Bottrop. Auch in Bottrop gibt’s Nachwuchssorgen im Pflegebereich. Zwei junge Pflegerinnen aus der „Schattigen Buche“ erzählen, warum sie den Beruf lieben.

Die Gewerkschaft Verdi warnt: Die Corona-Pandemie hat die Lage in der Pflege verschärft, viele Kräfte seien völlig überlastet, immer mehr würden aufgeben. In einer bundesweiten Befragung hätten Betroffene aus Kliniken, Psychiatrien, Pflegeheimen und Servicebetrieben von Überlastung, fehlender Zeit, Sorgen um die eigene Gesundheit und Zweifel am Durchhalten bis zur Rente berichtet. Klingt nicht gerade nach Bedingungen, die junge Leute in die Pflegebranche locken könnten. Zwei junge Frauen erzählen, warum sie sich dennoch für die Altenpflege entschieden haben.

Ein Praktikum oder der Freiwillige Soziale Dienst sind vor Ausbildungsbeginn sinnvoll

„Ich liebe meinen Job“, sagt Annalena Wisniowski (21) schlicht. Nach Bundesfreiwilligendienst (Bufdi) und Ausbildung im Awo-Seniorenzentrum „Schattige Buche“ arbeitet sie bereits seit einem Jahr als Pflegefachkraft mit alten Menschen. Klar: „Es gibt auch stressige Dienste und schlechte Tage. Aber das wird durch das Team hier gut aufgefangen“, lobt sie die Kollegialität in der „Schattigen Buche“. Bevor man sich für diesen Beruf entscheide, müsse man sich schon darüber im Klaren sein, wie weit man selbst belastbar sei und wie gut man die Anforderungen bewältigen könne. Sie empfiehlt deshalb zur Orientierung ein Praktikum oder einen freiwilligen sozialen Dienst, wie sie selbst ihn absolviert hat.

Typische Aufgabe: Aleyna Maden mit Medikamenten auf dem Weg zu Bewohnern in der Awo-Senioreneinrichtung „Schattige Buche“. Coronaschutzvorschriften stehen nach wie vor ganz oben in allen Seniorenheimen.
Typische Aufgabe: Aleyna Maden mit Medikamenten auf dem Weg zu Bewohnern in der Awo-Senioreneinrichtung „Schattige Buche“. Coronaschutzvorschriften stehen nach wie vor ganz oben in allen Seniorenheimen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Entweder, man verliebt sich dann in den Job, oder man ist ganz schnell wieder weg.“ Ohne Frage sei gerade die Anfangsphase der Corona-Pandemie besonders hart gewesen. „Da ist das A und O, dass das Team zusammenhält“, betont die Bottroperin. „Durch die Corona-Verordnung konnten die Angehörigen am Anfang nicht so zu Besuch kommen. Ich denke schon, dass wir als Pflegepersonen für die Bewohner dann noch mehr zur Bezugspersonen wurden, als wir das vorher schon waren.“ Körperliche Anstrengungen würden durch Hilfsmittel und Techniken erleichtert, und insgesamt umfasse der Beruf sehr viel mehr, als das gängige Vorurteil vom bloßen „Hintern abwischen“.

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Das bestätigt Aleyna Maden (21). Sie hat gerade ihre dreijährige Ausbildung mit Erfolg absolviert, war vorher ebenfalls als Bufdi in der „Schattigen Buche“. „Ich wollte schon immer in die Pflege“, erzählt die junge Frau aus Oberhausen. In der 10. Klasse machte sie ein Praktikum in einem Krankenhaus, war aber auch neugierig auf die Arbeit in einem Seniorenheim. Letztere habe ihr dann so sehr gefallen, dass sie sich zur Ausbildung entschloss. „Wir arbeiten hier, wo die Menschen leben. Wir gestalten ihren Tagesablauf, verbringen Zeit mit ihnen, wir sind für die Bewohner mit ihren Bedürfnissen da.“ Neben den klassischen Pflegetätigkeiten gehöre Gestaltung zum typischen Arbeitstag, Dokumentationsarbeiten, Arztvisiten, das Stellen von Medikamenten, Beratung von Angehörigen.

Annalena Wisniowski weiß, dass sie während der Coronazeit für älteren Bewohnerinnen und Bewohner der „Schattigen Buche“, sondern auch für viele Angehörige mehr denn je zur wichtigen Bezugsperson geworden ist.
Annalena Wisniowski weiß, dass sie während der Coronazeit für älteren Bewohnerinnen und Bewohner der „Schattigen Buche“, sondern auch für viele Angehörige mehr denn je zur wichtigen Bezugsperson geworden ist. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Aleyna Maden weiß, dass manche Pflegekräfte nach ein paar Jahren einen anderen beruflichen Weg einschlagen, kann sich das für sich selbst im Moment aber noch nicht vorstellen. Zu motiviert ist sie, kurz nach ihrer Ausbildung. „Es ist ein sehr toller Beruf, ich bin glücklich und komme gerne zur Arbeit.“ Selbst in den anstrengenden Corona-Monaten mit den stärksten Einschränkungen und Hygienemaßnahmen. „Man will einfach nur das Beste für die Leute“, betont sie.

Wunsch auch in Bottroper Pflegeheimen: Mehr Zeit für die Bewohner zu haben

Annalena Wisniowski und Aleyna Maden reizen auch die Weiterbildungsmöglichkeiten. Sei es im Bereich von fachlichen Schwerpunkten wie der Palliativbetreuung, sei es als Praxisanleiter, Wohnbereichs-, Pflegedienst- oder schließlich der Heimleitung. „Es ist ein sicherer Arbeitsplatz, Pflege wird immer gebraucht“, wirbt Aleyna Maden für ihren Beruf. Gibt’s denn wirklichen keinen Haken an dem Beruf für die beiden Nachwuchskräfte? Aleyna Maden weiß, dass der Job nicht für jeden geeignet ist. „Man braucht Teamfähigkeit, Geduld, man muss immer höflich bleiben.“ Flexibilität und Kommunikationsfähigkeit seien ebenfalls gefragt. Annalena Wisniowski sagt: „Man muss sich im Klaren darüber sein, dass man im Schichtdienst arbeitet. Und dass man sehr eng mit den Bewohnern ist, egal auf welcher Ebene.“

Und wenn sie sich etwas wünschen könnten? „Mehr Zeit für die Bewohner zu haben.“ Wäre also grundsätzlich ein anderer Personalschlüssel vorgesehen, würden die beiden jungen Pflegekräfte das sehr begrüßen. Eine bessere Bezahlung, wie vielfach gefordert, würden sie nicht ablehnen. Aber: „Wir beschweren uns nicht.“ Das sagen sie, weil sie ihren Job eben lieben.