Bottrop. Bottrops stärkste Ratspartei lehnt den Boykott der Sondersitzung zur Wahl eines AfD-Vertreters ab. Ihre Stimmen bekommt der AfD-Mann aber nicht.
Die SPD schließt für sich ein Boykottieren der Sondersitzung des Stadtrates aus. Die stärkste Ratspartei wird aber der Bestellung des AfD-Ratsherrn Guido Schulz in den Sozialausschuss auch in der Ratsitzung am kommenden Dienstag in der Dieter-Renz-Sporthalle nicht zustimmen. "Uns geht es darum, ein starkes Zeichen zu setzen. Der Bottroper Rat stimmt nicht mit unseren Stimmen für einen Vertreter der AfD", betonte der SPD-Fraktionschef. Darum werde die Mehrheit der SPD-Ratsmitglieder auch keinen Aufrufen folgen, die Sondersitzung zu boykottieren.
Solche Boykott-Forderungen wurden laut, weil die Kommunalaufsicht angeordnet hat, den Bottroper AfD-Ratsherrn Guido Schulz bis spätestens Mittwoch, 22. Juli in den Sozialausschuss des Stadtrates zu bestellen. In Vertretung von OB Bernd Tischler hat der Erste Beigeordnete, Paul Ketzer, daher für den kommenden Dienstag, 21. Juli, zu der Ratssitzung eingeladen. Einziger Tagesordnungspunkt ist die Besetzung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Familie.
Mehrheitlicher Boykott der Sitzung führt nicht zum Ziel
"Es bleibt dabei: Es gibt keine SPD-Stimmen für AfD-Vertreter. Wir haben beschlossen, mit Nein zu stimmen", betonte Fraktionschef Thomas Göddertz. Die SPD sehe in der AfD eine Gefahr für die Demokratie, bekräftigte der SPD-Landtagsabgeordnete. Damit begründet auch SPD-Ratsherr Michael Gerdes seinen allerdings persönlichen Boykott der Sondersitzung. „Ich werde der Ratssitzung fernbleiben, um meiner politischen Überzeugung Nachdruck zu verleihen", kündigte er an. "Vertreter einer Partei, die in weiten Teilen rechtsextreme Meinungen verbreitet, erhalten nicht meine Zustimmung“, erklärte der Bundestagsabgeordnete.
Der mehrheitliche Boykott führe allerdings nicht zum Ziel, weist SPD-Fraktionschef Göddertz den entsprechenden Aufruf von DKP-Ratsherr Michael Gerber zurück. Gerber rief die Ratsmitglieder von SPD, Grünen, ÖDP, Linke und DKP dazu auf, dem Beispiel des SPD-Bundestagsabgeordneten zu folgen. Sie hatten zuvor schon fast allesamt nicht für die Bestellung des AfD-Ratsherrn in den Sozialausschuss gestimmt. Wenn jedes dieser Ratsmitglieder wie Michael Gerdes nicht zu der Sitzung erscheine, wäre der Stadtrat nicht beschlussfähig. "Die Wahl des AfD-Vertreters in den Sozialausschuss kann dann nicht stattfinden", meint der DKP-Ratsherr.
Für Ratsbeschlüsse muss mehr als die Hälfte anwesend sein
Tatsächlich ist der Rat nur dann beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Dem Bottroper Rat gehören insgesamt 54 Mitglieder plus Oberbürgermeister Bernd Tischler (SPD) an. Folgten alle Ratsmitglieder von SPD, Grünen, ÖDP, Linke und DKP dem Aufruf des DKP-Ratsherrn, fehlten bei insgesamt 36 Ratsleuten sogar weit mehr als die Hälfte. Allerdings muss auch dann erst die Beschlussunfähigkeit des Rates ausdrücklich formal festgestellt werden.
Die SPD rechnet jedoch damit, dass die Kommunalaufsicht dann eine weitere Ratssitzung anordnet. "Das verursacht dann noch einmal unnötig Kosten", mahnt SPD-Ratsherr Thomas Göddertz. Hinzu kommt: Würde der Rat erneut zur Beratung über denselben Tagesordnungspunkt einberufen, wäre er ohne Rücksicht darauf, wie viele Ratsmitglieder an der Sitzung teilnehmen, auch beschlussfähig - und AfD-Ratsherr Guido Schulz würde womöglich mit Stimmen von CDU und FDP in den Sozialausschuss bestellt.
Zwangsmaßnahme angedroht
>>> Der AfD-Vertreter hat formal das Recht, als beratendes Mitglied in einen Ratsausschuss seiner Wahl bestellt zu werden. Er hat sich den Sozialausschuss ausgewählt. Zwar lehnte die Mehrheit des Bottroper Rates das stets ab, doch die Kommunalaufsicht hob diese Ratsbeschlüsse jedes Mal wieder auf.
Die Behörde droht nun eine Ersatzvornahme an, wenn der Rat sich erneut verweigert. Vereinfacht gesagt: Sie bestellt den AfD-Mann dann selbst in den Sozialausschuss. Die SPD ist erstaunt, dass die Kommunalaufsicht das nicht längst getan hat.