Bottrop. Verunsicherung bei Einzelhändlern, Frust bei Gastronomen, impfwillige Hausärzte: Das sind die Reaktionen aus Bottrop auf den Corona-Gipfel.
Dürfen die Läden in Bottrop ab Montag wieder öffnen? Ja, nach vorheriger Terminvereinbarung mit den Kunden, sagt Ministerpräsident Armin Laschet im Landtag, weil in NRW die Inzidenz stabil unter 100 liegt. Aber der Bund-Länder-Gipfel hat sich auf Ausnahmen verständigt für Regionen, die wie Bottrop stabil unter dem Wert von 50 liegen. Dürfen also die Bottroper Läden auch ohne Termin öffnen? „Wir wissen es noch nicht“, sagt Krisenstabs-Sprecher Andreas Pläsken. Er geht davon aus, dass die neue Coronaschutzverordnung des Landes am Freitag Klarheit bringt.
Die Mitarbeiter der Humboldt-Buchhandlung haben Planungssicherheit. Sie wissen, dass und unter welchen Auflagen sie Montag öffnen dürfen. „Wir machen Montag auf und dürfen dann wie vor Weihnachten maximal fünf Personen gleichzeitig im Geschäft haben“, sagt Kirsten Markgraf von der Filiale in Kirchhellen.
Warten auf die neue Verordnung
„Sobald es uns erlaubt wird, machen wir auf“, heißt die Sprachregelung im Schuhhaus Ostermann. Sollte es Sonderkonditionen geben für Regionen mit niedriger Inzidenz, könnte die Filiale an der Hochstraße ohne Terminvergabe öffnen, das Stammhaus in Dorsten dagegen nur mit Termin. Im Kreis Recklinghausen lag die Inzidenz am Donnerstag bei 55,5.
Im Rathaus wartet der Krisenstab dringend auf die Neufassung der Coronaschutzverordnung. „Derzeit gehen viele Mails zwischen den Kommunen und etwa dem Städtetag hin und her mit dem Tenor: Wisst Ihr was? Wir auch nicht“, sagt Krisenstabs-Sprecher Andreas Pläsken. Die Frage, ob und wie der Handel ab Montag öffnen darf, ist dabei nur eine von vielen: „Wir sind sehr gespannt, was in Sachen Impfen und Schnelltests von uns erwartet wird.“
Bottroper Gastronomin: „Gipfelergebnisse schlimmer als befürchtet“
Bei den Gastronomen dagegen haben die Gipfelergebnisse Frust und Ärger ausgelöst. „Es ist deutlich schlimmer als erwartet“, sagt Tina Große-Wilde, Inhaberin des gleichnamigen Hotel- und Restaurants in Bottrop und Mitglied Präsidium des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Westfalen. Man habe ja nicht erwartet, dass es kurzfristig wieder losgehe, „aber dass wir nun ganz am Ende des Plans stehen, das ist enttäuschend“.
Tatsächlich ist in dem Papier, das nach dem Gipfel veröffentlich wurde, lediglich die Rede von Außengastronomie, die unter bestimmten Bedingungen ab dem 22. März wieder öffnen könnte – bei einer Inzidenz von unter 50.Bei einem Wert zwischen 50 und 100 müssten sich Gäste vorher anmelden und einen tagesaktuellen Schnell- oder Selbsttest vorlegen. Wie es sonst weiter geht mit Hotels und Gastronomie werde dann beim nächsten Treffen am 22. März beraten.
Verband hatte Pläne und Konzepte für Öffnungen entwickelt und vorgelegt
„Man fühlt sich, als gehe man zu Fuß durch einen langen Tunnel und wartet darauf, dass endlich Tageslicht zu sehen ist“, beschreibt Tina Große-Wilde den Zustand in der Gastronomie. Zumindest auf eine Perspektive habe die Branche gehofft, habe im Vorfeld Pläne und Konzepte vorgelegt, wie die Öffnung funktionieren könnte. Doch all das, so Tina Große-Wilde, sei nicht beachtet worden. „Selbstverständlich wissen, wir, dass die Gesundheit an erster Stelle steht, aber was jetzt der Einzelhandel oder die körpernahen Dienstleistungen besser können als wir, das ist uns nicht klar.“
Bottroper Hausärzte warten nur auf den Impfstoff
Eine wichtige Rolle bei allen Lockerungsplänen spielt die Ausweitung der Impfkampagne. Spätestens ab April, wenn mehr Impfstoff vorhanden ist, sollen niedergelassene Haus- und Fachärzte in ihren Praxen gegen Corona immunisieren dürfen. Dr. Christoph Giepen, Allgemeinmediziner und Sprecher des Bottroper Ärztevereins: „Wir haben 45 Hausarztpraxen in Bottrop. Die scharren schon mit den Füßen und wollen endlich den Impfstoff haben.“ Seit Wochen und Monaten gebe es Anfragen der Patienten danach. Viele der Menschen, die aufgrund der Priorisierung in Kürze geimpft werden können, seien sowieso bei den Hausärzten in Behandlung, würden teils auch regelmäßig von den Medizinern zu Hause besucht. Gerade deren Immunisierung könne die breite Hausärzteschaft besser leisten als etwa ein mobiles Team des Impfzentrums. „Es ist richtig, den Impfstoff in die Breite zu bringen“, betont Giepen.
Genaue Abläufe und Terminvergaben müssen noch festgelegt werden. Giepen: „Stand jetzt ist, dass die Kassenärztliche Vereinigung wenig Vorgaben machen möchte, so dass die Hausärzte der Priorisierung folgend die Patienten auswählen können.“ Patienten über 70 etwa, mit einer COPD-Erkrankung oder Diabetes „können wir rausfiltern, weil wir sie kennen und behandeln“. Diese würden vom Hausarzt angesprochen, ob sie einen Impftermin wollen. Dabei wird den Hausärzten, die ihre Patienten und deren individuelles Risiko ja gut kennen, bei der Impfreihenfolge eine gewisse Flexibilität zugestanden.
„Was uns Sorge bereitet ist die Menge des Impfstoffs“, so Giepen weiter. Impfwillige Praxen seien bereits abgefragt worden. „Ich gehe davon aus, dass wir als Gesamtheit der Praxen deutlich mehr impfen könnten als wir Impfstoff haben.“ Er hoffe aber, dass sich die Situation etwas verbessere, wenn Astrazeneca jetzt auch für Ältere empfohlen werde.