Bottrop. Klaus Strehl prägte die neue Stadt aus Bottrop und Kirchhellen 44 Jahre als Vorsitzender des Stadtplanungsausschusses. Ein Gespräch.
Die neue Stadt Bottrop hat sich ordentlich gemacht. „Als Bottrop und Kirchhellen gemeinsam begannen, hätte man nicht ohne weiteres an so eine positive Entwicklung geglaubt“, sagt Bürgermeister Klaus Strehl, und er muss es wissen. Klaus Strehl wehrt das bescheiden ab. Doch wer, wenn nicht er hat Bottrop in den zurück liegenden fünf Jahrzehnten so sehr mit geplant und mit geprägt wie er. 44 Jahre lang ist Klaus Strehl der Vorsitzende des so wichtigen wie selbstbewussten Bottroper Ratsausschusses für Stadtplanung gewesen - ziemlich genau so lange, wie es die Stadt gibt, die sich 1976 aus Bottrop und Kirchhellen zusammenschloss. „Lassen Sie uns über Bottrop reden“, bat die WAZ den Bürgermeister also, weil er vor kurzem diesen Vorsitz aus der Hand gab.
Strehl ist ganz zufrieden damit, wie sich die Stadt entwickelt hat. Starke Impulse wie das Klimaschutzmodellprojekt Innovation City hätten sie enorm voran gebracht, aber zum Beispiel auch die ebenfalls auf zehn Jahre ausgelegte Internationale Bauausstellung Emscherpark in den neunziger Jahren. Jetzt eröffne das Modellprojekt Freiheit Emscher neue Perspektiven. Dabei handelt es sich um eines der größten Stadtumbauprojekte des Landes NRW überhaupt. Gemeinsames Ziel ist es, die riesigen alten Bergbaustandorte und die sie umgebenden Stadtteile im Bottroper Süden und Essener Norden neu zu beleben und zu modernisieren. „Das ist ein so wichtiges Projekt, das Arbeitsplätze und Wohnungen mit sich bringen wird, dass wir alle Kraft daran setzen sollten“, rät der 77-Jährige.
Der Tetraeder dient als ruhrgbietsweites Wahrzeichen
Innovation City verdanke Bottrop nicht nur einen guten Ruf und zeitweise ein weltweites Interesse, sondern zum Beispiel durch die Modernisierung vieler Wohnungen vor allem auch in Sachen Energie-Effizienz - die Quote ist gut dreimal so hoch wie im Bundesdurchschnitt - Fortschritte beim Klimaschutz. Die Internationale Bauausstellung etwa hat Bottrop als ruhrgebietsweites Wahrzeichen den Tetraeder gebracht, die zig Millionen teure Erneuerung der Gartenstadt Welheim oder nach dem Abriss der Zeche Prosper III den Bau der Eigenheimsiedlung Beckheide ermöglicht, nennt der SPD-Vertreter positive Beispiele.
Ohnehin ist es dem Bürgermeister wichtig, dass immer wieder moderne Wohnungen geschaffen wurden und werden. „Die Innenstadt muss belebt sein“, erklärt der 77-Jährige. Kaufhäuser, Ladenlokale, Praxen und Büros seien das eine, aber: „Im Umkreis davon müssen viele Menschen wohnen. Darauf haben wir immer geachtet“, betont der Ratsherr. Allein die Bottroper Innenstadt habe um die 19.000 Bewohner, hält er fest. Diese Grundprinzip beherzigten die ehrenamtlichen Stadtplaner in seinem Ratsausschuss und die hauptberuflichen im Rathaus immer wieder aufs Neue, und sie wenden es auch auf die größeren Bottroper Stadtteilzentren so an.
Ein neues Viertel für gehobenes Wohnen tut Bottrop gut
Strehl räumt ein, dass es längst nicht um jedes zentralere Einkaufsviertel in den Stadtteilen zum Besten stehe, doch wenn möglich steuere die Stadt gegen einen drohenden Niedergang an. Ein Beispiel dafür sei der Eigener Markt, wo die Stadtplaner jetzt nicht nur die Basis zur Ansiedlung größerer Supermärkte und Drogerieläden lege, sondern eben auch wieder für neue moderne Wohnungen. „Der Eigen wird erheblich aufgewertet“, betont der ehrenamtliche Bürgermeister. Auch in Boy, Fuhlenbrock und Kirchhellen sei die Entwicklung positiv. „Wenn Sie die Bürger fragen, ist der Zufriedenheitsgrad relativ groß“, ist sich Klaus Strehl sicher. Auch das Jugendhaus von Manuel Neuers Kids Foundation in Welheim, in dem Kinder und Jugendliche gefördert werden sollen, sieht er als Pluspunkt an. "Ich finde das gut", betont der Bürgermeister.
Das Wohngebiet Schultenkamp in Kirchhellen, das mit seinen 670 Wohnungen über die Stadt hinaus Interesse wecke, hebt der Bürgermeister als Gewinn für Bottrop als Wohnstadt heraus. An den Bau der Wohnsiedlung, die in der Nähe von Stadtgarten und Köllnischem Wald auf dem früheren Gelände der Ziegelei Bremer an der Lindhorststraße liegt, erinnert er. „Sie entstand auf Erbpachtbasis. Das hat sich bewährt“, betont Klaus Strehl. Durch das Vorhaben am Eigener Markt verspricht er sich auch neuen Schub für das lange geplante Projekt für gehobenes Wohnen am Stadtgarten. Denn durch den Grundstückstausch und den geplanten Umzug des grünen Bauhofes an die Schubertstraße neben die Best wird das Gelände der alten Stadtgärtnerei dafür nun doch frei. Ein so hervorragendes Wohnviertel, wie es am Stadtgarten geplant wird, tue Bottrop gut. "Wir hatten daher eigentlich gehofft, dass das schneller geht".
Wenn die Stadt die Initiative ergreift, gibt es Fortschritte
Er sei froh, dass das Bekleidungshaus in der City nach der Mensing-Pleite durch den Einstieg der Modekette Sinn gerettet sei, und die Leerstände so nicht noch weiter zunehmen, sagt Klaus Strehl. Allerdings hat die Entwicklung des Stadtkerns ja zwei Seiten. Denn wenn die Stadt selbst aktiv sein kann, gibt es ja auch große Fortschritte: durch die Sanierung des historischen Rathauses am Ernst-Wilczok-Platz, die Erweiterung des Kulturzentrums an der Böckenhoffstraße, den geplanten Neubau des Rathaus-Komplexes am Saalbau oder den Ausbau des Museumszentrums im Stadtgarten.
"Das hängt enorm von der Akquise von Fördermitteln ab, die der Stadt gelungen ist. Das ist exorbitant viel Geld", sagt der Bürgermeister und lobt die hervorragende Arbeit der Verwaltung. Ähnliche Komplimente macht der Ratsherr auch Oberbürgermeister Bernd Tischler wegen dessen großen Engagements für den Ausbau des Josef-Albers-Museums. Er sei zunächst auch wegen der Unterhaltungskosten für die Stadt skeptisch gewesen, räumt Strehl sein. "Was da an Spenden und auch Zuwendungen großer Stiftungen akquiriert worden ist", lobt er mittlerweile aber die Finanzhilfen Dritter, die auch bei ihm einen Sinneswandel bewirkt haben. Denn heute sagt Klaus Strehl: "Der Neubau des Josef-Albers-Zentrums ist sehr, sehr gut".
Bei der Stadtplanung auf die Wünsche der Bürger achten
Allheilmittel für die Belebung des Stadtkerns kenne auch er leider nicht, meint der Bürgermeister schmunzelnd, zumal die Stadt dabei ja zumeist nur privaten Unternehmen den Weg ebnen und für sie Anreize schaffen könne. Dabei denkt er nicht nur an den alten Karstadt-Komplex und das Hansa-Center, sondern auch an die Bauknecht-Büropläne am Gleiwitzer Platz. "Warten wir mal ab, wie sich das RAG-Haus entwickelt", meint Strehl.
Der Bürgermeister empfiehlt ausdrücklich, auch bei der Gestaltung der City auf die Bürger zu hören. "Das heißt dann ja auch, den Wünschen der ansässigen Geschäftsleute Rechnung zu tragen", sagt er mit Blick auf den anhaltenden Streit um Fußgänger, Radwege und Autos. Von einer radikalen Verdrängung von Autofahrern hält Strehl jedenfalls wenig. "Ältere Leute kommen nicht mit dem Fahrrad in die Stadt", rät er zu einem ausgewogenen Mix der Verkehrsflüsse, "und Sie können auch nicht alles fußläufig machen".
>>> Studierter Verwaltungsmann
Klaus Strehl ist studierter Kommunalbeamter. Er wurde 1943 in Fulda geboren und wuchs in Oberhausen und in Bottrop auf. Dem Bottroper Stadtrat gehört er seit 1975 an. Seit 2004 ist er ehrenamtlicher Bürgermeister. Klaus Strehl ist seit 1966 SPD-Mitglied und war von 1983 bis 1995 SPD-Vorsitzender in Bottrop.
Klaus Strehl war von 1985 bis 2005 Landtagsabgeordneter. Er wurde viermal direkt gewählt. Auch im Düsseldorfer Landtag leitete Strehl zehn Jahre lang den Ausschuss für Raumordnung und Umweltschutz.