Bottrop. Die Grüne Andrea Swoboda ist neue Vorsitzende des Kulturausschusses. Ein Gespräch über Orte, die sie schätzt - und einen Ort, den sie vermisst.

In der Kulturlandschaft der Stadt gibt es einige Veränderungen - und nicht nur aus städtebaulicher Sicht. Martina Schilling-Graef hat im letzten Monat als erste Frau die Leitung des städtischen Kulturamts übernommen. Und mitAndrea Swoboda ist erstmals eine Grünen-Politikerin Vorsitzende des Kulturausschusses, der Freitag zum ersten Mal nach der Kommunalwahl im September zusammenkommt. Beim Gespräch mit Dirk Aschendorf im wieder geöffneten Museum Quadrat lenkt die Fraktionsvorsitzende der Grünen direkt die Aufmerksamkeit auf eine weitere wichtige Kultur-Position, deren Besetzung noch offen ist.

Frau Swoboda, Sie haben das Museum als Gesprächsort ausgesucht: Ist das Ihr kultureller Lieblingsort, vielleicht schon ein Statement vor der ersten Sitzung des neuen Kulturausschusses?

Andrea Swoboda: Ja. Hier treffen zukunftsgewandte Kultur und Natur zusammen, das ist für mich wie ein perfektes Arrangement. Mit der Sammlung der Ur- und Ortsgeschichte, die ich als Bottroperin seit meiner Kindheit kennen, ist dies aber auch wie die neu gestalteten Halden ein Inbegriff von Heimat. Was wir hier sind, was die Stadt heute ist, wäre ohne die Kohle gar nicht denkbar. So empfand das auch Josef Albers, der seine Bottroper Wurzeln nie verleugnet hat. Und am Ende hat ja auch die Kohle, oder der Abschied davon, noch einmal die gerade stattfindende Erweiterung des Hauses angestoßen und mit anderen dann ermöglicht.

Also wird Ihr Augenmerk als Kulturausschussvorsitzende auf diesem Haus liegen? Woran denken Sie da?

Die neue Kulturausschussvorsitzende Andrea Swoboda (Grüne) im Museum Quadrat in Bottrop im WAZ-Gespräch. Das Museum ist einer der kulturellen Lieblingsorte der Politikerin.
Die neue Kulturausschussvorsitzende Andrea Swoboda (Grüne) im Museum Quadrat in Bottrop im WAZ-Gespräch. Das Museum ist einer der kulturellen Lieblingsorte der Politikerin. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Nun, vor allem, daran, dass wir jetzt unverzüglich die Nachfolge für die Leitung des Hauses regeln müssen. Herr Dr. Liesbrock hat in fast zwei Jahrzehnten seiner Arbeit die Latte unglaublich hoch gelegt und dem Haus international Geltung verschafft - und wäre eigentlich schon pensioniert. Zum Glück ist er noch hier. Aber vielleicht hätte man schon vor zwei, drei Jahren aktiv werden müssen.

Welche Pflöcke möchten Sie als Ausschussvorsitzende einschlagen, wo soll Bottrops Kultur in den nächsten Jahren stehen?

Wir müssen und können, was hier präsentiert wird, viel stärker nach außen tragen. Gerade beim Museum, aber auch in fast allen anderen Bereichen bietet die Digitalisierung, die in der Pandemie Hochkonjunktur hat, tolle Möglichkeiten, offensiv nach außen zu gehen. Aber vielleicht sollte es auch einen Museumsshop im Hansaviertel geben. Gerade das Museum hat bei Verkäufen zuletzt zugelegt, wie mir die Kulturverwaltung sagte. Und die echte eigene Homepage: ein Muss.

Gerade für die Kultur und vor allem die Künstler ist Corona ein riesiges Problem...

Ja, die dritte Welle darf man nicht unterschätzen, auch wenn gerade das Quadrat wieder geöffnet hat. Wir müssen versuchen, gerade den Kunstschaffenden zu helfen, die durch das Raster von Bundes- und Landesförderung fallen und zum Teil vor dem Bankrott stehen. Freitag werden die Grünen ja einen Antrag zu einem Solidaritätsfonds für Betroffene einbringen. Das muss gar nicht mehr kosten oder als neue freiwillige Leistung dauerhaft bleiben. Eine Umlenkung kommunaler Mittel, wie zum Beispiel der Knöllchengebühren vom letzten Jahr, das wäre doch schon etwas.

Als Grüne gehören Sie ja nicht der langjährigen Bottroper rot-schwarzen „Groko“ an. Wie wollen Sie Mehrheiten finden?

Man kann über Ausschüsse viele Dinge einbringen, aber am Ende entscheidet die Mehrheit in der Politik. Die besten Chancen hat man in Bündnissen, das sage ich als Grüne, also aus Sicht einer hier kleineren Fraktion.

Worauf freuen sie sich als Kulturausschussvorsitzende besonders?

Ich werde - hoffentlich - mit vielen Kunstschaffenden und Einrichtungen hier in Kontakt kommen, das freut mich als jemand, der Kunst und Kultur im Leben immer als wesentlich und bereichernd empfunden hat. Und diese Ideen auch in der Stadt zu fördern, zum Beispiel Integration durch Kunst, die vielen Vereine, die künstlerisch oder musikalisch engagiert sind, aber auch die etablierte Kultur der Stadt, deren Programme und Festivals, zu unterstützen oder positiv beeinflussen zu können, wird mir ein Anliegen sein.

Was fehlt Bottrop?

Ein Saal für Theater, Konzerte und als Treffpunkt für alle Bürgerinnen und Bürger. Und wir sollten uns ernsthaft über die Zukunft der großen Baudenkmäler wie Liebfrauen oder Herz Jesu Gedanken machen. Nicht alle können Kulturkirche werden. Aber sie sind von außen Landmarken der Stadt, von innen eben nicht nur spirituelle, sondern auch kulturelle (Konzert-)Orte.

Zur Person

Andrea Swoboda wurde 1968 in Bottrop geboren. Sie studierte Germanistik, Geschichte und Politik. Die Mutter von zwei Söhnen ist Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rat der Stadt und trat bei der Kommunalwahl 2020 als OB-Kandidatin an. Die Grünen errangen stadtweit 12,8 Prozent der Wählerstimmen. Andrea Swoboda leitet erstmals als Vorsitzende am Freitag, 19. März, um 16 Uhr in der Dieter-Renz-Halle den Kulturausschuss.