Bottrop. Hitze, Trockenheit und immer weniger Raum, ihre Wurzeln auszubreiten – all das setzt Straßenbäumen zu. So will die Stadt Bottrop gegensteuern.

Wer aufmerksam durch die Straßen geht, dem ist es an der ein oder anderen Stelle in Bottrop vielleicht schon einmal aufgefallen – unter anderem an der Hauptstraße in Kirchhellen: Die Straßenbäume, so scheint es, stehen in einem Speisfass, das zu gut zwei Dritteln aus dem Boden ragt.

Eine Kokosmatte sorgt dafür, dass die Erde nicht so schnell austrocknet und das Gießwasser nicht zu schnell versickert.
Eine Kokosmatte sorgt dafür, dass die Erde nicht so schnell austrocknet und das Gießwasser nicht zu schnell versickert. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Doch der Eindruck, dass der Fachbereich Umwelt und Grün Straßenbäume neuerdings in Kübel pflanzt, der täuscht. Denn die Fässer haben keinen Boden, dienen vielmehr als ein Gießrand, der es den Mitarbeitern ermöglicht die jungen Bäume während Hitzeperioden optimal zu wässern.

Bottroper Entwicklung soll Bäumen helfen, Hitzeperioden besser zu überstehen

Die Entwicklung soll helfen, damit Straßenbäume Wetterextreme besser überstehen. Bäume in der Stadt sind der Hitze noch stärker ausgesetzt und – was man von oben nicht sieht – stehen ja auch unterirdisch vor viel größeren Herausforderungen als die Gewächse in Wäldern, Parks oder Gärten. Denn der Raum, ihre Wurzeln auszubreiten, ist viel geringer.

Die Lösung mit dem Speisfass ist eine eigene Entwicklung des Fachbereichs, quasi eine Art Weiterentwicklung der Bewässerungslösung bei älteren Straßenbäumen, zu sehen etwa an der Peterstraße. Dort sind links und rechts der Bäume auch Speisfässer aufgestellt, die mit Wasser gefüllt werden. Durch Löcher im Boden und einen Schwamm sickert das Wasser nun langsam in den Boden.

Das bodenlose Speisfass kommt schon beim Einpflanzen als Ring um den Baum

Ähnlich funktioniert es auch bei Neupflanzungen. Nur dass das bodenlose Speisfass schon beim Einpflanzen wie eine Art Ring um den Baum gesetzt wird. Auf die Erde kommt noch eine Kokosmatte, die vor allzu schnellem Austrocknen schützt und umgekehrt auch dafür sorgt, dass das Wasser aus dem Kübel nicht zu schnell versickert.

Selbstverständlich gebe es solche Gießränder auch zu kaufen, sagt Philipp Heidt, Sachgebietsleiter bei Umwelt und Grün. Doch die angebotenen Lösungen seien nicht ideal, müssten zusammensteckt werden und wiesen oft Undichtigkeiten auf. Dazu kommen die Kosten. „Der Mercedes unter den Gießrändern kostet bis zu 30 Euro, ein Speisfass kostet uns vielleicht fünf Euro“, rechnet er vor.

Wie alle Städte experimentiert auch Bottrop zum Schutz der Straßenbäume

Daher sei die Lösung mit den Fässern derzeit optimal. Denn wie viele andere Städte versucht Bottrop derzeit, die Straßenbäume für den Klimawandel zu wappnen. „Das ist alles auch ein Experiment“, sagt Gärtnermeister Peter Lackmann. Wobei die Lösung mit dem Speisfass zuletzt überzeugt habe. Die Bäume an der Hauptstraße haben ihr erstes Standjahr hinter sich gebracht. Deshalb setzt der Fachbereich bei eigenen Neupflanzungen jetzt auf die Kübel. „Und ab kommendem Jahr ist das auch Bestandteil, wenn wir Pflanzungen vergeben“, sagt Heidt.

Zur Größenordnung: Je 300 junge Bäume musste die Stadt in diesem Jahr allein auf dem Eigen und in Kirchhellen wässern. Mindestens einmal die Woche 90 Liter Wasser braucht so ein Baum – das passt genau ins Fass. Lackmann geht davon aus, dass die Bäume die ersten zehn bis 15 Jahre gegossen werden müssen. Auch das eine dramatische Entwicklung. „Noch bis vor fünf Jahren hat man gesagt, dass eine Neuanpflanzung nach drei bis fünf Jahren ohne Gießen auskommt.“

Unterirdische Speicher für Regenwasser könnten in Neubaugebieten eine Lösung sein

Doch das Gießen ist nur ein Ansatz für die Bottroper Verantwortlichen. Denn die Baumscheiben werden oft immer kleiner. Neue Vorschriften im Tiefbau sehen teils immer dickere Schotterschichten vor, dazu kommen immer mehr Rohre und Leitungen im Untergrund. Dabei sei es wichtig, den „durchwurzelbaren Raum“, der so einem Baum zur Verfügung steht, entsprechend groß zu gestalten. Auch da laufen Änderungen, die von oben nicht unbedingt sichtbar sind. So gebe es Möglichkeiten, oberirdisch bis fast an den Stamm heran zu pflastern, wenn eben darunter die Bodenqualität stimmt.

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Außerdem, so Heidt, befinde man sich mit dem Fachbereich Tiefbau im Dialog, was den Einbau von Wasserspeichern angeht. Darin könnte in Neubaugebieten das Oberflächenwasser gesammelt und unterirdisch zu den Bäumen geleitet werden. Das sei jedoch noch verhältnismäßig teuer. Denkbar sei zudem das Wasser von der Straßenfläche über die Regenrinnen gezielt zur Baumscheibe zu leiten, so Heidt. Die müsse dann aber entsprechend gestaltet sein und dürfe beispielsweise nicht durch hohe Bordsteine vom Rest der Straße abgetrennt sein.

Für Gießpaten

Auch Gießpaten bieten die Speisfässer im Boden eine Orientierung. Wer dem Baum vor der Haustür in Trockenzeiten etwas gutes Tun möchte, kann einmal pro Woche das Fass bis zum Rand füllen. Das sind dann etwa 90 Leiter. Nur bei extremer Hitze gieße der Fachbereich zweimal wöchentlich, so Gärtnermeister Peter Lackmann.

Neben derartigen Lösungen experimentieren die Grünflächenämter der Städte auch vielfach mit verschiedenen Baumarten, um zu sehen, welche sich für die extremen Standorte und den Klimawandeln eignen. Dabei müssen Straßenbäume bestimmte Eigenschaften haben, etwa gerade hoch austreiben, damit die Krone später auch durchlichtet werden kann, damit Lkw die Straßen auch nutzen können.