Bottrop. Solaranlagen und grüne Dächer, Gelder für besseres Radeln und Energieberatung: Bottrop zieht über zwei Jahre nach dem Klimanotstand eine Bilanz
Die Stadt Bottrop hat seit Ausrufen des Klimanotstandes vor zwei Jahren mindestens 4,6 Millionen Euro investiert, um verschiedene Maßnahmen und Projekte zum Umweltschutz umzusetzen. Eine weitere knappe Million Euro ist für solche Vorhaben im Haushaltsentwurf für das Jahr 2022 eingestellt worden – allein eine halbe Million Euro davon soll in den Ausbau der Radwege investiert werden.
Das geht aus einer Aufstellung der Stadt hervor, mit der sie zwei Jahre nach dem Ausrufen des Klimanotstandes Bilanz zieht. Mit den Notstandsbeschlüssen haben sich seit 2019 Kommunalpolitiker und Kommunalpolitikerinnen in mehr als 30 NRW-Städten zur Dringlichkeit in Sachen Klimaschutz bekannt.
Bottrop baut Kreuzungen um und legt grüne Dächer auf Schulen an
In Bottrop sind zwischen 2019 uns 2021 allein rund 2,2 Millionen Euro an Fördermitteln geflossen, damit Privatleute die energetische Sanierung ihrer Gebäude, Begrünungen und das Entsiegeln von Flächen vorantreiben. Weitere 1,3 Million Euro hat die Stadt bis Mitte Oktober 2021 in die Hand genommen, um Kreuzungen fahrradfreundlich umzubauen. Dabei sei es besonders um die Nord-Süd-Achse (L 631) gegangen.
Rund eine halbe Million Euro hat die „Innovation City Management GmbH“ 2019 und 2020 erhalten, die verschiedene Dienstleistungen wie Energieberatungen und Projektmanagement für die Kommune übernimmt. Grüne Dächer auf Schulgebäuden wie etwa an der Droste-Hülshoff-Schule sind entstanden, rund 200 Solar-Anlagen und Geräte sind gefördert worden.
Nachhaltigkeitscheck: Konkrete Auswirkungen nicht benannt
Die Liste sei nicht abschließend, da Klimaschutzausgaben nicht immer eindeutig zu benennen seien. Die Wiederaufnahme der „Solaroffensive“ aber sei eine direkte Folge aus dem Notstand, ebenso der Plan, mehr Dächer zu begrünen. Auch Tempolimits auf mehr als 25 Straßen und Straßenabschnitten werden aufgeführt, weil damit nicht nur weniger Lärm, sondern auch mehr Klimaschutz geschaffen werde.
Nicht offen legt die Stadtverwaltung, ob bestimmte Vorhaben wegen negativer Umweltfolgen wieder in der Schublade gelandet sind. Seit 2020 muss das Rathauspersonal nahezu alles, was es der Kommunalpolitik zum Beschließen vorlegt, auf Umweltfolgen sowie soziale und ökonomische Auswirkungen überprüfen. Ausgenommen von diesem „Nachhaltigkeitscheck“ sind zum Beispiel Auftragsvergaben oder Personalfragen. Wie viele Vorhaben dem Check nicht Stand gehalten haben, beziffert die Verwaltung nicht.
Bottroper Grüne fordern eine richtige Klima-Ampel
Ohnehin kritisieren vor allem die Bottroper Grünen, auf deren Initiative die Ausrufung des Klimanotstandes in der Innovation-City-Modellstadt maßgeblich zurückging, den Nachhaltigkeitscheck als willkürlich. „Der Nachhaltigkeitscheck verwässert den Beschluss des Klimanotstandes. Er spielt die Klimakrise gegen Themen wie Soziales und Ökonomie in einer unzulässigen Weise gegen einander aus“, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda. Außerdem mussten die Grünen OB Tischler mehrfach ausdrücklich auffordern, den wiederholt fehlenden Check noch nachzureichen.
Die Grünen fordern daher weiterhin die Einführung einer richtigen Klima-Ampel auf der Basis einer echten Klimarelevanzprüfung, wie sie auch das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) und der Deutsche Städtetag vorschlugen. „Diese Klimaampel würde zum Beispiel auch alle verkehrspolitischen Entscheidungen unterstützen, die die Einsparung von CO2 voranbringen“, meint Andrea Swoboda. Den Bottroper Sonderweg mit der zusätzlichen Prüfung sozialer und wirtschaftlicher Folgen halten die Grünen da nicht für hilfreich.
Bis 2035 klimaneutral
Die Bottroper Verwaltung verweist darauf, dass sich die Stadt als Vorreiterin in Sachen Klimaschutz zur Klimaneutralität bekannt habe. Noch vor dem Jahr 2035 will Bottrop die energiebedingten Treibhausgas-Emissionen möglichst auf Null drücken.Deutschland will bis 2045 CO2-neutral werden - Fachleute kritisieren das als deutlich zu spät, um die Erderwärmung gemäß dem Pariser Klimaabkommen einzudämmen.