Bottrop-Kirchhellen. Eine Bürgerinitiative prangert unnötigen Grünflächenfraß an. Die Anwohner werfen fast allen Bottroper Parteien Wählertäuschung vor.

Die neue Bürgerinitiative "Natürlich Grafenwald" protestiert gegen die Ausweisung neuer, großer Baugebiete in ihrem Stadtteil. Die Anwohner befürchten, dass im Umkreis ihrer Häuser demnächst zwischen 200 und 300 neue Wohnungen auf der grünen Wiese gebaut werden können. Die Bürger werfen der Stadt sowie den meisten Ratsparteien deswegen nicht nur Grünflächenfraß vor, sondern auch die Vorspiegelung falscher Tatsachen.

"Von Oberbürgermeister Tischler bis zu den meisten Parteien reden alle groß von Klimaschutz, und dann wollen sie zulassen, dass in Grafenwald in derart großem Umfang Äcker, Wiesen und Felder zubetoniert werden", kritisiert der Grafenwälder Wolfgang Klinger. Die einzige Partei, deren Vertreter sich gegen die Ausweisung so großer Baugebiete in Grafenwald ausgesprochen habe, sei die ÖDP.

Freude an Wildvögeln und Fledermäusen

Die Anwohner um Wolfgang Klinger halten das Bauen auf der grünen Wiese für den falschen Weg. Gemeinsam mit Jürgen Becker, Elisabeth Paul und Dorothee Storm hat der Grafenwälder daher die Bürgerinitiative gegründet, um sich dagegen zu wehren. "Ja, wir wollen selbstverständlich auch nicht, dass uns der Blick aus unseren Gärten ins Grüne zugebaut wird", räumt Wolfgang Klinger ein, doch bei ihrem Protest gehe es um mehr.

Die Bürger kritisieren, dass die Stadt mit ihren Bauplänen nicht einmal auf Landschaftsschutzgebiete Rücksicht nehme und den Naturschutz missachte. "Wir haben hier Wildvögel. Wir haben hier richtige Hasen und viele Fledermäuse", deutet Dorothee Storm an, warum die Anwohner auch mehr Schutz für Flora und Fauna in ihrem Umkreis fordern. Nicht einmal die Grünen hätten sich jedoch dafür eingesetzt, bedauern die Bürger.

Anwohner bezweifeln Bevölkerungsrückgang

"Die meisten Parteien haben etwas völlig anderes versprochen und versprechen es noch immer", sagt Jürgen Becker. In der SPD-Wahlzeitung "Wir in Bottrop" aus diesem Monat zum Beispiel sei sogar zu lesen, dass der Anteil an Grünflächen erhöht werden solle. "Hier in Grafenwald spielt das aber offensichtlich überhaupt keine Rolle mehr", kritisiert er. Ohnehin sei die Begründung für die Ausweisung der Baugebiete weit hergeholt. "Den Bevölkerungsrückgang, den man damit angeblich stoppen will, gibt es doch gar nicht mehr", sagt der Grafenwälder.

Der Generationswechsel im Stadtteil sei in vollem Gange, so dass wieder Familien mit Kindern in den Ort ziehen. Auch durch die Neubauten an der Schneiderstraße etwa habe es Zuzug gegeben. Angeblich wäre die Zukunft von Schulen und Kindergärten durch den Bevölkerungsrückgang gefährdet, hätten die Parteivertreter erklärt. "Dabei haben die Grafenwälder Kitas jetzt schon zu wenig Plätze, um hier alle Kinder unterbringen zu können", betont Dorothee Storm. Ab 2021 gebe es in Grafenwald mehr als 40 Kita-Plätze zu wenig.

Bürger warnen vor großer Verkehrsbelastung

Der Bau von bis zu 300 neuen Wohnungen bringe neben Dauerbaustellen außerdem eine große Verkehrsbelastung für Grafenwald mit sich, kritisiert die Bürgerinitiative. Die meisten der neuen Anwohner hätten ihre Jobs sicherlich außerhalb des Ortsteils. "Das heißt, dass dann bis zu 900 Autos mehr durch Grafenwald rollen", warnt Wolfgang Klinger. Über die ohnehin schon stark belastete Schneiderstraße soll aber nicht noch mehr Verkehr. "Werden also die Spielstraßen und Tempo-30-Zonen hier zu Durchgangsstraßen gemacht", fragt der Anwohner.

Für das Bauen im großen Stil auf der grünen Wiese schlägt die Bürgerinitiative Alternativen vor. "Es gibt 600 Baulücken in Kirchhellen, die erst einmal geschlossen werden können, bevor man fürs Bauen Grünflächen opfert", betont Elisabeth Paul. Viele davon liegen auch in Grafenwald. Außerdem werde an Vossundern das Gelände der Zeche Prosper IV frei und biete auch für Wohnungsbau viel Platz.

Online-Petition gestartet

>>> Tausende Flügblätter lässt die Bürgerinitiative "Natürlich Grafenwald" bald verteilen, um auf ihren Protest gegen die Baupläne aufmerksam zu machen. Zu erreichen ist die Initiative unter der E-Mailadresse: buerger46244@gmail.com. Ihre Postadresse lautet: Wiesengrund 38, 46244 Bottrop.

Auch im Internet werben die Grafenwälder um Unterstützung ihrer Aktion. Auf der Online-Plattform openpetiton.de kann jedermann unterschreiben. Der Link lautet: https://www.openpetition.de/petition/online/grafenwald-wird-zubetoniert-stoppt-das-kommende-verkehrschaos