Bottrop. Arbeitskreis um Bottroper Oberbürgermeister startet Last-Minute-Aktion für Ausbildungsplätze: Jugendliche sollten ein Ferien-Praktikum machen.
Für den Leiter des Jobcenters "Arbeit für Bottrop" fordern junge Leute am besten jetzt ihr Glück heraus. „Eine betriebliche Ausbildung ist wie ein Sechser im Lotto. Beides sichert eine lebenslange Existenz", sagt Thorsten Bräuninger. Die Chancen auf einen Ausbildungsplatz sind allerdings größer. Mit seiner "Last-Minute"-Kampagne denkt der Arbeitskreis zur Förderung der Berufsausbildung, den Oberbürgermeister Bernd Tischler regelmäßig zusammenruft, daher auch nicht an Urlaubsreisen auf den letzten Drücker, sondern um den Einstieg ins Berufsleben.
"Es ist nicht zu spät, eine Ausbildung zu beginnen. Es gibt offene Stellen", ermuntert Tischler junge Bewerber und ihre Eltern. "Jetzt ist die Zeit zu handeln und sich beraten zu lassen", betont er. Mit seiner Kampagne wendet sich der Arbeitskreis um Tischler daher gezielt an Jugendliche, die eine Ausbildungsstelle suchen, und an Unternehmen, die noch Fachkräfte ausbilden wollen. "Trotz des Corona-Lockdowns darf 2020 kein verlorenes Jahr werden", mahnt Bernd Tischler. "Fachkräftemangel ist ja nach wie vor ein großes Thema. Wir wollen daher daran erinnern, dass Fachkräfte auch heute schon ausgebildet werden müssen", unterstreicht der Oberbürgermeister.
Corona-Lockdown erschwert berufliche Orientierung
Die Industrie- und Handelskammer schließt sich Tischlers Aufruf an. "Wir brauchen einen langgezogenen Schlussspurt", sagt Jochen Grütters. Im Vergleich zur selben Zeit im vorigen Jahr seien nur halb so viele Ausbildungsplätze besetzt. "Es fehlen noch 150 Verträge im kaufmännischen und industriell-technischen Bereich", erklärt der stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer. Der Corona-Lockdown habe den Einstieg ins Berufsleben sehr erschwert, weil es so gut wie keine direkten Kontakte zwischen Schülern und Arbeitgebern geben durfte, erklärt Grütters.
"Viele Betriebe mussten die Suche nach neuen Auszubildenden verschieben", weiß auch OB Bernd Tischler. Etliche Firmen stehen wegen der unsicheren Auftragslage ja auch selbst vor einer ungewissen Zukunft, zeigt er Verständnis. "Wir haben einen einzigen neuen Ausbildungsbetrieb hinzugewonnen und auch Betriebe als Ausbilder verloren", bedauert IHK-Geschäftsführer Grütters. Dennoch gebe es freie Ausbildungsplätze. "Meldet Euch bei uns. Wir werden etwas für Euch finden", macht der Leiter des IHK-Standortes Emscher-Lippe jungen Leuten Mut, die auf Lehrstellensuche sind.
Von Anlagenmechaniker bis Zimmerer
Die Agentur für Arbeit meldet zurzeit 320 Ausbildungsstellen, die noch offen sind. Das Angebot reiche von A wie Anlagenmechaniker bis Z wie Zimmerer. "Es geht noch etwas. Wir haben noch viele unbesetzte Ausbildungsstellen; mehr als sonst in dieser Zeit", sagt Edith Holl. Insgesamt sind bei der Agentur 330 Jugendliche gemeldet, die noch keine Lehrstelle gefunden haben. Die Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit rät jungen Leuten, bei Praktika in den Sommerferien Kontakt mit Firmenchefs aufzunehmen. "Der 1. August ist ja nicht der einzige Termin, an dem eine Ausbildung begonnen werden kann", erklärt Edith Holl. Auch danach gebe es genügend Zeit, einen Ausbildungsvertrag zu unterschreiben.
"Es darf keine Pause auf dem Ausbildungsmarkt geben", mahnt DGB-Geschäftsführer Mark Rosendahl. Das wäre in der Wirtschaftskrise, die die Corona-Pandemie ausgelöst hat, nicht auch noch zu verkraften. Denn der sich dann verstärkende Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften wäre nicht mehr aufzuholen. „Wir brauchen den Drang in den Ausbildungsmarkt, sonst kommen wir aus der Wirtschaftskrise nicht wieder heraus“, warnt der Gewerkschafter. "Firmen und Jugendliche müssen jetzt die Initiative ergreifen", betont Mark Rosendahl.
Handwerksbetriebe suchen gute Leute
Handwerksbetriebe sind ohnehin ständig auf der Suche nach guten Mitarbeitern. „Die Konjunkturlage im Handwerk war vor der Corona-Krise ausgesprochen gut. Warum sollte sie das nach der Corona-Zeit nicht sein", strahlt Knut Heine Optimismus aus. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer macht an einem Zahlenbeispiel klar, woran es zur Zeit fehlt: 30 Handwerksbetriebe bilden aus. Weitere 30 Firmen würden ausbilden, haben aber keine Kandidaten. Aber 160 Handwerker sagen, ob sie ausbilden, hängt von den jeweiligen Bewerbern ab. "Unsere Botschaft ist immer dieselbe: Starten statt warten. Es ist höchste Zeit, ein Praktikum zu machen", sagt Knut Heine.
Auch die Stadt will daher dabei mithelfen, dass Jugendliche und Ausbildungsbetriebe sich wieder aufeinander zubewegen. Oberbürgermeister Bernd Tischler kündigte dazu eine digitale Ausbildungsmesse für den Herbst an. "Beratung ist auf jeden Fall möglich", bietet Wirtschaftsförderin Sabine Wissmann Unternehmen trotz der Corona-Krise Unterstützung an. Doch Mitarbeiter der Stadt wollen auch unkonventionelle Wege gehen, um Jugendliche auf ihre Ausbildungschancen aufmerksam zu machen.
Übergang von der Schule in den Beruf
Der Corona-Lockdown habe sich zweifellos auf die schulische berufliche Orientierungsphase negativ ausgewirkt. "Das zeigt, wie wichtig gerade Schulen sind, um Kontakt zwischen Jugendlichen und Ausbildungsbetrieben zu halten", sagt Nicole Preuß. Sie unterstützt im städtischen Jugendressort den Übergang junger Leute von der Schule in den Beruf und nimmt sich vor, junge Menschen im Jugendparlament und in den diversen Bottroper Jugendtreffs auf ihre Ausbildungschancen anzusprechen. Auch die Agentur für Arbeit unterstreicht die enorme Bedeutung der Schulen für die berufliche Orientierung. So sagt Edith Holl: "Wir setzen darauf, das wir nach den Ferien auch wieder in die Schulen kommen dürfen".
Hotlines für Ausbilder
>>> Dem Arbeitskreis zur Förderung der dualen Berufsausbildung gehören Vertreter der Handwerkskammer Münster, der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, des Bottroper Jobcenters, der Agentur für Arbeit, des DGB Emscher-Lippe und der Stadt Bottrop an. Oberbürgermeister Bernd Tischler hatte den Arbeitskreis vor gut sechs Jahren gegründet.
Die Teilnehmer bieten folgende Hotlines an, um Unternehmen zu beraten: Agentur für Arbeit Gelsenkirchen, 0800 4 5555 20, E-Mail: Bottrop.Arbeitgeber@arbeitsagentur.de; Handwerkskammer Münster: 0251 705 4004, E-Mail: ausbildungsvermittlung@hwk-muenster.de; Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, 0209 388 555, E-Mail: passgenau@ihk-nordwestfalende; Wirtschaftsförderung der Stadt Bottrop, 02041 704646, E-Mail: wirtschaftsfoerderung@bottropde