Essen/Bottrop. Fast zwei Jahre nach einer Schlägerei am Bottroper Busbahnhof steht ein 21-Jähriger vor Gericht. Versuchter Totschlags ist angeklagt.

Vor Gericht machen die vier Angeklagten aus Bottrop eigentlich einen ganz ordentlichen Eindruck. Vor fast zwei Jahren sollen sie aber nachts am Bottroper Busbahnhof (ZOB) eine Schlägerei provoziert haben. Einer von ihnen, 21 Jahre alt, muss sich sogar wegen versuchten Totschlags verantworten.

Es ist laut Anklage ein nichtiger Anlass, der das Quartett am Mittwoch vor die V. Jugendstrafkammer des Essener Landgerichtes gebracht hat. Eine unnötige Pöbelei habe die Schlägerei provoziert. Jetzt stehen sie also vor Gericht: drei junge Männer, gebürtig aus Syrien und 19 bis 21 Jahre alt, sowie eine Deutsche, 22 Jahre alt.

22-Jährige soll Schlägerei provoziert haben

Sie soll die Provokateurin gewesen sein in der Halloween-Nacht am 31. Oktober 2019. Ein damals 28-jähriger Bottroper, das spätere Opfer, stand damals mit seiner Freundin und weiteren Freunden an der Haltestelle am Busbahnhof. 23.45 Uhr war es, sie warteten auf den Bus nach Essen, wollten dort vermutlich feiern.

Die 22 Jahre alte Angeklagte soll grundlos die Freundin des 28-Jährigen angepöbelt haben. "Die Schlampe soll die Fresse halten", soll sie gerufen haben. Und dann direkt einen Angriff gestartet haben. Mit einem Schlüsselbund, den sie in der Faust verborgen haben soll, habe sie auf den Kopf der anderen Frau eingeschlagen. Außerdem soll sie den an einer Kette festgemachten Bund als Wurfgeschoss genutzt haben.

28-Jähriger wollte Freundin helfen

Der 28-Jährige, so heißt es weiter in der Anklage, habe sich das nicht gefallen lassen und sei seiner Freundin zu Hilfe geeilt. Darauf habe die Angreiferin ihre mitangeklagten Freunde alarmiert. Ihrem weiblichen Opfer soll sie noch einen Schlag gegen den Kopf versetzt haben, als die Frau fliehen wollte.

Die Schlägerei ging da erst richtig los. 20 junge Leute sollen daran beteiligt gewesen sein, sagt Staatsanwalt Shamgar Owusu-Ankomah. Der Großteil - Angehörige beider Seiten - ist bislang nicht identifiziert worden. Der Hauptangeklagte soll mit einem Teleskopschlagstock "äußerst kraftvoll" auf den Kopf des 28-Jährigen eingeschlagen haben. Das handelte ihm den Vorwurf des versuchten Totschlags ein, weil die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass er bei derart heftigen Schlägen auf den Kopf den Tod seines Opfers zumindest billigend in Kauf nimmt. Das Opfer hatte einen Schädelbruch erlitten und war 18 Tage lang krankgeschrieben.

Mit einem Gürtel zugeschlagen

Einige der Beteiligten hatten laut Ermittlungsergebnis Messer dabei, einer soll mit seinem Gürtel geschlagen haben. Dem 20 Jahre alten Angeklagten ordnet der Staatsanwalt ebenfalls den Einsatz eines Schlagstockes zu, dem 19-Jährigen eine aktive Beteiligung.

In einer weiteren Anklage wird diesen beiden Männern auch die Teilnahme an einer weiteren Schlägerei am 6. Dezember 2019 auf dem Schulhof der Hauptschule an der Welheimer Straße vorgeworfen. Der Hauptangeklagte, der 21-Jährige, muss sich auch noch wegen eines räuberischen Diebstahls auf einen Getränkemarkt in der Bottroper Innenstadt am 27. März 2020 verantworten.

Angeklagte weist Gegenseite die Schuld zu

Dass seit der Schlägerei am Busbahnhof so viel Zeit vergangen ist, liegt wohl an der Schwierigkeit der Ermittlungen. Die Angeklagten haben die Vorwürfe bislang bestritten oder geschwiegen. Die 22 Jahre alte Deutsche, deren Aufenthalt lange Zeit unbekannt gewesen sein soll, wies am Mittwoch die Schuld der Gegenseite zu. Die andere Frau habe provoziert: "Es gab dann eine Zickerei unter Frauen. Dann hat sie mich geschubst."

Sie selbst habe in diesem Moment gerade in ihrer Tasche das Handy gesucht und dabei zufällig den Schlüsselbund in der Hand gehalten. Damit habe sie der anderen Frau auf den Oberarm gehauen. Sie erklärt das gerne: "Das war nicht feste. Und wenn es feste war, dann keine Absicht." Insgesamt elf Sitzungstage plant die Jugendstrafkammer.