Bottrop. Eveline Siegert geht in den Ruhestand. Die Leiterin der Kinder- und Veranstaltungsbereichs der Stadtbibliothek wurde sogar Krimi-Figur.

An Eveline Siegerts letztem Arbeitstag ist es überraschend ruhig in der „Lebendigen Bibliothek“. Corona und die Sommerferien haben eine Verschiebung der Abschiedsfeier nahegelegt. So öffnet sie noch einmal die Tür zum Veranstaltungsraum, der oft regelrecht vor Kindern, Eltern und mehr oder weniger prominenten Gästen überquoll. Jetzt stapeln sich dort Tische, kleine Stühle, große Stofftiere, Malutensilien und was sonst für die Arbeit in der Kinderwelt gebraucht wird.

Netzwerk mit Protagonisten aus Literatur, Musik, Kabarett und Publizistik

Gefühlt eine Ewigkeit ist für die 63-Jährige her, als zuletzt vor Pandemie und Lockdown dort noch Kinder tobten, aber auch konzentriert zuhörten, manchmal auch selbst vorlasen. Die letzte von ihr geplante und durchgeführte Veranstaltung war der Auftritt von Frank Goosen im Kammerkonzertsaal 2020. Die „Ladies Crime Night“ kurz darauf musste schon ausfallen. Unzählige (Kinder-)buchautorinnen und -autoren gaben sich in den vergangenen 47 Jahren die sprichwörtliche Klinke in die Hand. Eveline Siegert plante auch die Veranstaltungsreihen der Bibliothek, Kooperationen mit anderen Einrichtungen, knüpfte ein regelrechtes Netzwerk aus mit Protagonisten aus Literatur, Musik, Kabarett. Sie holte aber auch Journalisten wie den früheren ARD-Auslandskorrespondenten Klaus Bednarz oder „Heute“-Moderatorin Petra Gerster nach Bottrop.

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„Hellmuth Karasek war gleich drei Mal hier, Hardy Krüger auch, der war damals der Frauenschwarm schlechthin.“ Eveline Siegert lacht heute. Aber die Begeisterung ist ihr anzumerken. Auch darüber, dass sie es schaffte, Autoren wie Christine Westermann oder Klaus-Peter Wolf für Veranstaltungen zu gewinnen. Mit Wolf verbindet sie eine lange Geschichte. „Er war zunächst als Kinderbuchautor zu Gast mit ,Der Hexer aus Bottrop’, in seiner Heimatstadt wurde er daraufhin auch prompt gefragt, warum Bottrop und nicht Gelsenkirchen im Titel vorkommt. Es blieb aber bei Bottrop, wir wir wissen“, erinnert sich die Bottroperin an die Diskussion.

Eine eigenen Rolle in „Ostfriesenmoor“

Die bekannten Ostfriesland-Krimis kamen erst später. Bottrop dürfte dabei einen nicht unwesentlichen Anteil am Verkaufserfolg gespielt haben. Wolf-Lesungen und Auftritte mit seiner Frau, der Musikerin Bettina Göschl, waren immer Programm-Highlights. Und in einem seiner Krimi-Erfolge setzte der Autor Eveline Siegert sogar ein Denkmal: „In ,Ostfriesenmoor’, unter Klarnamen, als Freundin einer Tatverdächtigen“, erzählt Eveline Siegert.

Buchpräsentationen und Lesungen wie hier mit den Autoren Joachim Friedrich und Minna McMaster 20218 in der „Lebendigen Bibliothek“ hat Eveline Siegert (r.) jedes Jahr mehrfach organisiert.
Buchpräsentationen und Lesungen wie hier mit den Autoren Joachim Friedrich und Minna McMaster 20218 in der „Lebendigen Bibliothek“ hat Eveline Siegert (r.) jedes Jahr mehrfach organisiert. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Einen Faible für Bücher hat sie schon als Kind. „Wenn ich nicht draußen mit anderen gespielt haben, waren Bücher so etwas wie mein Rückzugsort.“ Kinderbücher faszinieren sie auch noch während ihres Praktikums noch in der damaligen „Volksbücherei“ an der Hochstraße, direkt neben der abgerissenen Schauburg. Damals ranzte sie sogar einmal Götz George („Schimanski“) an, weil der Tourbus neben der Schauburg den Bibliotheksparkplatz blockiert hat. („Ich hab’ den einfach nicht erkannt“). In Bottrop macht sie auch ihre Ausbildung - heute heißt das „FaMI“ – Fachangestellte Medien und Informationsdienste. An der Akademie Remscheid absolvierte sie noch die Zusatzausbildung Literaturpädagogik. Sie zieht mit der Bibliothek um ins Kulturzentrum, erlebt die Umstellung vom Zettelkatalog zum computerbasierten Such- und Ausleihsystem, arbeitet mit neuen Medien.

Trotz technologischen Fortschritts: Das Buch bleibt „ihr“ Medium

Aber das Buch ist und bleibt ihr Medium. „Man muss es in die Hand nehmen, lesen oder vorlesen.“ Das hat sie 47 Jahre lang versucht zu vermitteln. Ihr schönsten „Erfolge“ sind immer noch Episoden wie diese: „Eine Mutter kommt zu mir und sagt, mein Junge liest nicht, haben sie einen Tipp? - Und eine Woche später: Ich bekomme das Kind gar nicht mehr weg von den Büchern.“ Diese lebenslange Faszination ist Eveline Siegert bis heute geblieben. Langeweile wird sie auch als Rentnerin nicht kennen. Dann schnappt sie sich eben ein Buch...

Die letzte Veranstaltung

Die letzte Veranstaltung, die Eveline Siegert (vorerst) für die Lebendige Bibliothek organisierte, ist Fritzi Benders „Zwergenlala“. Die Kabarett-Liedershow zum Mitmachen und Mitsingen für kleine und große Besucherinnen und Besucher findet als Teil der Reihe „Stadtflimmern“ am 29. August um 15 Uhr auf dem neuen Bottroper Kulturhof statt. Mit dabei ist auch Fritzis Ehemann, der Kabarettist Hennes Bender, mit seiner Ukulele. Eintritt frei. Zähltickets erforderlich: 02041/70 33 08. Info: bottrop.de/veranstaltungen.