Bottrop. Die Netto-Pläne in Bottrop schlagen hohe Wellen. Warum nur, fragt der Vorsitzende des Einzelhandelsverbandes und bittet, nicht zu übertreiben.
Der Vorsitzende des Bottroper Einzelhandelsverbandes (EHV) sieht die Eröffnung einer Filiale des Discounters Netto im früheren Karstadt-Gebäude eher positiv. „Das ist jedenfalls besser als nichts. Denn günstig einkaufen zu können, ist auch in der Innenstadt vielen wichtig“, sagte Jan Gerd Borgmann zur WAZ. Der Bottroper reagiert erstaunt darauf, dass die Eröffnung des Discounters so umstritten ist und derart hohe Wellen schlägt. „Ich bitte alle, die Kirche im Dorf zu lassen“, meinte er.
Ob nun mit oder ohne den Netto-Laden werde die Bottroper Innenstadt ihren eigenen Weg finden müssen, um wieder attraktiver zu werden. Dazu seien viele kleine Schritte und auch viele Kompromisse nötig. Das sei bei der Ansiedlung des Discounters nicht anders. „Wer sich neue Discount-Märkte ansieht, wird erkennen, dass sie mit den älteren nicht vergleichbar sind“, betonte der EHV-Vorsitzende allerdings.
Discounter sucht in Bottrop schon lange nach neuem Standort
Baupart-Inhaber
Der Bottroper Jan Gerd Borgmann ist seit fast 22 Jahren Eigentümer und Gesellschafter der Baupart GmbH in Bottrop. Er vertritt als stellvertretender Vorsitzender im Handelsverband Westfalen-West die Interessen der Einzelhändler in Bottrop.
Seine Familie war länger Vermieterin eines Einzelhandelsgeschäftes an der unteren Hochstraße. Inzwischen befinden sich in dem Gebäude ein Action-Markt sowie Fachstellen und Beratungsstellen der Caritas.
Borgmann erinnert daran, dass der Filialist seinen bisherigen Laden an der Osterfelder Straße bereits vor Jahren von Plus übernommen hatte und schon lange versucht, einen neuen Standort zu finden. „Daher wurde nichts investiert und entsprechend miserabel sieht der Markt aus. Ich bin sicher, ein neuer Markt wird in keiner Weise vergleichbar sein“, betonte er.
Discounter wie Netto seien lange nicht bereit gewesen, sich weiterhin in Innenstädten ohne Parkplätze unmittelbar vor der Ladentür anzusiedeln. „Für viele Menschen - insbesondere ältere - war dies ein Problem. Daher wird hier in Bottrop der Weggang von Kaufpark an der Hochstraße vor vier Jahren immer noch bedauert“, erklärte der Bottroper. Borgmann spricht da aus eigener Erfahrung. Seine Familie war selbst Vermieterin des Lebensmittelgeschäftes an der unteren Hochstraße. „Wir haben darum gekämpft, dass es bleibt, auch mit einem drastischen Mietnachlass“, berichtet Borgmann. Doch die Bemühungen waren vergeblich.
Sehr fürs Bleiben des Lebensmittelmarktes in der City gekämpft
Inzwischen habe offenbar ein Umdenken bei den Lebensmittelkonzernen eingesetzt und auch Innenstadt-Filialen seien wieder gewünscht. „Der neue Netto-Laden wird mit mehr Verkaufsfläche auch deutlich größer sein als die jetzige Filiale“, machte Borgmann klar. Er rät daher zu mehr Optimismus. Ein moderner Netto-Markt könne die Lücke bei der Lebensmittelversorgung in der Innenstadt wieder schließen. Die Frage der Anlieferung müsse die Stadt lösen. Borgmann hält es jedoch anders als manche Kritiker der Netto-Ansiedlung für ausgeschlossen, dass schwere Lkw dazu von der Poststraße aus durch die Fußgängerzone fahren. Beliefert werde der Discounter vom Pferdemarkt aus.
Dass eventuell nach geraumer Zeit erneut Leerstand drohe, weil Netto die Mietverträge wieder kündige, will auch Borgmann nicht vollständig ausschließen. „Aber gilt das nicht auch für viele andere Geschäftsansiedlungen?“, fragt er. So seien doch auch die Miethilfen, mit denen die Stadt die Neueröffnung einer Reihe von Geschäften im Hansaviertel fördert, zunächst auf zwei Jahre befristet. Was danach mit den neuen Läden geschehe, sei ungewiss.
Trinker- und Drogenszene in der Nähe des Ladens macht vielen Sorge
Zu den Sorgen, dass sich in der Nähe des Netto-Marktes eine Trinker- und Drogen-Szene etablieren könnte, merkt der stellvertretende Vorsitzende des Handelsverbandes Westfalen an: „Jede Investition in Innenstadt-Immobilien und in frequenzbringende Geschäfte bringt Leben in die Innenstadt. Dadurch wird es einfacher, mit dieser Szene umzugehen.“ Ohnehin könne dieses Problem nicht der Handel lösen. Borgmann: „Der Einzelhandel kann hier einen Beitrag leisten, die Federführung muss jedoch bei städtischen Ordnungsbehörden und sozialen Einrichtungen liegen“.