse. Er weist darauf hin, dass die Städte ihre Anträge auf Förderung stellen können, wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind und die Baufirmen ihre Rechnungen geschickt haben. „Bottrop rechnet regelmäßig erst wenige Monate vor Eintritt der Verjährung ab“, erklärte Kruse. Für die 2018 abgeschlossenen Straßenbaumaßnahmen zum Beispiel sei zwischen Mitte November bis Mitte Dezember 2022 mit diesen Abrechnungen zu rechnen.
Der Vertreter des Hauseigentümerverbandes meint, dass das Land die Straßenausbaubeiträge sowieso ganz abschaffen sollte. „Die Straßen werden von allen genutzt, andere Bundesländer haben das längst eingesehen und die Beiträge abgeschafft“, betonte er. In NRW jedoch fordere seit Jahren immer nur die jeweilige Oppositionspartei von der Regierung die Abschaffung der Straßenbaubeiträge, um es nach einem Regierungswechsel dann aber selbst zu unterlassen. Dabei fließe mehr als die Hälfte der eingetriebenen Straßenbaubeiträge in den dazu erforderlichen Verwaltungsaufwand.