Bottrop. Die Anträge in der Rats-Sondersitzung müsste die AfD auf Bundes- und Landesebene stellen, sagt Bottrops Verwaltung. Was Freitag passieren kann.
Auf Antrag der AfD hat Bottrops Oberbürgermeister Bernd Tischler für Freitag eine Sondersitzung des Rates einberufen. Fünf der sechs Anträge, die die AfD dort behandeln lassen will, haben allerdings im Rat gar nichts zu suchen, sagen Dezernent Jochen Brunnhofer und Björn Abraham vom Ratsbüro: Die Regelungen, die die AfD aufheben lassen will, stehen im Infektionsschutzgesetz des Bundes und/oder in der Corona-Schutzverordnung des Landes.
Dennoch hat der Oberbürgermeister die Sondersitzung einberufen. Das musste er tun, sagt Abraham: Die Gemeindeordnung verlangt, der Rat sei „unverzüglich einzuberufen, wenn dies (...) eine Fraktion (...) verlangt.“ Die Ansetzung der Sitzung für Freitag könnte allerdings eine hübsche politische Pointe bekommen.
Freitag fallen wohl Corona-Beschränkungen
Nach Brunnhofers Einschätzung wird die Wahrscheinlichkeit immer größer, dass am Freitag etliche Corona-Beschränkungen fallen. Allerdings nicht, weil die AfD das will. Sondern weil wegen der niedrigen Inzidenzen am Freitag wohl die Bundesnotbremse gelockert wird. Dann dürfte etwa die Außengastronomie öffnen, Beschränkungen wie die nächtliche Ausgangssperre und Testpflicht beim Einkaufen fielen weg.
Zur Forderung der AfD, nur noch bestimmte Testergebnisse ans Landeszentrum Gesundheit zu übermitteln, sagt Brunnhofer knapp: „Die Stadt hat kein Entscheidungsermessen.“ Das gelte auch für die Forderung, Schnelltests nur noch Menschen anzubieten, die bereits Symptome von Covid-19 haben. Das sei zudem eine ganz schlechte Idee: „Symptomatische Menschen gehören zum Arzt und müssen einen PCR-Test machen“, sagt Brunnhofer. „Test für Bürger und für symptomatische Menschen haben wir wegen des Infektionsrisikos immer zu trennen versucht. Sinn und Zweck der Bürgertests ist es, Infektionen zu erkennen, bevor Symptome auftreten.“
„Die Maske ist der beste Schutz, wenn es eng wird“
Die Maskenpflicht, die die AfD aufheben lassen will, stehe ebenfalls nicht im Ermessen der Stadt, sondern in der Coronaschutzverordnung des Landes. Für Brunnhofer ist sie zudem eine Frage des gesunden Menschenverstandes: „Die Logik sagt, die Maske ist der beste Schutz, wenn es eng wird und Abstände nicht eingehalten werden können - fernab von allen rechtlichen Regeln.“
Der Verwaltung soll der Rat nach dem Antrag der AfD zudem eine Missbilligung aussprechen, weil sie eine Anfrage „zu spät und völlig unzureichend“ beantwortet habe. Dazu sagt Abraham knapp: Eine Vielzahl von Fragen habe sich auf Bundes- und Landesrecht bezogen. „Der Oberbürgermeister muss diese nicht beantworten.“ Außerdem: „Fristen für die Beantwortung der Fragen gibt es nicht.“
Was am Freitag passieren könnte
Abraham hat mehrere Szenarien durchgespielt, die Freitag eintreten könnten. Wenn weniger als die Hälfte der Ratsmitglieder nicht kommen, wäre der Rat nicht beschlussfähig. Dann würde der OB erneut zu einer Sitzung einladen, die dann auch mit weniger Teilnehmern beschlussfähig wäre. Sollte der Rat die Anträge der AfD ablehnen, gilt diese Ablehnung ein halbes Jahr. Es sei denn, ein Änderungsantrag fände Unterstützung bei „mindestens einem Viertel der anwesenden Ratsmitglieder“.
Sollten die Anträge eine Mehrheit finden, werde der OB sie wegen der Nichtzuständigkeit des Rates beanstanden und damit einkassieren müssen. Chancen auf eine Umsetzung hätte am Freitag also nur der Antrag auf Aufhebung der Testpflicht beim Einkauf. Aber nicht, weil die AfD das will. Sondern weil die Notbremse gelockert wird.
Auch die ÖDP spricht von Populismus
Nach SPD und CDU wirft auch die ÖPD der AfD Populismus vor. Sie versuche damit „Unruhe und Zwietracht zu säen in einer Zeit, in der wir nichts mehr brauchen als gesellschaftliche Solidarität“ sagt Marianne Dominas, Sprecherin der Ratsgruppe,
„Wir sind der festen Überzeugung, dass die Pandemie es erfordert, das Allgemeinwohl vor die individuellen Interessen des Einzelnen zu stellen. Auch wenn die Freiheit des Einzelnen ein hohes Gut ist, endet diese Freiheit da, wo andere gefährdet werden. In dieser Zeit sind die Anträge ein Schlag ins Gesicht von allen, die in dieser Pandemie Angehörige verloren haben, die sich jeden Tag in den Kliniken mühen, Leben zu retten, die dafür sorgen, den gesellschaftlichen Alltag aufrecht zu erhalten.“
Die ÖDP teilt die Auffassung in Politik und Verwaltung, dass fünf der sechs Anträge sich auf Bundes- und Landesrecht beziehen. Ein Ratsentscheid darüber sein unnötig.