Bottrop. Neben der digitalen Ausstattung soll sich an den Schulen die Art des Lernens dauerhaft verändern. Schüler, Lehrer und Eltern sind gefordert.
Die ersten künftig auch bleibenden Veränderungen für den Schulunterricht, die die Corona-Krise beschleunigt mit sich gebracht hat, kann man etwa am Heinrich-Heine-Gymnasium schon jetzt beobachten: Kommen die Oberstufenschüler zum Präsenzunterricht, bringen sie ihre eigenen Laptops mit. Denn durch das Lernen auf Distanz ist es für sie selbstverständlich geworden, digital zu arbeiten und die Ergebnisse entsprechend zu präsentieren.
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Der weiter nötige digitale Ausbau an den Schulen ist durch Corona in den Fokus gerückt. Wobei diese in der Regel ja nicht bei Null anfingen, wie auch HHG-Schulleiter Tobias Mattheis betont: „Durch Corona ist das Ganze wahnsinnig beschleunigt worden.“ Aber 100 Prozent sind eben auch noch nicht erreicht.
Digitalisierung an Schulen nicht stiefmütterlich behandeln
Mit Blick auf die Schullandschaft stellt Dominik Nowak, Sekundarschullehrer und Medienberater im Kompetenzteam für Lehrerfortbildung, fest: „Das hat dazu geführt, dass man wie unter einem Brennglas sieht, was funktioniert und was nicht - und dass Digitalisierung kein Thema für Schulen sein sollte, das stiefmütterlich behandelt wird.“
So sei etwa spätestens jetzt klar geworden, dass Tablets genauso Werkzeuge für den Unterricht sind wie Taschenrechner. „Im Moment gibt es an Bottroper Schulen Klassensätze davon, aber keine Vollausstattung“, so Nowak. „Es ist utopisch zu denken, dass die Stadt für jeden Schüler ein eigenes Tablet anschaffen kann.“
Die jüngst vom Bund in Aussicht gestellte Förderung solle dafür eingesetzt werden, Leihgeräte an bedürftige Schüler auszugeben. Was für die Elternschaft insgesamt mit Blick auf die Zukunft bedeuten könnte, „dass sie sich genau wie an Büchern oder Taschenrechnern auch an digitalen Endgeräten beteiligen.“
Das sieht auch Tobias Mattheis vom HHG so, wo nach guten Erfahrungen mit einer Tablet-Klasse unabhängig von Corona das Ziel sei, die Tablet-Nutzung auszubauen. Dabei soll niemand abgehängt werden. Aktuell seien Kinder ohne Ausstattung mit Leihgeräten versorgt worden.
Schüler auf die Arbeitswelt vorbereiten
Nowak sieht die Krise als Motor. Mit Blick darauf, dass die Schüler ja auch auf die digitale Arbeitswelt vorbereitet werden müssen, sollte seiner Auffassung nach so manches nun an Schulen entwickelte Konzept die Pandemie überdauern. Videokonferenzen etwa – „die wurden möglich gemacht durch das Engagement von einzelnen Lehrern, das muss aber zentral aufgestellt werden“ – , oder beim Vorhandensein einer Lernplattform wie Moodle an der Schule das digitale Zurverfügungstellen von (Video-)Material.
Moodle wird u.a. am HHG genutzt. „Unser Glück war, dass wir die Lernplattform vor Corona schon neu aufgestellt hatten“, so der HHG-Schulleiter. An dem Gymnasium ist bereits länger die Arbeitsgemeinschaft HHG 4.0 aktiv. Schüler würden sich wünschen, dass auch künftig vieles digital verfügbar wäre. Mit der Einführung von Microsoft Office 365 könnten Kinder etwa auch interaktiv Gruppenarbeiten weiterführen, die morgens im Unterricht nicht abgeschlossen wurden.
All diese Dinge bedeuten aber auch: Lehrer – für die Dienstgeräte gefordert werden – müssen fortgebildet werden. Eltern müssen sich (nicht nur finanziell) einbringen. Schülern wird verstärkt Selbstständigkeit und Vernetzung abverlangt.
Gute Erfahrungen in kleinen Lerngruppen gemacht
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Als Sprecherin der Grundschulen sieht Christiane Gosda weitere Punkte, die sich aus der Krise mitnehmen lassen. „Es gab eine Phase, wo wir nur kleine Lerngruppen hatten.“ Effektive Lernzeiten seien das gewesen, in denen Lehrer gut Zeit für individuelle Förderung hatten. „Kleine Lerngruppen könnten der Schlüssel sein zu guter Bildung“, unterstreicht Gosda die Forderung nach mehr qualifizierten Lehrkräften in der Grundschule. Gezeigt habe Corona verstärkt, dass es gerade im Primarbereich stark darauf ankomme, wie Eltern ihre Kinder unterstützen.
Mattheis wünscht sich zudem, dass die zuletzt gezeigte Kreativität in den Kollegien positiv mitgenommen werden kann. Und am Ende ist für alle klar, was HHG-Medienkoordinator Christian Lindemann so formuliert: „Es kommt auf den Lehrer an; wir brauchen auch Präsenzunterricht, Beziehungsarbeit ist unheimlich wichtig.“
Mehr zum Thema „Corona - und dann? Das Virus und seine Folgen“ gibt es hier: waz.de/corona-und-dann
Digitalpakt: Rund sechs Millionen Euro für Bottroper Schulen
Während über die Digitalisierung an Schulen nun verschärft diskutiert wird, läuft ganz praktisch in Bottrop die Umsetzung des Digitalpakts. Aus diesem Förderprogramm erhält die Stadt rund 5,7 Millionen Euro und muss selbst einen Eigenanteil von 635.000 Euro tragen.
Dabei geht es zunächst einmal darum, eine IT-Grundstruktur zu gewährleisten. Zum Stand erklärt Karl Trimborn, Fachbereichsleiter Jugend und Schule: „Wir sind dabei so auszubauen, dass wir überall eine hohe Leitungsgeschwindigkeit haben, dass die Schulen mit W-Lan bis in die letzte Ecke ausgeleuchtet sind.“ Und damit möglichst in jedem Raum online arbeiten können. Permanent sei der Schulträger zudem dabei, Schulen mit Beamern auszustatten. Je nach pädagogischem Konzept der Schule würden diese im nächsten Schritt auch mit weiteren Geräten versorgt. Tablet-Lösungen würden da bevorzugt.
Was das zusätzliche Fördergeld zur Ausstattung bedürftiger Schüler mit Endgeräten auf Leihbasis angeht, habe man in Bottrop konkret noch nichts vorliegen. Trimborn gibt zudem zu bedenken: Endgeräte sind das eine - passende Internetverbindungen müsse es aber in den Familien auch geben.
Schulen, die bislang vielleicht noch nicht mit einer digitalen Lernplattform gearbeitet haben, könnten nun auf das vergangene Woche vom Land vorgestellte Logineo NRW Lernmanagementsystem zugreifen. Logineo gab’s schon als Verwaltungscloud und wird bereits von 15 Bottroper Schulen genutzt. Nun sind sogar auch Video- und Messengerwerkzeuge angekündigt, so Dominik Nowak, Medienberater im Kompetenzteam für Lehrerfortbildung. Für ihn ist wichtig: „Wir brauchen da datenschutz- und rechtskonforme Wege.“