Bottrop. Die AfD will in Bottrop Corona-Schutzmaßnahmen aufheben und verlangt dazu eine Sondersitzung des Rates. Bei SPD und CDU stößt das auf Kritik.

Der Stadtrat wird in einer Sondersitzung über die Abschaffung von Corona-Schutzvorkehrungen diskutieren. Denn die AfD will sie in Bottrop teils aufheben lassen. Das wird der Rat voraussichtlich ablehnen. Oberbürgermeister Bernd Tischler hat die Ratsvertreter am kommenden Freitag um 15 Uhr zu der Sondersitzung in die Dieter-Renz-Sporthalle eingeladen, weil die AfD das verlangt hat. „Die Ratssitzung duldet keinen Aufschub, um die täglich schwerwiegendere Schädigung von Bewohnern unserer Gemeinde aufzuhalten“, begründet AfD-Ratsherr Udo Pauen diesen Schritt. Bei anderen Parteien stößt das auf Kritik.

„Das Ganze dient der AfD doch nur dazu, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Göddertz. Zur Aufhebung der Corona-Schutzmaßnahmen fehle dem Rat schlichtweg die Befugnis. Denn die Forderungen der AfD beziehen sich fast ausnahmslos auf Vorgaben des Landes und des Bundes, die die Stadt auszuführen habe. „Wir entscheiden nicht darüber“, erklärt Göddertz.

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Die SPD-Fraktionsspitze strebt zwar ein gemeinsames Vorgehen mit den anderen demokratischen Parteien im Rat an, dennoch macht der Landtagsabgeordnete klar: „Wir nehmen natürlich an der Sondersitzung teil“. Das empfiehlt auch CDU-Fraktionschef Hermann Hirschfelder seinen Parteifreunden. Der Rat müsse klar machen, dass die AfD-Forderungen auf keinen Fall mehrheitsfähig seien. „Ich halte es für absolut vernünftig und richtig, was bisher unternommen wurde, auch wenn man über Details natürlich unterschiedlicher Meinung sein kann“, sagte der CDU-Ratsherr mit Blick auf die Corona-Schutzmaßnahmen.

AfD-Vertreter will Maskenpflicht in Bottroper City abschaffen

AfD-Ratsvertreter Udo Pauen bereitete den Vorstoß seiner Partei schon länger vor. Im Einzelnen fordert die AfD nicht nur eine andere Methodik bei der Ermittlung der Inzidenzwerte, sie will auch die Maskenpflicht aufheben. „Jeder hat selbstverständlich das Recht, eine Maske zu tragen, um sich selbst zu schützen“, sagt Pauen. Dies gelinge mit einer richtig angelegten FFP 2-Maske auch. Er bezweifelt aber, dass Bürger auch das Recht haben, sich „zusätzlich von anderen schützen zu lassen“. Aus dem Antrag der AfD geht hervor, dass ihre Ratsvertreter dies sogar für überflüssig halten.

Die Schnelltestangebote will die AfD ebenfalls einschränken. Die Mitarbeiter in den Testzentren sollen die Covid-19-Tests nur Menschen anbieten, die die für eine Corona-Erkrankung typischen Symptome aufweisen. Alles andere halten die AfD-Vertreter für Geldverbrennung. Sie gehen sogar von Freiheitsberaubung aus. So heißt es in der AfD-Mitteilung: „Bei ungezieltem Testen steigt gleichzeitig das Risiko falschpositiver Tests mit der Folge der Freiheitsberaubung: Quarantäne mit Wohnhaft wird bis zum Eingang eines PCR-Tests auferlegt“.

Hinweis auf die Maskenpflicht am Trapez auf der Gladbecker Straße: Die AfD will die Maskenpflicht in Bottrop in ein Recht auf Maskentragen umwandeln.
Hinweis auf die Maskenpflicht am Trapez auf der Gladbecker Straße: Die AfD will die Maskenpflicht in Bottrop in ein Recht auf Maskentragen umwandeln. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Bei SPD und CDU löst Protest gegen Coronaschutz Unverständnis aus

Bei den Sprechern der SPD und der CDU löst das großes Unverständnis aus. „Wer eine Maske trägt schützt nicht nur sich selbst, sondern gerade auch andere. Das ist auch richtig so“, betont Thomas Göddertz. „Bei den Corona-Tests haben die Tester immer wieder heraus gefunden, dass sich Menschen mit dem Coronavirus angesteckt haben, obwohl sie keine Symptome zeigten“, sagte er. Das helfe dabei, so viele Bürger wie möglich vor Ansteckungen zu schützen. „Ich verstehe die Motivation dazu überhaupt nicht“, sagt auch CDU-Fraktionschef Hermann Hirschfelder über die AfD-Forderungen. „Es muss doch das Ziel sein, die Corona-Pandemie so schnell und effizient wie möglich zu bekämpfen und aus dieser Lage wieder heraus zu kommen“, betonte er.

Die AfD verunsichere die Bevölkerung und treibe die Spaltung der Gesellschaft voran, mahnt Thomas Göddertz. „Die AfD ist der parlamentarische Arm der Corona-Leugner, sowohl in Berlin als auch in Bottrop und Herr Pauen marschiert an der Spitze der Bewegung durch die Stadt“, kritisiert auch SPD-Fraktionsvize Matthias Buschfeld und verweist auf die sogenannten Montagsdemonstrationen gegen die Corona-Schutzauflagen. „Da geht es nur um Populismus“, sagte der Ratsherr. Die AfD-Anträge zeigten klar, dass ihre Ratsvertreter gar kein Interesse an einer ernsthaften Auseinandersetzung hätten. „Der AfD gehen sonst ja auch die Themen aus“, meint Buschfeld.

Ratsherr will Bürgern Angst vor Ansteckung mit Coronavirus nehmen

Auch AfD-Vertreter Udo Pauen macht allerdings klar: „Covid 19 ist ein tödliches Risiko, da besteht kein Zweifel“. Allerdings müsse besser abgewogen werden, mit welchen Maßnahmen dagegen vorzugehen sei. „Es geht uns um die Verhältnismäßigkeit und darum, den Leuten die Angst zu nehmen, sich mit dem Coronavirus anzustecken“, sagte der Ratsherr. In ihrem Papier messen die AfD-Vertreter daher die Zahl der aktuellen Corona-Infizierten an der gesamten Einwohnerzahl Bottrops und setzen die 103 an oder mit dem Coronavirus Verstorbenen in Bezug zu den im vorigen Jahr insgesamt 1582 Verstorbenen. „Die Verhältniszahlen ergeben ohne Weiteres, dass die Zahlen zu den Folgen einer Covid-19-Infektion nicht als derart signifikant bewertet werden können, dass der Masse der Bevölkerung eine derart intensive Beeinträchtigung ihrer Lebensführung zugemutet werden darf“, heißt es dazu.

Pauen fordert daher das Öffnungsverbot für Betriebe und Dienstleister mit Kundenverkehr ebenso aufzuheben wie die Vorschrift, Kunden das Betreten nur bei Vorlage eines gültigen Schnelltests oder Impfnachweises zu erlauben. Denn das sei, so die AfD in ihrem Antragspapier, nichts Anderes „als die unverhältnismäßige Drangsalierung und Schikanierung sowohl der Nachfrager als auch der Anbieter“.