Bottrop. Trotz Corona können die Bewohner Bottroper Seniorenheime am Leben teilnehmen. Der Einsatz moderner Technik und Projektoren macht’s möglich.

Die allermeisten Bewohner von Senioreneinrichtungen in Bottrop genießen bereits den doppelten Biontech-Schutz gegen Corona. „Das Haus ist zu 98 Prozent geimpft“, sagt Heimleiter Hartmut Skrok zum Beispiel über das Awo-Zentrum „Schattige Buche“. Doch von der Vor-Corona-Normalität ist man auch hier noch ein gutes Stück entfernt. Und so setzt das Team ganz bewusst auf moderne Medien, um soziale Kontakte zu halten und zu stärken. Der neue Medien-Star in der Einrichtung heißt Qwiek.up.

Bottroper Seniorenheim nutzt lebensgroße Projektionen zur Anregung der Bewohner

Auch interessant

Bevor falsche Vorstellungen aufkommen: Zum Nachahmen tierischer Laute regt dieser mobile Projektor nicht an. Aber je nach Situation zur Bewegung, zur Entspannung, zum Pläuschchen der (dementen) Bewohner untereinander oder – per dazu gehöriger Kamera – zur Unterhaltung mit Angehörigen, die nicht persönlich vor Ort sein können. Dazu projiziert Quiek.up entsprechende lebensgroße Bilder an die Wand. Oder, bei bettlägerigen Menschen, an die Decke. Sogar USB-Sticks mit eigenen Fotos können angeschlossen werden – so können Bewohner etwa eine Familienfeier in Corona-Zeiten gewissermaßen miterleben.

Gerade läuft in einem Gemeinschaftsraum eines der mitgelieferten Erlebnismodule: Die Projektion an der Wand zeigt einen Saal mit tanzenden Paaren, dazu erklingt „Tulpen aus Amsterdam“ oder „Schmittchen Schleicher“. Eine Aufforderung zum Tanz, die Gertrud Worszeck (89) mit anderen Damen gerne annimmt: „Ich kenne ja alle Lieder!“

Corona-Schnelltest ist direkt im Bottroper Seniorenheim möglich

Gestatten: Qwiek.up, ein Projektor, der den Bewohnern vom Awo-Heim „Schattige Buche“ audiovisuelle Erlebnisse beschert.
Gestatten: Qwiek.up, ein Projektor, der den Bewohnern vom Awo-Heim „Schattige Buche“ audiovisuelle Erlebnisse beschert. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Untereinander können die Bewohner sich ohne Maske schon freier bewegen; so ist für sie zweimal in der Woche das Hauscafé wieder geöffnet, ein internes Sommerfest ist in Planung. Die Stimmung wird auch von Woche zu Woche besser, beobachten Skrok und Linda Voss vom sozialen Dienst.

Doch die Besuche von Freunden und Familie bleiben beschränkt. Jetzt, während der Bundes-Notbremse, darf jeweils nur ein Besucher kommen – es sei denn, ein weiterer wäre nachgewiesenermaßen bereits doppelt geimpft oder genesen. Sonst brauchen die Besucher im Übrigen auch ein negatives Test-Ergebnis, wobei der Schnelltest nach Terminbuchung vor Ort gemacht werden kann. „Da sind nicht immer alle einsichtig“, bemerkt Skrok.

Impfungen sind eine Beruhigung – aber keine Sicherheit

Die Impfungen seien zwar eine Beruhigung, aber „absolute Sicherheit haben wir nicht“. So habe es im Haus zwischen der ersten und der zweiten Impfung acht Coronafälle gegeben, wenn auch mit mildem Verlauf.

Bewohnerin Edith Brandt (90) indes macht einen ganz entspannten Eindruck. „Wir sind hier gut aufgehoben. Es wurde dafür gesorgt, dass wir geimpft wurden.“ Und das sei schon einmal ein gutes Gefühl. Mit Qwiek.up hat sich auch schon angefreundet. Skrok: „Innovation und digitale Medien machen auch vor dem Altenheim nicht halt.“

Bottroper Heimleiter: Stellenwert der Pflege nicht geändert

Zum Tag der Pflege, der am 12. Mai an Florence Nightingale als Pionierin der modernen Krankenpflege erinnert, blickt Hartmut Skrok vom Awo-Zentrum Schattige Buche in Bottrop auf die Mitarbeiter. „Vor einem Jahr wurde auf den Balkonen für sie geklatscht“, erinnert der Heimleiter an den Beginn der Corona-Krise. „Es gab einen Bonus, der wirklich auch gezahlt wurde. Doch der Stellenwert hat sich im Kopf der Politiker nicht wirklich geändert.“

In einer gemeinsamen Stellungnahme betonen die Bottroper Awo-Einrichtungsleiter: „Die Zeit ist reif für politische Verbesserungen, um auch in Zukunft qualifizierte, motivierte und gut bezahlte Pflegekräfte beschäftigen zu können.“

Bottroper Altenpflegeeinrichtungen personell am Limit

Die Corona-Pandemie habe die Altenpflegeeinrichtungen personell ans Limit gebracht. Um weiterhin junge Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen müsse die faire und angemessene Bezahlung in der Pflege gesetzlich geregelt werden. Auch die Vorgaben für ein Pflegebemessungsverfahren müssten zu mehr Personal führen. Und: Trotz Schichtarbeit seien attraktive Arbeitszeiten wichtig. Schließlich denke laut Umfragen jede dritte Pflegekraft über einen Berufswechsel nach.

„Eine einmalige Zahlung ist einfach nicht das, was die Mitarbeiter wirklich wollen“, unterstreicht Skrok.