Bottrop. Im Fokus steht der „Warteraum“ der KJH Flow. Nachbarn sprechen von Vermüllung ihrer Gärten, Lärmbelästigung, Sachbeschädigung bis zur Bedrohung.

Verunreinigung, Beschädigungen, Lärm bis hin zu Bedrohung durch die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die seit sechs Jahren im „Warteraum“ ein- und ausgehen: Darüber klagen die Nachbarn in der eigentlich ruhigen, adretten Wohnstraße in Batenbrock seit Längerem. Irgendwann scheint das Fass überzulaufen, die Geduld der Anlieger, die sicher nicht als notorische Querulanten bekannt sind, zu Ende zu sein. In einem Brief, der neben der WAZ auch dem Oberbürgermeister, zwei städtischen Ämtern und dem Landesjugendamt Westfalen vorliegt, haben sich die Nachbarn über diese Zustände beschwert. Immerhin über 20 Bewohner aus sieben Häusern im Bereich der früheren Goetheschule, die heute ein Standort der Hauptschule Welheim ist.

Der „Warteraum“ ist seit 2015 in einem Nebengebäude, der ehemaligen Hausmeisterwohnung, untergebracht. Dort haben jüngere Leute in so genannten „schwierigen Lebenslagen“, wie Flow-Mitarbeiter es formulieren, ab nachmittags eine Anlaufstelle. Bis 22 Uhr müssen sich die Jugendlichen, die dort unterkommen, gemeldet haben. Die Fluktuation sei groß, daher gebe es mal schlechtere, mal weniger schlechte Phasen mit der wechselnden „Nachbarschaft“, so eine Anwohnerin. Sie möchte aus Furcht vor Racheaktionen nicht genannt werden. Das gilt bislang auch für die übrigen Unterzeichner, deren Namen der Redaktion bekannt sind.

Von Bedrohungssituationen gegenüber Anwohnern wissen auch Flow-Mitarbeiter

Denn Bedrohungen habe es nach Beschwerden bereits gegeben, bis hin zu „Ich stech dich ab“ oder Eierwürfen auf Autos der Anwohner. Eine bedrohliche Grundsituation, die übrigens auch ein WAZ-Fotograf bestätigt, der sich Freitagmittag am Rande des Geländes aufhielt.

Eine Nachbarin sei morgens zu spät zur Arbeit gekommen, weil die Scheiben ihres Wagens mit rohen Eiern beworfen wurden und sie erst einmal in die Waschanlage musste. Beschädigte Autoreifen durch zersplitterte Glasflaschen auf Gehweg und Fahrbahn seien ebenso an der Tagesordnung wie Müll oder Essensreste, die auf die Grundstücke geworfen werden. In einem Garten hat ein Anwohner sogar Fallen aufgestellt für Ratten, die durch die weggeworfenen Speisereste angelockt wurden. Die Familie hält sich in diesem Gartenteil bereits gar nicht mehr auf.

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Dazu berichten Anwohner nicht nur von wiederholten Polizei- und Feuerwehreinsätzen beim „Warteraum“, sondern auch von Lärmbelästigung bei gutem Wetter tagsüber und bis spät in die Nacht. Schlafen bei offenem Fenster sei für manche dann nicht möglich, Arbeiten im Homeoffice würde zum Teil massiv beeinträchtigt. Von einer „akut unhaltbaren Situation für die Nachbarschaft, zu der auch mehrere junge Frauen sowie Senioren mit Pflegegrad gehören“ sprechen die Anwohner. So fordern sie in dem genannten Brief, Stadt, Landschaftsverband und vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KJH Flow auf, umgehend und dauerhaft Abhilfe zu schaffen.

In der Coronazeit musste auch der Kommunale Ordnungsdienst wiederholt eingreifen

Bei der Stadt wisse man von der Situation rund um den „Warteraum“, so Stadtsprecher Andreas Pläsken. So habe sich die Lage dort während der Corona-Pandemie auch noch einmal zugespitzt, so dass auch der Kommunale Ordnungsdienst wiederholt eingreifen musste, was zuvor nicht der fall gewesen sei. Auch mussten Leute des Warteraums wiederholt vom Schulgelände geholt werden, das für sie tabu sei. Zwischen Stadt und Flow gibt es übrigens einen unbefristeten Mietvertrag für den „Warteraum“ mit sechs Monaten Kündigungsfrist beiderseits.

Beteiligte setzen nun auf Gespräch und Verbesserung der Situation

Bei Flow nehme man diese Beschwerden nicht auf die leichte Schulter und könne das nur bedauern, so Sprecherin Marie Stiewe-Wilmkes. Auch Sascha Rogowski, Pädagogischer Leiter bei der KJH Flow, räumt in einer Antwort an die „Warteraum“-Nachbarn gerade bei Neuaufnahmen Situationen ein, „die in der Nachbarschaft als teilweise unerträglich und auch bedrohlich wahrgenommen werden“. Man entschuldige sich in aller Form, und versichere, dass dies weder im Sinne der Flow sei noch toleriert würde. Die Maßnahme für einen als besonders schwierig geltenden Bewohner des Warteraums sei in Abstimmung mit dem Jugendamt beendet worden. Das Team von Flow und „Warteraum“ setzt nun auf ein Gespräch mit allen Beteiligten noch in diesem Monat.