Bottrop. Das Virus und die Kirche: Weihwasserbecken liegen trocken, vor der Kommunion werden Hände desinfiziert, bei Taufen wird das Wasser ausgetauscht.

Der Griff ins Weihwasserbecken am Eingang gehört für katholische Kirchenbesucher genauso dazu, wie für Protestanten der gemeinsame Kelch bei der Feier des Abendmahls. Nun macht das Coronavirus an Kirchenportalen nicht halt. Auch wenn Christi Reich bekanntlich nicht von dieser Welt ist: Christen wie Kirche sind aber in dieser Welt - und stehen wie andere auch ständig in Verbindung mit Stadtverwaltung Gesundheitsamt.

Zu leeren Kirchen wie in Italien wird es wohl hier zunächst nicht kommen. Aber neben dem Tabernakel (r.) mit den Hostien für die Kommunion in St. Cyriakus stehen inzwischen Desinfektionsmittel.
Zu leeren Kirchen wie in Italien wird es wohl hier zunächst nicht kommen. Aber neben dem Tabernakel (r.) mit den Hostien für die Kommunion in St. Cyriakus stehen inzwischen Desinfektionsmittel. © Volker Hartmann

Natürlich hat die Corona-Situation in der Stadt eine Dynamik bekommen, der sich niemand entziehen kann. Eine der ersten Aktionen der Cyriakuspfarre sei es gewesen, die Weihwasserbecken in allen Kirchen trocken zu legen und dann neben dem Tabernakel, sichtbar für alle Messbesucher, Desinfektionsmöglichkeiten, für alle, die die Kommunion austeilen, bereitzuhalten, so Martin Oppermann. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstands, dem wichtigsten Gremium jeder Pfarrei. So spricht er auch im Sinne von Propst Jürgen Cleve, der in der nächsten Woche aus dem Urlaub zurückkehrt. Auch der in vielen Kirchen übliche Friedensgruß in der Messe - zumeist per Handschlag - liegt bis auf Weiteres auf Eis. Ein freundlich warmes Lächeln ersetzt diese Übung in Zeiten der Ansteckungsgefahr. Und die Sonntagspflicht, bis heute „Gesetz“ in der katholischen Kirche? „Niemand sollte sich zur Messe schleppen, das betrifft gerade ältere oder ohnehin nach einer Krankheit schlappe Gemeindemitglieder“, sagt Martin Oppermann. Allerdings ist er sich bewusst, dass es sich immer um ein Abwägen zwischen religiösem Bedürfnis und dem Schutz von sich selbst oder anderen handelt.

Feiern und Fahrten mit größeren Gruppen wurden in den Gemeinden abgesagt

Größere Veranstaltungen und Fahrten, wie jetzt Samstag die Tour der Kommunionkinder zu einer Hostienbäckerei in den Wallfahrtsort Kevelaer, sind ebenfalls abgesagt worden. „Wir möchten aber nicht jede kleine Gruppenstunde, jeden Seniorentreff mit festen Teilnehmern kippen, denn das soziale Leben in den Einzelgemeinden soll nicht ganz lahm gelegt werden,“ so Oppermann.

So sieht es auch die evangelische Kirchengemeinde in Bottrop. Kleinen, festen Gruppen wolle man nicht absagen. Größere oder offene Veranstaltungen wie Proben des Projektchors „Dream“ am Freitag, das Konzert des Posaunenchors oder Martin Gospel Singers fallen dagegen aus.

Taufwasser wird ausgetauscht

Auch finden den Bottroper Kirchen wegen des Coronavirus vorläufig keine Abendmahlsfeiern statt. Eine Regelung, die bis Karfreitag gilt. „Dann werden wir sehen müssen, wie wir damit umgehen, das Abendmahl ausfallen zu lassen, wäre gerade an diesen Tagen sehr schmerzlich“, sagt Pfarrerin Anne Hanhörster. Aber da im Gegensatz zur katholischen Messe das evangelische Abendmahl meistens nur einmal im Monat stattfindet, wäre dieser Zeitraum rasch überbrückt. Eine Abendmahlsfeier mit sogenannten Einzelkelchen anstelle des großen Gemeinschaftskelches käme für die Bottroper jedoch Gemeinden nicht Frage. Da seien sich auch alle Kolleginnen und Kollegen am Donnerstag einig gewesen.

Wie sehr das Virus aber in die religiöse Praxis oder selbst in Familienfeiern eingreift, zeigt Anne Hanhörster am Beispiel einer Taufe am kommenden Sonntag. „Wir haben zwei Täuflinge aus zwei Familien und natürlich wechseln wir jetzt das Taufwasser aus“, so die Pfarrerin. Wo normalerweise das Taufwasser mit der Hand aus dem großen Taufbecken über die Köpfe der Täuflinge geschöpft wird, gießt Anne Hanhörster nun jedem Kind „sein“ Taufwasser aus einem eigenen Glasschälchen über Haupt.

Wie die Feier der Kar- und Ostertage aussehen wird, ist bei beiden Konfessionen offen. Das gilt vor allem auch für den von mehreren Tausend Menschen besuchten Kreuzweg auf der Halde Haniel.