Bottrop. Für die Kommunalaufsicht verstößt der Bottroper Rat gegen Recht. Eine starke Mehrheit verweigert zum dritten Mal die Wahl eines AfD-Vertreters.

Der Bottroper Stadtrat nahm in seiner letzten Sitzung vor der Kommunalwahl im September eine Generalabrechnung mit der AfD vor. Um ein politisches Zeichen gegen die vom Verfassungsschutz teilweise als rechtsextrem verdächtigte Partei zu setzen, beging der Rat erneut bewusst einen Rechtsverstoß. Denn die Mehrheit der Ratsmitglieder verweigerte dem AfD-Vertreter Guido Schulz jetzt ein drittes Mal demonstrativ die ihm rechtlich eigentlich zustehende Wahl in den Bottroper Sozialausschuss.

Für viele war das eine Frage ihres Gewissens. "Man kann mich nicht dazu zwingen, die Hand für einen AfD-Vertreter in diesem Gremium zu heben", begründete SPD-Fraktionschef Thomas Göddertz seine erneute Weigerung, Guido Schulz zu wählen. Wie der SPD-Landtagsabgeordnete sehen über alle Parteigrenzen hinweg fast alle Ratsmitglieder in der AfD eine Gefahr für die Demokratie.

Roter Faden in der Tagesordnung

Die Abrechnung mit Rechtspopulisten zog sich auch vor der Abstimmung gegen den AfD-Ratsherrn wie ein roter Faden durch die Tagesordnung des Stadtrates. So beschloss der Rat auf Initiative de Grünen einstimmig, künftig am Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie mit einer Regenbogen-Beflaggung am Rathaus Solidarität mit Lesben, Schwulen, Bisexuellen und TransMenschen zu zeigen.

Der Rat setzte mit der einstimmigen Verabschiedung der Resolution des Deutschen Städtetages für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit auch ein Zeichen dagegen, dass Hass und Gewalt in der Stadt Fuß fassen. Die inbegriffene Warnung gegen Rassismus verstärkten die Ratsparteien noch, in dem sie einstimmig den Auftrag an das Bündnisses Buntes Bottrop zur Umsetzung eines stadtweiten Aktionskonzeptes gegen Rechtsradikalismus verlängerten.

Bottroper Bündnis erhält Auftrag

"Es sind auch in Bottrop Gewalttaten mit klarem rechten Hintergrund begangen worden", klagte SPD-Ratsherr Matthias Buschfeld die AfD an. "Wir wissen alle, wo die Bedrohung für unsere Republik sich manifestiert - in Ihrer Partei mit ihren Verbänden und Kameradschaften", hielt der Ratsherr dem einzigen AfD-Vertreter im Bottroper Rat vor. Guido Schulz hatte zuvor die Frage aufgeworfen, ob das Bottroper Bündnis nicht auch genauso entschieden gegen linksextreme Kräfte eintreten müsse.

Auch Linke-Ratsherr Niels Schmidt stufte die AfD als Teil der extremen Rechten ein. AfD-Mitglieder ließen es zu, dass Faschisten und Rechtsexteme in ihrer Partei wichtige Funktionen erlangten, kritisierte er. Das Bottroper Bündnis trete entschieden gegen Rassismus ein. "Das Bündnis Buntes Bottrop ist schon gegen die AfD auf die Straße gegangen und wird das auch weiterhin tun", meinte der Linke-Ratsherr.

Behörde erkennt klaren Rechtsverstoß

CDU-Fraktionschef Hermann Hirschfelder machte deutlich, dass auch die Unionsmitglieder im Rat die Kritik an der AfD teilen. Es sei gut, dass der Rat ein Zeichen setze. "Wir fragen uns aber, ob es richtig ist, dafür ganz bewusst gegen geltendes Recht zu verstoßen", sagte der Ratsherr. Der CDU sei die AfD jedoch einen solchen Rechtsverstoß nicht wert. "Das ist nur ein Kriechen und Einknicken vor der AfD", sagte Hirschfelder. Auch Ratsherr Johannes Bombeck warnte vor der erneuten Nicht-Wahl des AfD-Vertreters. "Wir geben der AfD damit nur die Chance, die Märtyrerin zu spielen", mahnte er.

Die FDP riet ebenso dazu, sich an die Anweisung der Behörde zu halten. Denn die Kommunalaufsicht hatte den Beschluss des Rates, Gudio Schulz nicht in seinen Wunschausschuss zu wählen als Rechtsverstoß erkannt und den Ratsbeschluss aufgehoben. Die Behörde legte dem Rat auf, die Abstimmung erneut vorzunehmen und dabei die Rechtslage zu beachten: also den AfD-Vertreter zu wählen.

Für viele eine Frage des Gewissens

"Es ist ein Dilemma, dass wir abstimmen müssen", bedauerte ÖDP-Ratsfrau Marianne Dominas. Die Kommunalaufsicht zwinge sie damit, zivilen Ungehorsam zu leisten. Denn die Wahl eines AfD-Vertreters lasse ihr Gewissen nicht zu, betonte die Ratsfrau. Wie sie sieht auch Grünen-Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda darin eine Gewissensfrage. Sie konnte sich mit ihrer Idee, dass der komplette Rat vor der Abstimmung die Sporthalle verlässt, allerdings nicht durchsetzen. Dann hätte ausschließlich Guido Schulz seine Stimme abgeben und sich selbst wählen können. Der Ratsmehrheit ging es aber darum, mit der wiederholten Nicht-Wahl des AfD-Vertreters ganz bewusst ein politisches Zeichen zu setzen.

Nach drei Stunden eine Pause

>>> Wegen der Corona-Pandemie fand die Ratssitzung in der Dieter-Renz-Sporthalle statt, weil die Ratsmitglieder sich nur darin an die Abstandsregeln halten können. Wegen der langen Sitzungspause standen mehr als 40 Tagesordnungspunkte zur Entscheidung an.

OB Bernd Tischler bat die Ratsmitglieder daher darum, die Redebeiträge auf das Nötigste zu begrenzen. Nach gut drei Stunden schlug er dann vor, eine kurze Pause einzulegen.