Bottrop. .

Sie sind ringsum eingepflastert oder eingeteert, trotzen der schlechten Luft und tonnenschwer rollen Autos und Lastwagen über ihre Wurzeln oder krachen mitunter auch in ihren Stamm. Die Straßenbäume im Stadtgebiet haben kein leichtes Leben. „Und wenn Bäume Beine hätten und laufen könnten, so gäbe es wahrscheinlich keine mehr in der Stadt“, meint Kai-Uwe Dahm, Gärtnermeister im Grünflächenamt der Stadt. Seit 16 Jahren ist er für die Baumpflege zuständig. „Und ich kenne wahrscheinlich jeden Baum in der Stadt.“

Rund 16000 Straßenbäume gibt es im Stadtgebiet, weitere 6000 auf den Friedhöfen. Hinzu kommen Bäume in Grünanlagen, auf Spielplätzen, Schulhöfen und in Kindergärten. Ihre genaue Anzahl wird derzeit im Rahmen einer elektronischen Katasteraufnahme erfasst. „Häufig sind Kastanien, Platanen, Eschen, Ahorn und Linden“, weiß Kai-Uwe Dahm. Er und sein sechsköpfiges Team kümmern sich um all diese Bäume.

Visuelle Baumansprache

So führen die zwei zertifizierten Baumkontrolleure zweimal jährlich eine so genannte visuelle Baumansprache durch, sichten den Baum von der Wurzel bis zur Krone und klopfen seinen Stamm mit dem Schonhammer ab. „Jeder Baum hat seinen eigenen Klang“, erläutert Dahm. „Ist er hohl, hört man das.“ Die Ergebnisse der visuellen Baumansprache werden genau dokumentiert, hat der Baum Verletzungen oder zeigt er Pilz- oder Fäulnisbefall, so kommt er auf eine Risikoliste und Kai-Uwe Dahm rückt dann mit weiterem Gerät aus, um das Ausmaß der Schäden festzustellen.

An diesem Morgen führt der Weg den Gärtnermeister zu einer Kastanie in der Parkstraße: Rund 80 Jahre steht sie nun schon hier, auf der einen Seite vom Gehweg, auf der anderen von der Straße eingeengt. Schwarzer Ausfluss rinnt aus einer Astgabel. „Das ist ein Hinweis auf „Pseudomonas“-Befall, auch Bakterienbrand genannt“, erklärt Dahm. Die Krankheit breite sich in Europa, seit etwa vier Jahren auch in Bottrop aus und befalle vor allem Rosskastanien. „Das Absterben der Baumkronen geht so schnell, dass man die Bäume leider nur fällen kann um Gefahren für Fußgänger und Autoverkehr abzuwehren“, erklärt Dahm. „In den letzten zwei Jahren mussten wir daher schon 30 alte Kastanienbäume fällen. Ein Ende ist leider nicht abzusehen.“

Sorgen bereiten auch die zahlreichen Platanen, denn unter ihnen breitet sich die Massaria-Krankheit aus. „Die stärksten Äste trocknen innerhalb von zwei oder drei Monaten und brechen dann plötzlich ab“, schildet der 48-Jährige das Problem. „Die Gefahr, die von solchen Bäumen ausgeht, ist riesig, denn wir können nicht wöchentlich kontrollieren. An der Aegidistraße mussten bereits 180 Platanen mit Massaria-Befall gefällt werden.“

Natürlich schmerzt Dahm und sein Team jeder Baum, der gefällt werden muss. „Wir machen das nicht aus Spaß oder Willkür“, stellt Dahm fest. „Wir fällen Bäume nur, wenn es notwendig ist, beispielsweise wenn sie nicht mehr standsicher sind, Schäden an der Kanalisation verursachen oder nicht mehr vital sind.“

Die Straßenbäume im Stadtgebiet werden maximal 100 Jahre alt, in freier Natur werden sie fünfmal so alt. „Der aufmerksame Betrachter erkennt, wenn es einem Baum nicht mehr gut geht“, sagt Dahm, der sich für Bäume interessiert ,so lange er denken kann. „Zuerst sieht man es an der Krone, wenn erste Äste fallen, das Laub lichter wird.“ Baumchirurgische Maßnahmen zur Rettung gehören der Vergangenheit an. „Das ist Mumpitz, schadet nur dem Baum.“ Zu den Pflegemaßnahmen des Grünflächenamtes gehören Schnitt sowie gegebenenfalls Belüften des Bodens und Düngung .