Bottrop. . Sollten Anwohnerbeiträge abgeschafft werden, muss das Land die Ausfälle ausgleichen, sagt der Kämmerer. Er sieht gute Argumente gegen die Gebühr
Wird eine Straße erneuert, werden in aller Regel die Anwohner zur Kasse gebeten. Das ist Gesetz in NRW, und es gilt für alle Städte im Land. Die Kommunen sind verpflichtet, die Straßenausbaubeiträge einzukassieren. Rund eine Million Euro hat die Stadt Bottrop im vergangenen über diese Gebühren eingenommen, sagt Kämmerer Willi Loeven.
Höhere Investitionen in Straßenbau
Die Summe sei wesentlich höher als in den Jahren zuvor. Der Grund: Die Anwohnerbeiträge für die Osterfelder Straße mit den angrenzenden Straßen wurden fällig. Üblicherweise nehme die Stadt im Schnitt auf diese Weise rund 400.000 Euro ein, sagt der Kämmerer. Zudem seien die Einnahmen auch gestiegen, weil die Stadt mehr in den Ausbau der Straßen investiert hat, etwa weil Förderprogramme von Bund und Land aufgelegt worden waren.
SPD lädt zu Treffen gegen Beiträge ein
Die SPD-Ortsvereine Altstadt und Stadtmitte laden zu einer Informationsveranstaltung mit dem Titel „Straßenausbaubeiträge abschaffen“ ein. Sie findet statt am Samstag, 12. Januar um 11 Uhr in Haus Rogge, Hans-Böckler-Straße 114. „Wir wollen mit den Bürgern in Dialog treten“, sagt Rüdiger Lehr, Vorsitzender SPD-Altstadt und gleichzeitig Vorsitzender im Bau- und Verkehrsausschuss. Es gehe auch darum, zu informieren, wie Bürger sich verhalten sollten, wenn ein Bescheid kommt.
Neben Lehr werden unter anderem der Landtagsabgeordnete Thomas Göddertz, der den Vorstoß der Fraktion genauer erläutern wird, und der Technische Beigeordnete Klaus Müller vor Ort sein. Außerdem werde es die Möglichkeit geben, gegen die Beiträge zu unterschreiben, sagt Lehr.
Vor Ort sorgen die Gebühren allerdings häufig für Ärger, und der Ruf nach ihrer Abschaffung ist laut. Eingereiht in diesen Chor hat sich auch die SPD-Fraktion im Landtag und eine entsprechende Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht mit dem Ziel, die Beiträge abzuschaffen. Dass es dafür gute Argumente gibt, sieht auch der Kämmerer. Schließlich seien es teils hohe Summen, die die Anwohner zahlen müssten. So komme es immer wieder zu sozialen Härten oder anderen Situationen, in denen die Gebühren ungerecht sind. „Wenn eine Straße etwa nur einseitig bebaut ist, sind die Gebühren für Anwohner höher“, bringt Loeven ein Beispiel.
Land muss einen Ausgleich schaffen
Doch als Kämmerer muss er die städtischen Finanzen im Blick behalten. Daher fordert er einen Ausgleich, sollten die Gebühren abgeschafft werden. Der Vorschlag der SPD-Fraktion im Land sieht das auch vor.
Überlegungen der Landesregierung, das Gesetz zu verändern und das Erheben von Gebühren ins Ermessen der Kommunen zu stellen, erteilt Loeven eine Absage. „Wenn das so käme, wäre das der Super-Gau“, sagt er. Seine Befürchtung ist, dass Städte, die es sich erlauben können, dann auf die Gebühren verzichten, die übrigen aber ihre Bürger weiter zur Kasse bitten müssen. „Das wäre ein Schlag ins Gesicht der Menschen, die in strukturschwachen Städten leben.“
Nachteile für strukturschwache Städte
Gegen eine solche Lösung würden sich die betroffenen Städte „mit Händen und Füßen wehren“, sagt Loeven mit Blick auch auf die übrigen Ruhrgebietsstädte. Er fürchtet, dass insbesondere die Kommunen, die wie Bottrop dem Stärkungspakt beigetreten sind, vom Land also gegen Auflagen Geld zur Sanierung des Haushalts bekommen, unter einer solchen freiwilligen Regelung leiden.
Der Bund der Steuerzahler in NRW sammelt schon seit Wochen Unterschriften für ein Volksbegehren zu Abschaffung der Beiträge. Unterstützt wird er dabei unter anderem vom Verein Haus und Grund. Allein in Bottrop hätten rund 800 Bürger auf der entsprechenden Liste im Büro des Vereins unterschrieben, sagt Geschäftsführer Markus Kruse.
Mehr als gegen die Grundsteuer
Und das seien nur diejenigen, die in der Geschäftsstelle unterschrieben haben. Auch an anderen Stellen in der Stadt lagen entsprechende Listen aus. „Dafür haben hier bei uns mehr Menschen unterschrieben als im vergangenen Jahr gegen die Grundsteuererhöhung der Stadt.“ Landesweit hatten – Stand 21. Dezember – 178.000 Bürger für die Abschaffung der Beiträge unterschrieben.