Bottrop/Gelsenkirchen. Mit Ende 30 krempelt Klemens Teichmann sein Leben um. Der Einzelhandelskaufmann studiert noch einmal und wird jetzt Gemeindereferent.

"Ich fühle mich berufen", sagt Klemens Teichmann. Und wenn man das hört, so tief und überzeugt, dann merkt man schnell, hier ist jemand, der meint es ernst, der hat seinen Platz gefunden. Der 45-Jährige hat Anfang Dezember seine neue Stelle als Gemeindeassistent in der Pfarrei St. Cyriakus angetreten, ist somit quasi in der Ausbildung zum Gemeindereferenten. 

Der Glaube, die Kirche und die Gemeinschaft in der Gemeinde hätten schon immer zu seinem Leben gehört. Schon als Kind in der mecklenburgischen Diaspora gehörte es dazu, nun steht all das auch im Mittelpunkt seines Berufslebens. 

26 Jahre im Einzelhandel gearbeitet

Dabei war das gar nicht absehbar. Er lernt Einzelhändler, arbeitet 26 Jahre in dem Beruf, zuletzt als Teamleiter in einem großen Supermarkt. Nach seiner Ausbildung vermittelt ihn sein damaliger Chef nach Hamm, inzwischen lebt er in Gelsenkirchen-Feldmark. 

Auch in seiner neuen Heimat engagiert er sich in der Gemeinde, arbeitet mit in der Kommunionvorbereitung und organisiert Ferienfreizeiten. Dass er sich dann mit Ende 30 für ein Studium einschreibt, beruflich noch einmal ganz neue Wege geht, habe an seiner Frau gelegen, sagt Klemens Teichmann. „Die hat gemerkt, wie sehr ich für die Kirche brenne und dass mein alter Job mir inhaltlich zu wenig gegeben hat."

Neben dem Studium geht Klemens Teichmann voll arbeiten

Im Rückblick sagt der angehende Gemeindereferent, dass es im Einzelhandel letztlich allein um die Zahlen ging. Eine gute Freundin studiert Religionspädagogik und nach Gesprächen merkt er, dass das auch was für ihn ist. In Paderborn studiert er dann. Die Besonderheit: Daneben geht er weiter Vollzeit arbeiten. „Ich habe ein flexibles Studium absolviert. Statt in drei Jahren macht man den Abschluss dann in sechs.“ Die Belastung ist enorm. Montags und dienstags arbeitet er von 6 bis 14 Uhr. Mittwoch ist sein freier Tag, den verbringt er an der Hochschule, meist auch noch den Donnerstagsvormittag. Dann wird wieder gearbeitet. Danach zuhause das Studium weiter vorangetrieben.

Viele seiner Kommilitonen sind wesentlich jünger, haben gerade die Schule abgeschlossen. Die meisten hätten mit Respekt auf seine Entscheidung, in dem Alter noch einmal was neues anzugehen, reagiert. Und er sei auch nicht der einzige ältere Student gewesen. Es habe noch andere - zwar wenige - mit einer ähnlichen Biografie gegeben, sagt Klemens Teichmann. 

Während des Studiums wird er auch noch Vater

Wie hart die Zeit ist zeigt sich noch deutlicher, als Klemens Teichmann in der Zeit auch noch Vater wird. „Ganz ehrlich. Es war glaube ich gut, dass mein Studium so weit fortgeschritten war. Ich weiß nämlich nicht, ob ich es sonst durchgezogen hätten.“ So hat er Glück und das Bistum meldet sich frühzeitig, stellt ihn ein und er kann sein Studium am Ende doch etwas schneller als geplant abschließen.

Und wenn er heute seinen alten und seinen künftigen Beruf vergleicht? Klemens Teichmann entdeckt da durchaus einige Parallelen. Es gehe darum, auf Menschen zuzugehen. Das sei auch in der Kirche der nötige Einstieg. Und im übertragenen Sinne habe er nun ja auch etwas zu verkaufen. „Ich verkaufe das Evangelium – durch meine Person.“

Klasssiches Gemeindeleben ist in Coronazeiten gar nicht möglich

An seiner neuen Wirkungsstätte in St. Cyriakus hat er sich zunächst einmal umgeschaut und Gemeindemitglieder kennen gelernt – soweit es unter Corona-Bedingungen möglich ist. Das mache seine Aufgabe auch so schwierig und so Besonders, sagt Klemens Teichmann. Schließlich steigt er zu einer Zeit ein, in der klassisches Gemeindeleben gar nicht möglich ist.

Also wird auch er sich neuen Wegen und digitalen Angeboten verschreiben – aber nicht nur. Gemeinsam mit seiner Mentorin, Gemeindereferentin Christiane Hartung, will er sich beim Citypastoral einbringen, was von ihr verantwortet wird. Auch die Kommunion- und Firmvorbereitung sind Bereiche, die er sich vorstellen kann.

Kern der Weihnachtsgeschichte soll spürbar werden

Mit Blick auf Weihnachten und Corona versucht er trotz allem das Positive zu sehen: „Ich bemühe mich, auf das zu schauen, was wir haben und nicht auf das, was  nicht möglich ist. Und vielleicht ist der Kern der Weihnachtsgeschichte so noch spürbarer geworden.“

Er jedenfalls ist überzeugt davon, mit jetzt 45 Jahren den richtigen Weg eingeschlagen zu haben: „Ich habe gespürt, dass mein Glaube so stark ist, dass es die richtige Entscheidung ist.“

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