Bottrop. Eine klare Mehrheit hält sich nicht an die Anordnung der Behörde. Deren Drohung löste im Bottroper Rat heftigen Streit und viel Emotionen aus.
Ihren Vater hatten die Nazis ins Konzentrationslager verschleppt. Er sei etwa zur gleichen Zeit im KZ Esterwegen gewesen wie der von vielen geachtete Bottroper Kommunist Clemens Kraienhorst, erzählte die aufgewühlte DKP-Ratsfrau Irmgard Bobrzik in der Sondersitzung des Rates. "Sie glauben doch wohl nicht, dass ich dem Mitglied einer Partei meine Stimme gebe, die von Faschisten, Rassisten, Nationalisten durchsetzt ist", brach es aus der DKP-Ratsfrau heraus. Wie die 80 Jahre alte Kommunistin lehnte eine klare Mehrheit im Bottroper Rat nach heftiger Debatte die Bestellung des AfD-Ratsherrn Guido Schulz in den Sozialausschuss ein viertes Mal ab.
Dabei hatte die Kommunalaufsicht diesmal förmlich angeordnet, dass der AfD-Vertreter in seinen Wunschausschuss zu bestellen ist. Um die von der Behörde gesetzten Frist einzuhalten, hatte Rechtsdezernent Paul Ketzer daher zu der Sondersitzung des Rates in die Dieter-Renz-Sporthalle eingeladen. An der Sitzung nahmen wegen der Urlaubszeit deutlich weniger Ratsvertreter teil als sonst. Auch OB Bernd Tischler ist noch in Urlaub. Deshalb leitete Bürgermeister Klaus Strehl die Sondersitzung.
SPD widersetzt sich der Anordnung von oben
Die Anordnung aus Münster löste im Rat eine heftige kontroverse und emotionale Debatte aus. "Das hat schon 'was von Obrigkeit", wies SPD-Fraktionschef Thomas Göddertz die Drohung aus Münster zurück. "Wir werden uns dieser Anordnung widersetzen", betonte er. Auch Linke-Sprecher Niels Schmidt bezeichnete es als starkes Stück, den Ratsmitgliedern eine zuvor festgelegte Entscheidung aufzwingen zu wollen.
"Ich achte den Wählerwillen, der sagt: ein AfD-Vertreter gehört in den Stadtrat", sagte dagegen FDP-Ratsherr Oliver Mies. Dazu gehöre dann auch, ihm sein Recht auf Beratung in einem Ratsausschuss nicht zu verweigern. Der Liberale betonte allerdings, dass die Ratsparteien insgesamt sich wegen der rechtsradikalen Mitglieder in der AfD ansonsten völlig zu Recht weigern, mit dem AfD-Ratsvertreter zusammenzuarbeiten.
Heftiger Streit zwischen CDU und Grünen
"Wir achten die Rechtslage", sagte auch CDU-Fraktionschef Hermann Hirschfelder. Die Union verweigere die Bestellung des AfD-Ratsherrn daher nicht. "Wir halten es auch politisch nicht für richtig", betonte Hirschfelder. Aufgebracht wies der CDU-Ratsherr daher die Grünen-Kritik zurück, dass die Union der AfD durch dieses Verhalten helfe. "Uns als Unterstützer der AfD zu brandmarken, ist eine Sauerei. Uns in diese Ecke zu stellen, ist geradezu grotesk. So ein Schwachsinn", empörte sich der CDU-Ratsherr.
Grünen-Ratsfrau Andrea Swoboda hielt jedoch an der Kritik fest. "Für uns ist die AfD keine normale Partei", bekräftigte sie. Es sei daher falsch, sie wie eine normale Partei zu behandeln. ÖDP-Ratfrau Marianne Dominos mahnte, dass die Ratsparteien wegen der AfD nicht in einen so heftigen Streit geraten sollten. "Wir sind uns doch in der Bewertung dieser Gruppierung einig. Wir wissen doch, wer Demokratie lebt und wer nicht".